Offshore-Wind-Häfen

  • Search23.01.2025

Große Ziele, wenig Platz

Offshore-Wind könnte Europas Häfen einen Boom bescheren. Doch für den Bau neuer Kajen und Lagerflächen fehlt das Geld. Die kommende Bundesregierung könnte dazu die Auktionserlöse anzapfen.

InhaltsverzeichnisToggle-Icons

    Bauteile für Offshore-Windräder in Cuxhaven: Europa muss seine Hafenflächen deutlich erweitern, um den geplanten Ausbau der Offshore-Windenergie zu bewältigen.

    Maschinenhäuser von Offshore-Windrädern warten in Cuxhaven auf den Abtransport: Nach langem Ringen steht die Finanzierung für den Ausbau des Hafens inzwischen. Im Februar rücken die Bagger an.

     

    Von Kathinka Burkhardt

    Wer Europas Offshore-Wind-Ziele für die nächsten fünf Jahre sieht, dem könnte schwindelig werden: Die Briten wollen von heute 15 Gigawatt rauf auf 60, die Dänen von drei auf 13, die Deutschen von neun auf 30, die Niederländer von sechs auf 21. Und das sind längst nicht alle Länder, die ehrgeizige Pläne haben. 2050 sollen nach dem Willen der EU-Kommission Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von gut 340 Gigawatt das Rückgrat für der Energieversorgung des Kontinents bilden, 70 davon in deutschen Gewässern.

    Doch wer sich Europas Seehäfen anschaut, dem könnten Zweifel kommen. Denn für all die Windräder, die erst auf- und irgendwann wieder abgebaut oder ersetzt werden sollen, sind gewaltige Flächen in den Häfen nötig. Die Hunderte Tonnen schweren Bauteile müssen produziert, gelagert und verschifft werden. Es ist ein industrielles Mammutprojekt.

    „Die europäischen Häfen sind mit den aktuell fest geplanten Offshore-Projekten für die kommenden Jahre mehr als ausgelastet“, sagt Karina Würtz von der Stiftung Offshore-Wind gegenüber EnergieWinde. „Der Bedarf ist so hoch, dass alle deutschen Seehäfen in den unterschiedlichen Offshore-Industrien an der Wertschöpfungskette teilhaben könnten.“

    Offshore-Wind: Die Karte zeigt wichtige Häfen an der deutschen Nord- und Ostsee und ihre Funktionen für den Bau von Offshore-Windparks. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Von einem Investitionsbedarf von rund 8,5 Milliarden Euro im gesamten europäischen Raum geht WindEurope aus. Der Branchenverband hält es für dringend notwendig, dass hierzulande auch Häfen, die bisher keine große Rolle im Ausbau der Windkraft auf See gespielt haben, eingebunden werden. „Wir brauchen definitiv einen deutlichen Ausbau der deutschen Hafenkapazitäten“, erklärt WindEurope-Sprecher Christoph Zipf auf Anfrage von EnergieWinde.

    Die Nordseehäfen haben gut 600 Hektar Fläche. Nötig wären bis zu 1300

    Wichtig sei vor allem, dass sich die europäischen Länder zusammentäten, sagt Zipf. Nicht jeder Hafen müsse alle Aufgaben übernehmen, Spezialisierung und Zusammenarbeit seien sinnvoll. Teils geschieht das auch schon. Um der Auftragslage Herr zu werden, kooperieren die sechs größten Hafenbetreiber in Europa bereits seit einigen Jahren. Mithilfe von Digitalisierung und enger Abstimmung wollen sie ihre Kapazitäten und Technologien koordinieren und Wissen teilen.

    Laut der North Sea Energy Cooperation, in der zehn Nordseeanrainerstaaten den Offshore-Ausbau koordinieren wollen, sind allein für die Nordsee Hafenareale von zusammen 850 bis 1300 Hektar vonnöten. Derzeit existieren etwa 600 Hektar, weitere 200 befinden sich im Bau oder sind in Planung. Der Offshore-Ausbau sei vor dem Hintergrund der mittlerweile hinzugekommenen Flächenkonkurrenz durch LNG-Terminals und Elektrolyseure nicht zu bewerkstelligen, so der ernüchternde Befund.

    Selbst Esbjerg stößt an seine Grenzen. Helfen sollen Kooperationen

    Der wichtigste Hafen darunter ist Esbjerg an der dänischen Westküste, der über die letzten Jahrzehnte an etwa vier Fünftel aller Offshore-Windparks beteiligt war. Zuletzt wurden die Windparks Gode Wind 3 und Borkum Riffgrund 3 vor der niedersächsischen Küste zum Teil von Esbjerg aus gebaut. Doch wie an vielen anderen Standorten können auch in Esbjerg keine großen neuen Flächen erschlossen werden, sondern es kann nur noch per Digitalisierung eine effizientere Nutzung geschaffen werden.

    Das Installationsschiff  „Apollo“ in Ostende: Der belgische Hafen spielt eine wichtige Rolle beim Ausbau der Offshore-Windenergie.

    Offshore-Wind-Schiff in Ostende: Europas Häfen müssen sich abstimmen, um den Ausbau zu bewältigen.

    Ähnlich sieht es in den anderen Häfen aus: im belgischen Ostende, Eemshaven in den Niederlanden, Saint Nazaire in Frankreich, Humber in Großbritannien und im niedersächsischen Cuxhaven. Der deutsche Hafen ist der einzige, der im letzten Jahr eine konkrete Finanzierung vom Bund über 100 Millionen Euro erhalten hat. Weitere 200 Millionen steuern das Land und die Privatwirtschaft bei. Damit sollen nun drei neue Schwerlast-Liegeplätze für die Offshore-Windenergie gebaut werden. Baustart ist im Februar.

    Solche Finanzspritzen würden sich auch andere Standorte wünschen. Die von der Ampelregierung vorgelegte Hafenstrategie stellte zwar die Wichtigkeit der hiesigen Seehäfen für die Erreichung der Klimaziele heraus, aber ohne diese finanziell zu unterfüttern.

    Der Ausbau verspricht Jobs und Umsätze – sofern jetzt investiert wird

    „Wir haben den Eindruck, dass sich die aktuelle Bundesregierung auf die Aktivitäten anderer verlässt und kein wirkliches Interesse daran hat, in den Ausbau nachhaltig zu investieren“, sagt Offshore-Expertin Würtz. Vor allem die Standorte in Cuxhaven, Emden, Sassnitz auf Rügen, aber auch Bremerhaven und Wilhelmshaven könnten mit den richtigen Maßnahmen über Jahrzehnte wirtschaftlich von der Energiewende profitieren. Dafür müssten Summen in die Hand genommen werden, die in den Bundesländern fehlen.

    Das Offshore-Wind-Schiff  „Innovation“ liegt am Pier der Lloyd-Werft in Bremerhaven: Der Hafen an der Wesermündung soll für den Ausbau der Offshore-Windenergie fit gemacht werden.

    Pier der Llody Werft in Bremerhaven: Ein neues Offshore-Terminal könnte der Stadt an der Wesermündung einen Schub geben.

    So hofft man etwa in Bremerhaven seit Jahren auf den Bau eines Offshore-Terminals. Im Überseehafen Rostock platzt die Produktion des Windkraftzulieferers EEW Special Pipe Constructions aus allen Nähten. Nötig wären 30 Hektar zusätzlich, doch der Platz ist durch Wohn- und Landschaftsschutzgebiete begrenzt. Eventuell könnte der Hafen Mukran in Sassnitz davon profitieren. Unklar ist aber auch hier, woher das Geld für einen Ausbau kommen könnte.

    In Wilhelmshaven läuft eine Bedarfsanalyse: Der JadeWeserPort könnte wachsen

    Meldungen wie zuletzt vom JadeWeserPort in Wilhelmshaven sind in diesem Umfeld eine Rarität: An Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen läuft zumindest eine Bedarfsanalyse für den Ausbau nördlich des bestehenden Containerterminals durch den Logistikdienstleister Mosolf. Im ersten Schritt geht es darum, Möglichkeiten zum Import von Elektroautos zu schaffen. Der Landesregierung zufolge könnte die 400 Meter lange Kaje aber auch für Offshore-Komponenten in Frage kommen.

    Anführungszeichen

    Hierzu sollte ein Teil der Auktionserlöse für Offshore-Windkraft-Lizenzen, die bislang für den Meeresschutz verwendet werden, in den Hafenausbau fließen

    Mark Helfrich, Fachsprecher für Energiepolitik der Union im Bundestag

    Ob eine kommende Regierung Finanztöpfe für die Offshore-Hafeninfrastruktur zur Verfügung stellt, ist offen. Dass die Exportnation Deutschland und der Offshore-Ausbau eine leistungsfähige Hafeninfrastruktur benötigen, sei unbestritten, heißt es auf EnergieWinde-Anfrage in der CDU/CSU-Fraktion. Denkbar wäre, Erlöse aus den Offshore-Wind-Auktionen heranzuziehen, erklärt Mark Helfrich, Fachsprecher für Energiepolitik: „Der Bund und insbesondere die Länder sind hier in der Pflicht, für eine auskömmliche Finanzierung der Häfen Sorge zu tragen. Hierzu sollte ein Teil der Auktionserlöse für Offshore-Windkraft-Lizenzen, die bislang für den Meeresschutz verwendet werden, in den Hafenausbau fließen.“

    Go Top