Von Volker Kühn
Es gibt Tage, denen fiebern Klimaschützer über Monate entgegen. Nicht wie Kinder dem Weihnachtsfest, an dem die Bescherung sicher ist, eher wie Fußballfans einem Finale, von dem sie nicht wissen, ob es Glück oder Schmerz bereithält. Mal warten Enttäuschungen auf sie wie 2009 auf dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen, mal wird ihr Sehnen erhört wie 2015 mit dem Vertrag von Paris, der das 1,5-Grad-Ziel brachte.
Selten jedoch kam ein Durchbruch für das Klima so unerwartet wie am 29. April 2021. Denn mit einem Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung dürften selbst kühne Optimisten unter den Klägern nicht gerechnet haben. Indem das Gericht ihrer Beschwerde in Teilen stattgab, hat es dem Klimaschutz an diesem Tag Verfassungsrang verliehen. (Zu dem lesenswerten Beschluss geht es hier.)
Klimaschützer feiern die Entscheidung als „bahnbrechend“, „revolutionär“ oder „historisch“. Ihre Folgen können kaum überschätzt werden. Sie verpflichtet die Bundesregierung, einen klaren Pfad aufzuzeichnen, auf dem sie die Treibhausgasemissionen auf null reduzieren will. Ein Durchlavieren, das den Klimaschutz auf ein unbestimmtes Datum in der Zukunft verschiebt, ist damit nicht mehr möglich. Zugleich stellt sich das Gericht eindeutig auf die Seite der Wissenschaft und weist jegliche Zweifel an der Verantwortung des Menschen für die Klimakrise zurück. Klimaleugner stehen künftig im Widerspruch zu einem Beschluss des höchsten deutschen Gerichts.