Wie in Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ mutetet die Szenerie am Großen Feldberg an. In der Natur finden Menschen Ruhe und Erholung. Ihr Erhalt liegt einer überwältigenden Mehrheit der Menschen am Herzen.
Von Jasmin Lörchner
Ob Wirtschaftsminister Robert Habeck die Wärmepumpe preist, Verkehrsplaner autofreie Zonen fordern oder Aktivisten Straßen blockieren: Die Reaktionen auf Meldungen rund ums Klima reichen immer häufiger von Augenrollen (Wärmepumpe) über entnervtes Stöhnen (Verkehr) bis zu wüsten Beschimpfungen oder gar Schlägen (Klimakleber).
Der Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an seine Folgen rufen in der Öffentlichkeit zunehmend Missmut hervor. Dabei zählten Klima und Umwelt bei der Bundestagswahl 2021 noch zu den Kernthemen, die Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe umtrieben. Ausgerechnet während einer Regierungsbeteiligung der Grünen hat sich das drei Jahre später dramatisch gewandelt.
Hilflosigkeit, Enttäuschung, Wut: Beim Klima kochen die Emotionen hoch
Die gemeinnützige Organisation „More in Common“ hat im Jahr 2021 Menschen gefragt, welche Gefühle der Klimawandel bei ihnen auslöst. Der Untersuchung zufolge gaben 45 Prozent der Befragten Hilflosigkeit als stärkste Emotion an, direkt gefolgt von Enttäuschung und Wut.
„Besonders auffällig ist, dass dieses negative Gefühl nicht etwa bei denjenigen Typen am stärksten ist, die (wie die Enttäuschten oder die Pragmatischen) im Allgemeinen die geringste persönliche Handlungsmacht im Leben empfinden – sondern ausgerechnet bei Menschen wie den Involvierten, die eigentlich durch besonderes Zutrauen und große Initiative auffallen“, heißt es etwas umständlich in der Studie. Gerade Menschen, die es gewohnt sind, die Dinge anzupacken, fühlen sich offenbar besonders ohnmächtig.
Dass die Klimapolitik der Ampel-Regierung vor allem durch Streit, Wankelmütigkeit und handwerkliche Fehler auffällt, verdüstert die Stimmung zusätzlich. Das ist umso bedauerlicher, als das wegweisende Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts im April 2021 eigentlich den Anstoß für eine progressive Entwicklung hätte geben können. Immerhin erklärten Deutschlands oberste Richterinnen und Richter, dass die Bundesregierung einen klaren Pfad zu ausreichendem Klimaschutz beschreiten müsse. Zu lasche Maßnahmen, kritisierte das Gericht in Karlsruhe, gefährdeten die Freiheit der kommenden Generationen.
Viele fühlen sich überbelastet – während „die Großen“ geschont werden
Das Urteil hätte ein Weckruf sein können. Doch was folgte, war ein Klimaschutzgesetz, das zweimal nachgebessert werden musste, weil es nicht ausreichte, um Deutschlands Klimaziele zu erreichen. Laut „More in Common“ regte sich in der Bevölkerung schon 2021 Kritik „an einer wahrgenommenen Klimastrategie, die im Verhältnis zu stark bei den Bürgerinnen und Bürgern und zu wenig bei Unternehmen und ,den Großen' ansetzt.“ Das war vor der monatelangen Wärmepumpen-Debatte und vor der Diskussion um ein Tempolimit, die FDP-Verkehrsminister Volker Wissing wegwedelte wie eine lästige Stubenfliege.
Inmitten der Uneinigkeit und des Missmuts reiben sich vor allem zwei Gruppen die Hände: die fossile Lobby und Populisten. Verlieren Klimaschutzmaßnahmen in der Gesellschaft an Rückhalt, muss die Fossilindustrie weniger Druck fürchten. Der amerikanische Klimaforscher Michael E. Mann bezeichnet Negativität und Schwarzmalerei in seinem Buch „Propagandaschlacht ums Klima“ als Taktiken der Fossilindustrie, mit denen die Gesellschaft vom Handeln abgehalten wird. „Die meisten Schwarzmaler sind keine bösen Menschen, sondern Opfer dieser Taktik. Weil man sie überzeug hat, dass es zum Handeln zu spät sei und sie damit zu Inaktivisten macht, wie ich das nenne“, so Mann.