Luftverwirbelungen an Offshore-Windrädern: Die Anlagen können sich über eine Distanz von 100 Kilometern oder mehr beeinflussen.
Von Volker Kühn
Die Offshore-Windenergie ist voller Begriffe, die sich Außenstehenden nicht auf Anhieb erschließen. Wer sich mit den Plänen zu ihrem Ausbau in Deutschland beschäftigt, sollte zumindest vier davon kennen – „Entenschnabel“, „Volllaststunden“, „Leistungsdichte“ und „Abschattungseffekte“:
- Der Entenschnabel ist der entlegenste Teil der deutschen Nordsee, ein schmaler, langer Streifen, eingeklemmt zwischen den Hoheitsgebieten der Niederlande, Großbritanniens und Dänemarks, bis zu 400 Kilometer von der deutschen Küste entfernt. Es ist voraussichtlich das letzte Gebiet, in dem Deutschland Windparks bauen wird. Die Anfahrt per Schiff ist lang, dafür aber bläst der Wind so weit draußen stark und stetig. Nirgendwo in Deutschland können Windräder mehr Strom erzeugen.
- Womit wir beim zweiten Begriff wären, den Volllaststunden. Damit wird die Auslastung eines Windrads bezeichnet. Weht der Wind beispielsweise eine Stunde lang so stark, dass ein Windrad die Hälfte seiner möglichen Leistung erreicht, ergibt das eine halbe Volllaststunde. Im Entenschnabel lassen sich nach Berechnungen von Forschern des Fraunhofer IWES theoretisch mehr als 4000 Volllaststunden im Jahr erreichen. Zumindest dann, wenn nichts im Weg steht, das den Wind abfängt, wie zum Beispiel benachbarte Windparks.
- Und das bringt uns zur Leistungsdichte. Sie gibt an, wie dicht Offshore-Windräder nebeneinanderstehen, genauer gesagt: wie viel Megawatt Windturbinenleistung pro Quadratkilometer ins Meer gebaut werden. Da Deutschland nur über ein vergleichsweise kleines Meeresgebiet verfügt, aber mit einer Gesamtleistung von 70 Gigawatt im Jahr 2045 besonders ehrgeizige Ziele für die Offshore-Windenergie hat, ist die Leistungsdichte hier schon jetzt so hoch wie in kaum einem anderen Land.
- Deshalb sind – Begriff Nummer vier – die Abschattungseffekte in der deutschen Nordsee besonders groß: Die Turbinen rauben sich gegenseitig den Wind. Die Zahl der Volllaststunden sinkt dadurch teils deutlich. Bei manchen Windparks könnte der Stromertrag dem Fraunhofer IWES zufolge durch Abschattungseffekte (auch Nachlaufeffekte genannt) auf weniger als die Hälfte des theoretisch Möglichen einer frei stehenden Einzelanlage sinken.
Energiewendeskeptiker leiten daraus gern ab, dass Deutschland sein 70-Gigawatt-Ziel nicht erreichen könne. Die Flächen in der Nord- und Ostsee seien schlicht zu klein, zumal auch andere Nutzer Platz beanspruchen, etwa für die Schifffahrt, den Abbau von Sand und Kies, den Naturschutz oder künftig womöglich die Speicherung von CO2 im Meeresgrund.