Sprungbrett nach Europa: Seit gut einem Jahr drehen sich im italienischen Offshore-Windpark Beleolico Turbinen von Mingyang.
Vor der Küste der süditalienischen Hafenstadt Tarent ragen zehn stählerne Giganten aus dem azurblauen Mittelmeer. Der 30-Megawatt-Windpark Beleolico, der seit Mai 2022 fast 20.000 Haushalte mit grüner Energie versorgt, ist in mehrfacher Hinsicht eine Premiere: Er ist nicht nur der erste in Italien – sondern auch der erste in Europa mit Offshore-Wind-Turbinen eines chinesischen Unternehmens.
Zum Geschäft mit dem chinesischen Konzern Mingyang führten besondere Umstände. Ursprünglich sollte der deutsche Hersteller Senvion liefern, der jedoch 2019 Insolvenz anmelden musste. Mingyang erkannte in der Not der Italiener eine Chance – und bekam den Zuschlag.
Die Chinesen machten keinen Hehl daraus, dass Beleolico für sie nur der Anfang sein soll. „Dieses Projekt ist ein wichtiger Meilenstein für Mingyang, um in den europäischen Offshore-Windmarkt einzusteigen“, verkündete das Unternehmen bereits zu Baubeginn in Tarent selbstbewusst.
Kapern die Chinesen den Markt? In der Solarenergie ist es ihnen schon gelungen
Noch sind die Kräfteverhältnisse beim Ausbau der Offshore-Windenergie in Europa klar: Den Markt dominieren Vestas aus Dänemark, der spanisch-deutsche Hersteller Siemens Gamesa und die Offshore-Windsparte von GE mit Hauptsitz in Frankreich. Das Mingyang-Projekt in Italien mit gerade einmal zehn Windrädern mag zwar klein sein. In der Branche gilt es dennoch als Warnung. Fragt man Industrievertreter nach den Ambitionen der Chinesen, bekommt man zum Teil besorgte Antworten. Die Unternehmen wissen, wie schnell sich das Blatt wenden kann, wenn ein Riese wie China mitmischt.
Das Schreckensszenario, das fast jeder noch vor Augen hat, ist der Niedergang der deutschen Solarindustrie. Heute ist der Markt weitgehend in chinesischer Hand, nachdem die damalige Bundesregierung die Solarförderung hierzulande drastisch gekappt hatte, während die Chinesen ihre Unternehmen zugleich aufpäppelten.