Klimaschutz

  • Search19.09.2024

Das Versprechen auf eine bessere Zukunft

Klimaschutz wird zunehmend negativ diskutiert. Das spielt Populisten in die Hände und ignoriert, dass der Erhalt unserer Lebensgrundlagen vor allem eines ist: das Versprechen auf ein lebenswertes Morgen.

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    Wie in Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebenmeer“ mutetet die Szenerie am Großen Feldberg an. In der Natur finden Menschen Ruhe und Erholung.

    Wie in Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ mutetet die Szenerie am Großen Feldberg an. In der Natur finden Menschen Ruhe und Erholung. Ihr Erhalt liegt einer überwältigenden Mehrheit der Menschen am Herzen.

     

    Von Jasmin Lörchner

    Ob Wirtschaftsminister Robert Habeck die Wärmepumpe preist, Verkehrsplaner autofreie Zonen fordern oder Aktivisten Straßen blockieren: Die Reaktionen auf Meldungen rund ums Klima reichen immer häufiger von Augenrollen (Wärmepumpe) über entnervtes Stöhnen (Verkehr) bis zu wüsten Beschimpfungen oder gar Schlägen (Klimakleber).

    Der Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an seine Folgen rufen in der Öffentlichkeit zunehmend Missmut hervor. Dabei zählten Klima und Umwelt bei der Bundestagswahl 2021 noch zu den Kernthemen, die Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe umtrieben. Ausgerechnet während einer Regierungsbeteiligung der Grünen hat sich das drei Jahre später dramatisch gewandelt.

    Hilflosigkeit, Enttäuschung, Wut: Beim Klima kochen die Emotionen hoch

    Die gemeinnützige Organisation „More in Common“ hat im Jahr 2021 Menschen gefragt, welche Gefühle der Klimawandel bei ihnen auslöst. Der Untersuchung zufolge gaben 45 Prozent der Befragten Hilflosigkeit als stärkste Emotion an, direkt gefolgt von Enttäuschung und Wut.

    „Besonders auffällig ist, dass dieses negative Gefühl nicht etwa bei denjenigen Typen am stärksten ist, die (wie die Enttäuschten oder die Pragmatischen) im Allgemeinen die geringste persönliche Handlungsmacht im Leben empfinden – sondern ausgerechnet bei Menschen wie den Involvierten, die eigentlich durch besonderes Zutrauen und große Initiative auffallen“, heißt es etwas umständlich in der Studie. Gerade Menschen, die es gewohnt sind, die Dinge anzupacken, fühlen sich offenbar besonders ohnmächtig.

    Dass die Klimapolitik der Ampel-Regierung vor allem durch Streit, Wankelmütigkeit und handwerkliche Fehler auffällt, verdüstert die Stimmung zusätzlich. Das ist umso bedauerlicher, als das wegweisende Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts im April 2021 eigentlich den Anstoß für eine progressive Entwicklung hätte geben können. Immerhin erklärten Deutschlands oberste Richterinnen und Richter, dass die Bundesregierung einen klaren Pfad zu ausreichendem Klimaschutz beschreiten müsse. Zu lasche Maßnahmen, kritisierte das Gericht in Karlsruhe, gefährdeten die Freiheit der kommenden Generationen.

    Viele fühlen sich überbelastet – während „die Großen“ geschont werden

    Das Urteil hätte ein Weckruf sein können. Doch was folgte, war ein Klimaschutzgesetz, das zweimal nachgebessert werden musste, weil es nicht ausreichte, um Deutschlands Klimaziele zu erreichen. Laut „More in Common“ regte sich in der Bevölkerung schon 2021 Kritik „an einer wahrgenommenen Klimastrategie, die im Verhältnis zu stark bei den Bürgerinnen und Bürgern und zu wenig bei Unternehmen und ,den Großen' ansetzt.“ Das war vor der monatelangen Wärmepumpen-Debatte und vor der Diskussion um ein Tempolimit, die FDP-Verkehrsminister Volker Wissing wegwedelte wie eine lästige Stubenfliege.

    Inmitten der Uneinigkeit und des Missmuts reiben sich vor allem zwei Gruppen die Hände: die fossile Lobby und Populisten. Verlieren Klimaschutzmaßnahmen in der Gesellschaft an Rückhalt, muss die Fossilindustrie weniger Druck fürchten. Der amerikanische Klimaforscher Michael E. Mann bezeichnet Negativität und Schwarzmalerei in seinem Buch „Propagandaschlacht ums Klima“ als Taktiken der Fossilindustrie, mit denen die Gesellschaft vom Handeln abgehalten wird. „Die meisten Schwarzmaler sind keine bösen Menschen, sondern Opfer dieser Taktik. Weil man sie überzeug hat, dass es zum Handeln zu spät sei und sie damit zu Inaktivisten macht, wie ich das nenne“, so Mann.

    KfW-Energiewendebarometer: Die Zustimmung zur Energiewende ist in der Bevölkerung nach wie vor sehr hoch. Infografik: Andreas Mohrmann

    Zwar unterstützt noch immer eine überwältigende Mehrheit der Deutschen die Energiewende. Doch den wachsenden Missmut auf die Regierung nutzen Populisten, um auf Stimmenfang zu gehen. So kann AfD-Politiker Tino Chrupalla in Interviews ungestört wiederholt die Grünen als „gefährlichste Partei Deutschlands“ bezeichnen und die Klimapolitik der Ampelregierung als Politik der Verbote und Bevormundung darstellen. Eine Strategie, die neben scharfer Einwanderungsrhetorik und dem Trittbrettfahren auf nationalen Unsicherheiten bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erschreckend erfolgreich war.

    Auf Klimaschutz verzichten? Das hieße, die Augen vor der Realität zu verschließen

    Dabei geht es überhaupt nicht um Verbote und Bevormundung. Der Klimawandel lässt sich nicht mehr wegdiskutieren. Die Flut im Ahrtal, Hitzewellen in ganz Europa, Dürreschäden in der Landwirtschaft und das verstärkte Auftreten von Extremwetterphänomenen sind Beweise, vor denen man nicht die Augen verschließen kann. 2021 verursachte Extremwetter Schäden von 80 Milliarden Euro allein in Deutschland.

    Der Klimawandel ist längst da. Und damit auch die Notwendigkeit, die weitere Erwärmung zu begrenzen und kreative Ideen zu entwickeln, wie sich die Gesellschaft an das schon heute veränderte Klima anpassen kann. Die gute Nachricht: Wir verfügen über das Wissen und sämtliche Technologien, die nötig sind, um das Ruder herumzureißen.

    Es geht nicht um Verbote. Es geht um die Chance auf eine lebenswerte Zukunft

    Viel zu oft wird die Diskussion um Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel als Diskussion von Verzicht und Verbot geführt. Dabei liegt in den Veränderungen eine große Chance: Die Möglichkeit, Städte lebensfreundlicher zu gestalten, sich in einer gesunden Natur zu erholen und in einer inklusiveren, gerechteren Gesellschaft zu leben.

    Erneuerbare Energien wie Windkraft, Solarenergie und Wasserkraft minimieren nicht nur den CO₂-Ausstoß. Sie verbessern auch die Luftqualität und reduzieren Atemwegserkrankungen. Ihr Ausbau schafft neue Arbeitsplätze und kann im Idealfall strukturschwachen Regionen wieder eine Perspektive geben.

    Klimaschutz ist kein notwendiges Übel. Er ist überlebenswichtig

    Die Aufforstung von Wäldern und Seegraswiesen, das Wiedervernässen von Mooren und Grünoasen in den Städten binden CO₂ und schaffen außerdem Lebensräume für Tiere. Sie sichern so die Artenvielfalt, von der letztlich auch das Überleben der Menschheit abhängt. Hochwasserschutzmaßnahmen schützen nicht nur Haus und Hof in gefährdeten Regionen, sie verbessern auch die Wasserqualität.

    Nachhaltige Landwirtschaft schont die Böden und bewahrt das Grundwasser. Beides wirkt sich positiv auf die Nahrungskette aus. Städte mit autofreien Zonen, gut ausgebautem öffentlichen Nahverkehr und mehr Grünflächen sind fußgänger- und radfahrerfreundlicher, haben bessere Luft, sind lebenswerter und wirken der Bildung von Hitzeinseln entgegen.

    Wer möchte nicht in lebenswerten Städten wohnen, saubere Luft atmen und sich an einer gesunden Natur erfreuen? Klimaschutzmaßnahmen dürfen kein spaltendes Element für die Gesellschaft sein. Wir sollten sie als Weg in eine lebenswerte Zukunft verstehen.

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