Jahrzehntealte Videos über den Klimawandel

  • Search01.12.2020

Hitzewarnung!

Schon 1958 beschrieb ein Film im US-Fernsehen die Folgen der vom Menschen verursachten Erderwärmung in deutlichen Worten. EnergieWinde zeigt Videos aus sechs Jahrzehnten, in denen Medien und Wissenschaftler vor der Klimakrise warnen.

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    Von Volker Kühn

    Im Mai vergangenen Jahres sagte Armin Laschet bei „Anne Will“ einen Satz, der so oder ähnlich immer wieder in der Talkshow-Republik fällt: „Aus irgendeinem Grund ist das Klimathema plötzlich ein weltweites Thema geworden.“ Tatsächlich hat es manchmal den Anschein, als habe die Öffentlichkeit von der Erderwärmung erst an jenem Freitag im Sommer 2018 erfahren, als Greta Thunberg zum ersten Mal für das Klima streikte. Noch zwei Jahre zuvor, konstatierte Laschet in der Sendung nicht zu Unrecht, habe der Wähler das Thema nicht für so wichtig genommen.

    Dabei hätten Politik und Gesellschaft gewarnt sein können. Denn der Zusammenhang zwischen einer zunehmenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre und steigenden Temperaturen auf der Erde war schon im 19. Jahrhundert bekannt. Und ab Mitte des 20. Jahrhunderts haben Wissenschaftler und Medien immer deutlicher auf die dramatischen Auswirkungen hingewiesen.

    Wie früh und wie klar der Klimawandel beschrieben wurde, zeigen die folgenden Videos aus den vergangenen sechs Jahrzehnten.

    1958: „Ein Anstieg um wenige Grad würde zum Schmelzen der Polkappen führen“

    Es erscheint aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, aber die erste massenwirksame Warnung vor dem Klimawandel im US-Fernsehen stammt von einem Republikaner: 1958 drehte der italienischstämmige Regisseur und Produzent Frank Capra den Streifen „The Unchained Goddess“ („Die entfesselte Göttin“). Der unterhaltsame Film, der auch in Schulen gezeigt wurde, erläutert den Zusammenhang zwischen der Verbrennung fossiler Energien, steigenden Temperaturen, dem Schmelzen der Polkappen und dem Steigen des Meeresspiegels.

    „Durch den jährlichen Ausstoß von mehr als sechs Milliarden Tonnen Kohlendioxid in Fabriken und Autos, der dazu führt, dass die Luft Hitze von der Sonne aufnimmt, scheint unsere Atmosphäre wärmer zu werden“, heißt es in dem Film. „Berechnungen zufolge würde ein Anstieg der Erdtemperatur um wenige Grad zum Schmelzen der Polkappen führen.“ Wenn das geschehe, könnten sich Touristen in Booten mit Glasboden die überfluteten Hochhäuser von Miami von oben anschauen.

    Capra, der nicht nur Regisseur, sondern auch studierter Chemiker und eben Mitglied der republikanischen Partei war, thematisierte in seinen Filmen wiederholt gesellschaftskritische Aspekte. Bis heute bekannt ist er für Kassenschlager wie „Arsen und Spitzenhäubchen“ und „Ist das Leben nicht schön“. Capra gewann dreimal den Oscar für die beste Regie und zweimal den für den besten Film. Er starb 1991 in Kalifornien. „The Unchained Goddess dauert knapp eine Stunde und ist auf Youtube komplett zu sehen.

    1970: „Wir befinden uns in einer gefährlichen Situation“

    Der in Vancouver lebende Genetik-Professor David Suzuki ist einer der profiliertesten Umweltaktivisten Nordamerikas. Bekannt wurde er als Moderator von Wissenschaftssendungen und seinen Einsatz für erneuerbare Energien. 2009 erhielt er den Alternativen Nobelpreis.

    In diesem Interview von 1970 spricht er mit dem kanadischen Sender CBC über die Möglichkeiten der damals jungen Gentechnik. Es sei zwar noch Science-Fiction, erklärt Suzuki, aber er fürchte, dass eines Tages versucht werden könnte, den Menschen mithilfe von Gentechnik an den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre anzupassen, anstatt direkt in den Erhalt der Umwelt zu investieren. Die Prognose ist auch fünf Jahrzehnte später noch Science-Fiction. Doch dass Suzuki den Kohlendioxidausstoß schon damals als derart großes Problem wahrnahm, ist mit Blick auf die Klimadebatte auch aus heutiger Sicht aufschlussreich.

    Der inzwischen 84-Jährige engagiert sich noch immer mit der David Suzuki Foundation für den Umweltschutz. Seine Tochter Severn Cullis-Suzuki ist schon früh in seine Fußstapfen getreten; sie hielt 1992 als Zwölfjährige eine flammende Rede auf dem UN-Umweltgipfel in Rio de Janeiro (Video unten).

    1978: „Die Folgen sind einschneidend“

    Bis zu zehn Millionen Zuschauer saßen in den Siebzigern und Achtzigern vor dem Fernseher, wenn der bekannte Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth die ZDF-Reihe „Querschnitt“ moderierte. Der Vater der früheren Grünen-Politikerin Jutta von Ditfurth räumte in der Sendung besonders gern mit pseudowissenschaftlichen Argumenten und Aberglaube auf.

    1978 präsentierte er den Zuschauern eine Grafik zum Anstieg der CO2-Konzentration in den vorausgegangenen zwei Jahrzehnten. Setze sich der Trend fort, werde sich die Erde bis 2050 um zwei bis drei Grad aufheizen. „Das sieht aus, als ob das ein lächerlich kleiner Betrag ist. Die Folgen allerdings sind einschneidend“, warnte von Ditfurth. So würden sich die Wüstengürtel weiter nach Norden verlagern und damit auch Deutschland bedrohen.

    1979: „Das gesamte Klima scheint in Unordnung geraten“

    „Schneestürme, Überschwemmungen, Dürrekatastrophen: Nicht nur das Wetter, sondern das gesamte Klima scheint in Unordnung geraten“, erklärt die Reporterin der „Tagesschau“ in ihrem Bericht zum Beginn der ersten Weltklimakonferenz in Genf 1979. Der Grund sei der steigende Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre durch den wachsenden Verbrauch von Erdöl, Erdgas und Kohle in Industrie und Haushalten. Zugleich schwinde die Fähigkeit der Natur, das CO2 zu binden, weil etwa in Brasilien der tropische Regenwald abgeholzt werde.

    Das Archiv der „Tagesschau“ ist voll von ähnlichen Berichten. In dieser Sendung vom 17. März 1995 etwa geht es um einen Bericht des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung, der die damalige Umweltministerin Angela Merkel vor einer Klimakatastrophe warnt (ab Minute 10:48). „Wenn weiterhin die heutigen Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre gelangten, wäre ein Gegensteuern in rund 25 Jahren nicht mehr möglich“, heißt es darin.

    1981: „Steigende CO2-Mengen führen zu einer signifikanten Erwärmung“

    Eine der ausführlichsten frühen Dokumentationen über die menschengemachte Erderwärmung strahlte der britische Sender Thames Television im Dezember 1981 aus. In dem sehr nüchtern aufgemachten Film „Warming Warning“, der später auch in Ländern wie den USA gezeigt wurde, erklären Wissenschaftler, wie der vom Menschen verursachte CO2-Ausstoß und der Klimawandel zusammenhängen: „Meteorologen glauben, dass steigende CO2-Mengen in der Atmosphäre binnen Jahrzehnten zu einer signifikanten Erwärmung des Planeten führen.“

    Der kurze Ausschnitt in dem Video oben beschreibt die Quellen des Kohlendioxids und die Folgen der fortschreitenden Abholzung in den Tropenregionen. Ein knapp halbstündiger Ausschnitt von „Warming Warning“ ist hier auf Vimeo zu sehen.

    1992: „All dies geschieht vor unser aller Augen“

    Sie gilt als „das Mädchen, das die Welt verstummen ließ“: Die damals erst zwölf Jahre alte Severn Suzuki liest den versammelten Staats- und Regierungschefs auf dem UN-Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro in einer sechsminütigen Rede die Leviten. In eindringlichen Worten fordert sie die Politiker auf, den Raubbau an der Erde zu beenden, der vor aller Augen stattfinde. Sie müssten ihrer Pflicht gerecht werden und endlich für eine lebenswerte Zukunft kämpfen. Vergesst nicht, warum ihr an diesen Konferenzen teilnehmt! Wir sind eure Kinder. Ihr entscheidet, in was für einer Welt wir aufleben werden“, ruft Severn Suzuki.

    Es ist nichts anderes als das „How dare you“, das die 16-jährige Greta Thunberg den Politikern 27 Jahre später auf dem UN-Gipfel 2019 in New York entgegenschleudert.

    2006: „Wir sind der Grund für die globale Erwärmung“

    Wohl keine Dokumentation hat der Klimakrise bis dahin mehr Aufmerksamkeit beschert als der Film „Eine unbequeme Wahrheit“, den der frühere US-Vizepräsident Al Gore gemeinsam mit dem Regisseur Davis Guggenheim 2006 ins Kino brachte. Er besteht im Wesentlichen aus Mitschnitten von Reden und Präsentationen über die Erderwärmung, die Gore nach seiner Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2000 hielt. Zum Zeitpunkt des Filmdrehs soll er schon mehr als 1000-mal damit aufgetreten sein. Der Film schildert die bekannten Fakten über den Klimawandel, unterlegt sie mit dramatischen Bildern und fordert eindringlich zum Umsteuern auf. Ein Jahr nach Erscheinen des Films erhielt Gore gemeinsam mit dem Weltklimarat IPCC den Friedensnobelpreis.

    2017 erschien die Fortsetzung der Dokumentation mit dem Titel „Immer noch eine unbequeme Wahrheit – Unsere Zeit läuft ab“. Kritiker monieren, dass darin die Rolle Gores überhöht werde, etwa bei den Verhandlungen auf dem Pariser Klimagipfel. Die Ernsthaftigkeit seines Engagements für das Klima wird ihm aber niemand abstreiten, zumal Gore das Thema auch nicht erst nach dem Ende seiner politischen Karriere entdeckt hat. Schon in den Achtzigern warnte er, die Hinweise der Wissenschaftler ernst zu nehmen, wie in diesem Clip des Senders CBS 1982 zu sehen ist.

    2020: „Es ist schlimmer als erwartet“

    Der britische Naturfilmer Sir David Attenborough berichtet seit den Fünfzigerjahren aus den entlegensten Regionen der Erde. Wie wohl kein zweiter Mensch hat er die Zerstörung der Naturparadiese des Planeten in diesen Jahrzehnten mit eigenen Augen beobachtet. Auch mit inzwischen 94 Jahren wird er nicht müde, vor der Ökokrise zu warnen. Damit erreicht er auch die junge Generation: Als Attenborough sich im September auf Instagram anmeldete, um seine Botschaft auch dort zu verbreiten, kam er noch am selben Tag auf mehr als eine Million Follower.

    Mit den Folgen des Klimawandels beschäftigte sich Attenborough schon 2006 in der Reihe „Are we changing planet earth?“ intensiv. Das oben gezeigte BBC-Video aus diesem Jahr kommt zu dem Schluss, dass die Krise sogar noch schlimmer sei als befürchtet. Seinen Optimismus hat der Brite dennoch nicht verloren. „Ich werde es vielleicht nicht mehr erleben. Aber wenn wir in diesem kritischen Moment die richtigen Entscheidungen treffen, können wir die Ökosysteme der Erde, ihre außergewöhnliche Artenvielfalt und all ihre Bewohner retten“, sagt Attenborough.

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