Konverterstationen für Offshore-Wind

  • Search11.01.2023

Riesen mit langer Leitung

Sie sind groß wie Wohnblöcke, stecken voller Hightech und kosten Milliarden: Konverterstationen sind Kernelemente von Offshore-Windparks. Das Geschäft damit geht derzeit allerdings an Deutschland vorbei.

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    Konverterplattform Sylwin alpha: In Warnemünde könnten derartige milliardenschwere Anlagfen künftig wieder gebaut werden. Derzeit geht das Geschäft ins Ausland.

    Konverterstation in der Nordsee: In Rostock-Warnemünde möchte ein Investor wieder in den Bau einsteigen.

     

    Von Kathinka Burkhardt

    Es war ein besonderer Anblick, als im August die Konverterstation Dolwin kappa das spanische Cádiz verließ. Von der Plattform, mehrere Stockwerke hoch und 16.000 Tonnen schwer, ist selbst einer beeindruckt, für den diese Hightech-Riesen Tagesgeschäft sind. „Man konnte die Konverterplattform in der Werft von weit her sehen, wenn man sich Cádiz näherte, so groß ist sie“, sagt Marco Kuijpers, Leiter Offshore-Projekte beim niederländisch-deutschen Stromnetzbetreiber Tennet. Drei Jahre lang hatte ein deutsch-spanisches Konsortium aus Siemens Energy und Dragados Offshore für Tennet an der Plattform gebaut, bevor sie nach Rotterdam geschleppt wurde. Von dort brachte das größte Arbeitsschiff der Welt sie an ihren Bestimmungsort 45 Kilometer vor der niedersächsischen Küste.

    So groß Konverterstationen sind, so unverzichtbar sind sie für die Windkraft auf See. Die gelben Riesen sammeln die Energie von Offshore-Windparks und schicken sie als Gleichstrom gebündelt ans Festland. Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) heißt die dahinterstehende Technologie. Sie besitzt gegenüber Wechselstrom den Vorteil, dass sie den verlustarmen Stromtransport über weite Strecken ermöglicht. Und die Strecken in der Nordsee sind beachtlich: Weil sich der Bau von Windparks im Weltnaturerbe Wattenmeer verbietet, stehen die meisten der 28 deutschen Offshore-Windparks weit draußen, manche 100 Kilometer von der Küste entfernt.

    Verschiffung der riesigen Konverterstation Dolwin gamma 2017: Die in Warnemünde gebaute Plattform bündelt den Strom von Offshore-Windparks.

    2017 wurden noch Konverterstationen in Deutschland gebaut: Hier wird die Plattform Dolwin gamma von Schleppern aus der Werft gezogen.

    Andere Länder mit überwiegend kürzeren Entfernungen zum Festland sparen sich den teuren Bau von Konverterstationen bislang. In den Niederlanden oder Großbritannien etwa transportieren Wechselstromleitungen die Energie ab. In Deutschland betrat Tennet mit der HGÜ-Technologie in der Offshore-Windenergie daher Neuland. Den ersten Konverter installierte das Unternehmen mit Borwin alpha 2009 nordwestlich von Borkum.

    Der Bau ist höchst anspruchsvoll, Kühl- und Kontrollsysteme müssen allen Wettern standhalten, die hohe Spannung muss gut abgesichert sein. Von der Entwicklung bis hin zur Fertigstellung sind etwa sechs Jahre notwendig. „Wenn das Ziel für ein Projekt 2030 oder 2031 lautet, sind wir also zeitlich schon sehr nah dran, das ist praktisch schon morgen für uns“, sagt Kuijpers.

    Das Problem: Mit Siemens Energy, dem japanischen Mischkonzern Hitachi und dem US-Konzern General Electric bieten nur wenige Unternehmen den Bau der Komponenten an, und ausgelastet sind alle. Die Offshore-Windenergie steuert folglich auf einen Engpass zu.

    Nicht jede Werft kann Konverter bauen. Europaweit existiert nur ein Standort

    Zudem fehlt es an Werften, die sich auf die Riesenanlagen verstehen. In Deutschland werden sie seit Jahren nicht mehr gebaut, Cádiz ist der einzige verbliebene Standort in Europa für Anlagen der neuesten Generation. „Der Markt ist aktuell extrem angespannt. Besonders die Werftstandorte für Konverterplattformen sind Mangelware“, sagte Carsten Lehmköster, Geschäftsführer beim deutschen Netzbetreiber Amprion, anlässlich einer Vertragsunterzeichnung mit Siemens Energy und Dragados Offshore über den Bau eines weiteren Konverters. Es gilt deshalb als großer Erfolg, dass Amprion einen früheren Liefertermin als geplant vereinbaren konnte. „Zwei beziehungsweise drei Jahre Beschleunigung sind in dem Zusammenhang eine enorme Herausforderung“, so Lehmköster.

    Die Dragados-Werft im spanischen Cádiz ist der einzige Standort in Europa für Konverterplattformen der neuesten Generation. Der Imagefilm zeigt den Bau der Plattform Dolwin kappa.

    „Wir fürchten, dass Konverterplattformen beim Offshore-Ausbau zum Flaschenhals werden“, sagt Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung Offshore-Windenergie. Wenn künftig andere Länder in ihre Windparks ebenfalls Konverter integrieren, könnten deutsche Projekte das Nachsehen haben. Seit Langem kritisieren Experten, dass Deutschland keine Kapazitäten schaffe, um die eigene Klimawende voranzutreiben und zugleich wirtschaftlich davon zu profitieren. Dabei würden die Küstenländer gern zusätzlichen Spielraum für die Offshore-Branche schaffen, stoßen bisher aber auf Zurückhaltung in Berlin.

    In Warnemünde sollen wieder Konverter entstehen – wenn die Marine mitspielt

    Dabei wäre die Gelegenheit, in den milliardenschweren Bau von Konverterstationen zurückzukehren, gerade günstig. Denn durch die Pleite der auf Kreuzfahrtschiffe ausgerichteten MV Werften ist Bewegung in Mecklenburg-Vorpommerns maritime Industrie gekommen. Während am Standort Stralsund ein Industriepark entstehen soll und in Wismar noch mit Investoren verhandelt wird, nutzt das Areal in Rostock-Warnemünde das Verteidigungsministerium für die Marine. Der russische Krieg gegen die Ukraine verleiht der Werft zusätzliches Gewicht für die Marine. Doch sowohl die Landesregierung in Schwerin als auch Offshore-Experten halten den Standort für groß genug, um neben der Bundeswehr die Windkraftbranche anzusiedeln.

    Ein finanzstarker Interessent stünde schon bereit: Der belgische Offshore-Spezialist Smulders möchte in Warnemünde wieder Konverterplattformen bauen. Zulieferer eingerechnet soll es um 1000 Arbeitsplätze gehen. Bislang allerdings führt das Verteidigungsministerium Sicherheitsbedenken an; eine gemeinsame Nutzung sei schwierig. „Von außen betrachtet, ist es völlig unverständlich, warum man bisher keine Einigung gefunden hat“, sagt Würtz im Gespräch mit EnergieWinde. Schließlich sei das Areal groß genug, und zudem gebe es vom Land Mecklenburg-Vorpommern politische Unterstützung und substanzielle Angebote ans Verteidigungsministerium. Nach der Insolvenz der MV Werften und dem Wegfall von 2000 Arbeitsplätzen sucht die rot-rote Landesregierung händeringend nach neuen Arbeitgebern.

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    Wir halten es für bedenklich, sensible Infrastrukturen wie es etwa Konverterplattformen sind, künftig nur noch etwa in Asien fertigen zu lassen

    Karina Würtz, Stiftung Offshore-Windenergie

    Würtz hält den Aufbau einer umfassenden deutschen Offshore-Industrie in den Küstenbundesländern aus einem weiteren Grund für zwingend. „Wir halten es für bedenklich, sensible Infrastrukturen mit wichtiger Software und Technik für die Energiesicherheit Deutschlands wie es etwa Konverterplattformen sind, künftig nur noch etwa in Asien fertigen zu lassen“, sagt sie. Zwar verfügten asiatische Länder über den Platz und die Arbeitskräfte. Aus Sicht der Branchenexpertin aber sollte Deutschland es Staaten wie den Niederlanden gleichtun und beim Ausbau der Windkraft das nationale Interesse im Blick behalten. „Andere Staaten beteiligen sich ganz bewusst an energiepolitisch wichtigen Branchen“, so Würtz.

    Ähnlich äußerte sich Heike Winkler, Geschäftsführerin der Branchenvereinigung WAB, im Interview mit EnergieWinde. Ein Verschiffen der Plattformen um die halbe Welt schade zudem dem Klima, da beim Transport Treibhausgase frei würden.

    Umspannstation im Offshore-Windpark Gode Wind in der Nordsee: Die Anlagen sammeln den Strom der Windräder und leiten ihn zur Konvertersation weiter.

    Umspannstation in der Nordsee: Die Plattform sammelt den Strom der umliegenden Windräder und leitet ihn an die größere Konverterstation weiter, von wo aus er zum Festland transportiert wird.

    Viel Zeit sollte sich Deutschland nicht lassen, um über den Plattformbau zu entscheiden. Schon in wenigen Wochen steht bei Tennet die nächste großvolumige Auftragsvergabe an. Man dürfe solche Gelegenheiten nicht sehenden Auges verstreichen lassen, so Würtz. „Wir hoffen, dass die zweite Chance genutzt wird!“

    Tennet-Manager Kuijpers denkt noch weiter in die Zukunft. „Bald werden wir auf See überschüssige Windenergie in Wasserstoff umwechseln und speichern können. Das wird technisch ein noch komplexeres System.“ Da könne es nicht schaden, rechtzeitig Know-how und Kapazitäten im Inland aufzubauen.

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