Made in Singapur: Rund 60 Tage dauerte die Reise der Konverterplattform Dolwin epsilon nach Europa. Nach der Endmontage in Norwegen wird sie in der deutschen Nordsee installiert. Bald sollen solche Riesen wieder in Deutschland gebaut werden.
Von Kathinka Burkhardt
Wenn in den nächsten Monaten Tausende Tonnen Stahl bei der Papenburger Meyer Werft angeliefert werden, schlägt das Traditionsunternehmen ein neues Kapitel auf. Zum ersten Mal schweißen die Mitarbeiter dann nicht Kreuzfahrtschiffe oder Frachter zusammen, sondern einzelne Sektionen einer Konverterplattform. Nach ihrer Endmontage auf einer Werft im spanischen Cádiz wird sie in einem Offshore-Windpark des Übertragungsnetzbetreibers Amprion stehen.
Konverterplattformen sind entscheidende Bausteine in Windparks: Erst sie machen es möglich, den Windstrom ohne große Verluste ins Landnetz einzuspeisen. Während die Elektronik von Technologiekonzernen wie Siemens Energy, GE oder Hitachi kommt, werden die hochhausgroßen Stahlkästen von Werften gebaut.
Für die Meyer Werft sind Konverterplattformen Neuland, wenn auch nur in gewissem Sinne, wie Werftsprecher Florian Feimann gegenüber EnergieWinde erklärt. „Diese Art von Stahlarbeiten können wir natürlich immer durchführen.“ Und trotzdem markiert die Plattform einen Meilenstein für die Papenburger. „Für uns ist es wichtig, über diesen Auftrag spezielles Know-how und Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln, um in naher Zukunft in der Lage zu sein, auch ganze Konverterplattformen fertigen zu können.“
Es ist Aufbruchstimmung, die aus diesen Worten klingt – eine Stimmung, die der Boom der Offshore-Windenergie womöglich in der gesamten deutschen Schiffbaubranche auslösen könnte.
Deutsche Werften waren Vorreiter im Offshore-Wind. Derzeit schauen sie zu
Denn obwohl die Werft Nordic Yards in Rostock mit den weltweit ersten Konverterplattformen noch Pionierarbeit leistete, geht die Wertschöpfungskette des Windkraftausbaus in Ost- und Nordsee mittlerweile komplett an deutschen Schiffbauern vorbei. Seit Mitte des letzten Jahrzehnts landen immer mehr Aufträge für Offshore-Wind-Schiffe oder Plattformen in asiatischen Ländern wie China oder Südkorea. Die dortigen Werften produzieren dank staatlicher Hilfe und billigem Stahl günstiger als deutsche.
Zudem habe sich man bei Nordic Yards bewusst entschieden, anstelle von Konvertern auf den damals boomenden Kreuzfahrtschiffbau zu setzen, erklärte eine Sprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Tennet gegenüber EnergieWinde. Tennet hätte nach den guten Erfahrungen in den Projekten mit Nordic Yards gern weiterhin in Deutschland gebaut, musste sich mangels Kapazitäten aber anderweitig umsehen.
Doch wäre es aus Sicht von Branchenvertretern und Politikern fahrlässig, sich künftig allein auf asiatische Zulieferer zu verlassen. Vielmehr brauche Europa selbst starke Kapazitäten. Nur so ließen sich Abhängigkeiten vermeiden, nur so könne die Branche mit gut bezahlten Jobs ein Argument für den Ausbau der Offshore-Windenergie liefern.
Die Windkraftpläne sind gigantisch. Der Weltmarkt ist groß genug für alle
„Wenn wir die Ausbauziele allein in Deutschland und Europa wirklich schaffen wollen, müssen wir sämtliche Kapazitäten ausschöpfen, die zur Verfügung stehen“, sagt Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung Offshore-Windenergie, im Gespräch mit EnergieWinde. Windparks mit zusammen 30 Gigawatt sollen nach dem Plan der Bundesregierung bis 2030 in deutschen Gewässern stehen, bis 2045 sollen es sogar 70 Gigawatt sein – ausgehend von heute rund acht Gigawatt. Der Bedarf in anderen europäischen Ländern kommt hinzu.