Globaler Offshore-Wind-Ausbau

  • Search15.05.2024

19 Länder, 67 Gigawatt

25 Offshore-Windparks sind 2023 neu ans Netz gegangen, die mit Abstand meisten davon in China. Damit wächst die globale Kapazität auf 67 Gigawatt. Die Animation zeigt alle seit 1991 gebauten Windparks im Zeitraffer.

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    Von Volker Kühn

    Was sich Deutschland für 2045 vorgenommen hat, ist global schon fast erreicht: eine Offshore-Wind-Kapazität von 70 Gigawatt. Allein 2023 sind 25 neue Windparks ans Netz gegangen, und drei Dutzend weitere befinden sich derzeit im Bau. Doch mindestens ebenso erstaunlich wie das rasante Tempo des weltweiten Ausbaus ist, wie sich dabei die Gewichte verschieben: von Europa nach Asien.

    • Von den 25 Windparks des vergangenen Jahres stehen 14 in China, zwei in Japan und je einer in Vietnam und Taiwan. Europa kommt nur auf sieben neue Parks.
    • Von den 67,4 Gigawatt der globalen Gesamtkapazität entfallen auf China allein 31,5. Mit weitem Abstand folgen Großbritannien (15 Gigawatt), Deutschland (acht) und die Niederlande (fünf).
    • Auch im Turbinengeschäft spielen chinesische Hersteller eine wachsende Rolle. Zwar führen Siemens Gamesa und Vestas das Ranking an, doch dahinter kommen mit Mingyang und Shanghai Electric Hersteller aus Fernost, bevor mit GE ein amerikanischer Konzern folgt.

    Die starke Stellung Chinas betrachten nicht wenige Energiepolitiker und Branchenvertreter mit Sorge. Sie fürchten, dass fernöstliche Hersteller den Offshore-Wind-Markt wie zuvor in der Solarenergie aufrollen könnten, mit fatalen Folgen für die europäische Produktion. Entsprechend groß ist etwa der Widerstand gegen die Pläne von Mingyang zum Bau einer Turbinenfabrik in Schottland. Mingyang hat den Einstieg in den europäischen Markt bereits vollzogen und einen italienischen Offshore-Windpark mit chinesischen Turbinen bestückt.

    Die EU will die Offshore-Windenergie stärken: mit dem Net Zero Industry Act

    In Brüssel scheint man die Sorgen ernst zu nehmen. Im Rahmen des European Green Deal hat die EU eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen, die den Ausbau der Offshore-Windenergie vorantreiben und die Lieferkette in Europa stärken sollen, etwa den Windkraft-Aktionsplan. Im Net Zero Industry Act (NZIA), der Antwort auf Amerikas Inflation Reduction Act, hat die EU-Kommission gestern weitere Leitlinien abgesteckt. Konkretisiert werden sie vermutlich nach der Europawahl im Juni von der nächsten Kommission.

    Die Vorgaben zielen insbesondere auf das Auktionsdesign ab, also auf das Verfahren, nach dem die Mitgliedsstaaten den Bau von Windparks auf See ausschreiben. Bislang unterscheiden sich die Auktionen stark. Für Aufsehen sorgten insbesondere die Rekordauktionen in Deutschland im vergangenen Jahr, bei der die Bieter zweistellige Milliardensummen für Offshore-Wind-Lizenzen aufriefen.

    Offshore-Wind-Auktionen in Deutschland

    Zweiteiliges Verfahren

    Das Wind-auf-See-Gesetz (WindSeeG) unterscheidet bei der Versteigerung von Flächen für Offshore-Windparks zwischen bereits erkundeten und noch nicht untersuchten Flächen. Sie werden separat vergeben.

    Nicht voruntersuchte Flächen

    In Meeresgebieten, die noch nicht auf ihre Tauglichkeit für den Bau von Windparks untersucht wurden, nennen die Bieter zunächst einen Mindestpreis, zu dem sie ihren Strom verkaufen würden. Verzichten mehrere Bieter auf einen solchen Mindestpreis („Null-Cent-Gebote“), folgt ein „dynamisches Gebotsverfahren“: In festgelegten Preisstufen legen die Teilnehmer Geld auf den Tisch, bis nur noch einer übrig ist.

    Voruntersuchte Flächen

    Auch auf bereits vom Staat voruntersuchten Flächen geht es in erster Linie ums Geld: Die Bieter müssen eine Summe aufrufen, die sie für den Bau ihres Windparks zu zahlen bereit sind, oft ist von einem „Eintrittsgeld“ die Rede. Das Höchstgebot wird mit 60 Punkten bewertet. Weitere 35 Punkte entfallen daneben auf vier weitere Kriterien, in denen es um die Kapazität eines Parks geht, um umweltverträgliche Bauverfahren, den CO2-Fußabdruck beim Bau und den Ausbildungsquotienten der Betreiber.

    Um Europas Hersteller im Wettbewerb mit außereuropäischer Konkurrenz zu schützen, sollen die Mitgliedsstaaten sogenannte Local-Content-Kriterien in ihre Ausschreibungen aufnehmen. Bisher gibt in der Regel allein der Preis den Ausschlag, welcher Bieter beim Bau eines Parks zum Zuge kommt. Künftig sollen bis zu 30 Prozent des Ausschreibungsvolumens ausdrücklich nicht über den Preis, sondern über andere Kriterien vergeben werden. Wenn beispielsweise die Nachhaltigkeit eines Projekts über den CO2-Fußabdruck beim Bau der Komponenten berücksichtigt wird, sind Anbieter aus Europa tendenziell im Vorteil. Denn deren Bauteile müssen nicht erst um die halbe Welt verschifft werden und werden in der Regel mit einem höheren Anteil sauberer Energie produziert.

    Die Förderung wird vereinheitlicht: mit Contracts for Difference (CfD)

    Die EU-Kommission plant zudem eine Harmonisierung der Auktionsdesigns unter den Mitgliedsstaaten und setzt dazu auf sogenannte Contracts for Difference (CfD). Dabei erhalten Betreiber von Ökostromanlagen vom Staat eine Ausgleichszahlung, wenn der Strompreis an der Börse unter den Wert fällt, der ihnen beim Bau garantiert wurde. Steigt der Preis allerdings darüber, dürfen sie die Mehrerlöse nicht behalten, sondern müssen sie an den Staat abführen. Dadurch ist einerseits das Risiko der Betreiber begrenzt, andererseits aber auch ihr potenzieller Gewinn. Nach Inkrafttreten der EU-Strommarktrichtline haben die Mitgliedsstaaten drei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

    Dabei besitzen die Länder einen gewissen Spielraum. Dass die Offshore-Windbranche nicht immer mit der Umsetzung einverstanden ist, zeigte sich jüngst bei der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III). Um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, hatte die Bundesregierung dabei eine Streichung der bislang verbindlichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beschlossen. Das hatte zu einem ungewöhnlichen Schulterschluss von Industrie- und Umweltvertretern geführt, die gemeinsam die Beibehaltung der UVP forderten.

    Die Animation oben beruht auf Daten des World Forum Offshore Wind (WFO); gestaltet haben sie unsere Infografiker Andreas Mohrmann und Benedikt Grotjahn.

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