Verzerren und verzögern

  • Search28.04.2025

Die Anti-Windkraft-Netzwerke

Anti-Windkraft-Netzwerke versuchen gezielt, Windpark-Projekte mit Fake News zu stoppen. Mit der AfD wächst ihr Einfluss. Doch Psychologen, Politikwissenschaftler und Mediatoren kennen Gegenmittel.

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    Windpark in Brandenburg: An den Anlagen entzünden sich immer wieder Protest – oft von organisierten Lobbys orchestriert.

    Windpark in Brandenburg: An den Anlagen entzünden sich immer wieder Proteste – oft von organisierten Lobbys orchestriert.

     

    Von Nils Husmann

    Die Zweifler und Verzögerer gehen längst ein und aus im Paul-Löbe-Haus, wo die Ausschüsse des Deutschen Bundestages tagen. Zum Beispiel am 16. Oktober 2024: Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie hat zu einer öffentlichen Anhörung geladen. Sachverständige sollen einen Gesetzentwurf einschätzen, mit dem die Bundesregierung eine EU-Richtlinie umsetzen will. Es gibt konstruktive Kritik und Anregungen. Eine Nabu-Expertin etwa sorgt sich, dass die Biodiversität unter dem Ausbau der Erneuerbaren leiden könnte. Eingeladen wurden die Expertinnen und Experten von den Bundestagsfraktionen. Dass damit jeweils eine politisch erwünschte Botschaft verbunden ist, ist klar.

    Bei Frank Heitmann lautet der Tenor: Das Gesetz taugt nichts, das ganze Anliegen ist falsch.

    Heitmann spricht für die „Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit“ und stellt sich als Projektleiter und Infrastrukturplaner vor; er ist von der AfD für die Anhörung benannt worden. Im Internet beschreibt sich der Verein, für den Heitmann spricht, als ein Zusammenschluss, der 2014 hauptsächlich von Ingenieuren gegründet worden sei, „um die Öffentlichkeit über unbequeme Details in sogenannten unumstößlichen Wahrheiten aufzuklären“. Schirmherr des Vereins: Markus Krall.

    Über Krall gibt es auf Lobbypedia einen Eintrag. Lobbypedia ist ein nach eigener Auskunft unabhängiges, lobbykritisches Onlinelexikon, das von LobbyControl finanziert wird. LobbyControl wiederum ist ein gemeinnütziger Verein, der publik machen möchte, wie Lobbygruppen auf die Politik in Deutschland und der EU einwirken. Zu Markus Krall heißt es auf Lobbypedia unter anderem, er habe einen Appell unterzeichnet, der an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags verschickt worden sei und der den menschengemachten Klimawandel leugne.

    Klimaskeptiker sprechen im Bundestag – auf Einladung der AfD

    Der Auftritt von Frank Heitmann im Ausschuss für Klimaschutz und Energie ist eines der jüngeren Beispiele für einen Angriff auf die Energiewende. Es gibt eine Flut an Falschbehauptungen und Lügen, insbesondere zur Windenergie. Die Netzwerke, die sie verbreiten, haben längst einen parlamentarischen Arm im Bundestag, die AfD.

    Im vergangenen Jahr standen die Investoren Schlange, wenn in Deutschland Windparks ausgeschrieben wurden. Es wurden so viele neue Windräder an Land genehmigt wie nie zuvor, bundesweit rund 2.400 Anlagen. Sind sie errichtet, werden allein diese Anlagen eine Leistung von 14 Gigawatt haben. 2024 lieferten die Erneuerbaren bereits 60 Prozent des Stroms in Deutschland.

    Das sind Erfolge – aber Deutschland könnte schon viel weiter sein, wäre der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie nicht Mitte des vorigen Jahrzehnts unter der damaligen Großen Koalition aus Union und SPD eingebrochen. Ein Grund dafür: Immer wieder brachten Verzögerungsnetzwerke die Energiewende in Misskredit – und lokale Bürgerinitiativen gegen den Ausbau auf.

    Die Netzwerke agieren bundesweit. Es gibt einen regelrechten Protest-Tourismus

    Dafür gibt es viele konkrete Beispiele. Ein Fall aus Sulzbach bei Saarbrücken ist besonders gut dokumentiert. Als der Bürgermeister der Stadt eine Ortsbegehung anbot, um die Menschen darüber zu informieren, welche Standorte für Windenergie geeignet sein könnten, sei er Leuten begegnet, die er vorher nie gesehen habe, berichten die „Saarbrücker Hefte“. Der Protest war also offenbar extra angereist. Das war im August.

    Jetzt, ein halbes Jahr später, dauert es mehrere Wochen, ehe ein Gespräch zwischen Vertretern der Stadt Sulzbach und EnergieWinde zustande kommt. Jan Henning, Klimaschutzmanager in Sulzbach und damals ebenfalls bei der Begehung dabei, erzählt, die möglichen Flächen hätten in der Region bereits die Runde gemacht, also habe die Stadt informieren wollen. Gab es Streit? Jan Henning ist am Telefon anzumerken, dass er möglichst diplomatisch antworten möchte: „Es gab vielfältige Meinungen“, sagt er. Ob an einem der Sulzbacher Standorte überhaupt jemals Windräder stehen werden, ist offen. Aber die Gegner der Windenergie haben an jenem Sommertag Eindruck hinterlassen. Macht das ein mögliches Projekt wahrscheinlicher? Vermutlich nicht.

    Anti-Windkraft-Plakat der AfD: Die AfD lehnt Windparks ab – und lädt zu Anhörungen in Bundestagsausschüssen Leugner des Klimawandels in.

    Die AfD lehnt Windparks ab – und lädt zu Anhörungen in Bundestagsausschüssen Leugner des Klimawandels in.

    Weniger diplomatisch über die Verzögerungsnetzwerke spricht ein Mann, der im Südwesten Deutschlands als Projektentwickler arbeitet und häufig auf Bürgerversammlungen über Vorhaben seines Arbeitgebers informiert. Für diesen Beitrag möchte er sich nur anonym über seine Erfahrungen äußern, die er mit Berichten in Lokalmedien belegen kann. Die Redaktion kennt seinen Namen.

    Auch ihm seien schon Windenergiegegner aus Thüringen auf Versammlungen in ganz anderen Gegenden Deutschlands begegnet, erzählt er. Rhetorisch versierte Leute seien das, die ihm zugeraunt hätten, sie seien eben auf der Durchreise und hätten deshalb vorbeigeschaut. „Es gibt einen regelrechten Tourismus der Gegnerschaft“, erzählt der Projektentwickler.

    „Sie müssen nur einmal googeln und finden lauter Fake News zur Windenergie“

    Er empfinde es so, dass die Gegner nicht ehrlich seien. „Ich könnte damit leben, wenn sie sagen: ‚Ich finde die Dinger hässlich und bin deshalb gegen Windenergie‘. Aber stattdessen werden Scheinargumente vorgeschoben: Der Infraschall führt zu Herzschäden, Kühe bekommen keine Kälber mehr, niemand kann mehr schlafen, die Immobilienpreise sinken, der Rotmilan stirbt aus. Es wird permanent gelogen.“

    Der Projektentwickler findet es richtig, dass die Menschen vor Ort ihre demokratischen Rechte wahrnehmen können. Die Hürde, eine Abstimmung zu erreichen, würden die meisten Bürgerinitiativen locker nehmen. Können Fakten dann helfen, damit das Quorum pro Windenergie ausfällt? „Das ist die Gretchenfrage“, sagt er.

    Entscheidend sei, wer zu Versammlungen und Infoveranstaltungen über geplante Windparkprojekte komme. Und das seien eher die Gegner, nicht die ohnehin überzeugten Windenergiebefürworter. „Die Gegner kommen immer, sie müssen vorher nur einmal googeln und finden lauter Fake News zur Windenergie.“ Sie könnten Einfluss auf die unentschlossenen Bürger nehmen. Diese seien in vielen Orten in der Mehrheit. „Wir als Projektierer informieren auf den Veranstaltungen mit Fakten. Aber was am meisten bringt, sind Stimmen aus der Bürgerschaft, die auf Veranstaltungen das Wort pro Erneuerbare ergreifen und auch mal sagen: ‚Hört bitte auf, hier mit Lügen zur Windenergie zu arbeiten.‘“ Das überzeuge auch Unentschlossene mehr, als wenn die Projektierer über die Pläne berichten.

    „Markus, ich will ein Windrad von Dir“ steht auf einem Plakat mit dem Konterfei von Markus Söder, das auf einer Demonstration für Klimaschutz zu sehen ist.

    Auch für Windräder wird demonstriert, wie hier beim Klimastreik 2024 in München. Auf Infoveranstaltungen zu konkreten Projekten sind aber nicht selten die Gegner in der Mehrheit.

    Wie oft erreichen die Gegner ihr Ziel und verhindern Windenergieprojekte? „Manche hatten durchaus Erfolg, andere Entscheide gehen knapper pro Windenergie aus, als ich es vorher vermutet hätte. Andere gehen aber auch klar zugunsten von Windenergieanlagen durch, trotz all des allgemeinen Vernunftkraftgebrabbels.“

    „Vernunftkraftgebrabbel“? Der Mitarbeiter eines Projektierers spielt damit auf einen wichtigen Akteur im Netzwerk der Verhinderer an – auf die Bundesinitiative Vernunftkraft, einen eingetragenen Verein, der sich als Sprachrohr von Gruppen versteht, die sich in Deutschland gegen die Windenergie einsetzen. Vernunftkraft fordert, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abzuschaffen und Windenergie und Fotovoltaik nicht mehr zu subventionieren. Recherchen des Politmagazins Monitor zeigten bereits 2019, dass Vernunftkraft neu gegründete Bürgerinitiativen mit Flyern, Plakaten und Argumenten gegen Windkraft und Energiewende ausstattet.

    Allerdings sind viele Argumente des Gegner-Dachverbandes wissenschaftlich längst widerlegt. Ein Beispiel: Vernunftkraft argumentiert, der Ausbau der Windenergie habe keinen messbaren Einfluss auf das Klima. Das Umweltbundesamt hat bereits vor Jahren das Gegenteil nachgewiesen. Und der Thinktank Agora Energiewende hat für das vergangene Jahr ermittelt, dass die Treibhausgasemissionen im Stromsektor zurückgegangen seien: „Wesentliche Treiber für die Minderung waren die Substitution von Kohle durch Erneuerbare und Importe in der Energiewirtschaft bei stabilem Stromverbrauch.“

    Energiewende und Windenergie haben also einen klimapolitischen Nutzen, allen Mythen zum Trotz.

    Doch kann diesen Nutzen erkennen, wer grundlegende Probleme in Abrede stellt wie das Europäische Institut für Klima und Energie, kurz „EIKE“? Der Name klingt seriös und nach evidenzbasierter Wissenschaft. Tatsächlich aber hat das Finanzamt Jena EIKE die Gemeinnützigkeit entzogen. Ausschlaggebend war ein Gutachten: EIKE leiste der guten wissenschaftlichen Praxis nicht Folge.

    Netzwerke wie EIKE widersprechen dem Konsens der Klimaforschung

    Im Grundsatzpapier Klima findet sich auf der Internetseite von EIKE nicht etwa eine Warnung, dass die Zunahme des Kohlendioxids (CO2) in der Atmosphäre zu einer Erwärmung führt – was Konsens in der Klimaforschung ist. Stattdessen wird das Treibhausgas als eine Art Lebenselixier gepriesen: „Mit zunehmender CO2-Konzentration wachsen Pflanzen besser.“ Es wird schlicht geleugnet, dass es einen menschengemachten Treibhauseffekt gibt. Eigene Klimakonferenzen – mittlerweile gab es 16 Auflagen davon – sollen die eigene Weltsicht bestätigen.

    Für Unternehmen und Menschen, die ihr Geld mit Kohle, Öl und Gas verdienen, kann die Behauptung, es gebe gar keine menschengemachte Erderwärmung, sehr nützlich sein. Kein Wunder also, dass EIKE eng mit dem Heartland Institute kooperiert; die Vereinigung gilt laut Lobbypedia „als die weltweit bedeutendste Organisation, die den menschengemachten Klimawandel leugnet“. Das Heartland Instiute erhält mittlerweile seit Jahrzehnten Millionensummen aus der fossilen Industrie, unter anderem auch von Förderern des US-Präsidenten Donald Trump.

    EIKE-Präsident Holger Thuß gilt als Berater des Heartland Institutes. Und im Beirat von EIKE sitzt unter anderem Horst-Joachim Lüdecke. Ihm wurde die gleiche Ehre zuteil wie Frank Heitmann: Er war Gutachter in einem Ausschuss des Bundestages, wo er 2021 Falschbehauptungen zum Klima verbreitete. EIKE und Vernunftkraft wiederum sind miteinander verwoben. Lobbypedia führt dazu viele Belege auf. So empfiehlt Vernunftkraft ein Buch, das der Vizepräsident von EIKE geschrieben hat.

    Es beginnt mit Windkraft-Protesten und – mündet in Verschwörungserzählungen

    Der Protest gegen den Ausbau der Windenergie ist ein demokratisches Grundrecht. Es ist legitim, wenn sich Menschen zusammenschließen und protestieren. Aber klar ist auch: Viele Bürgerinitiativen lassen sich von fragwürdigen Institutionen mit Argumenten ausstatten. EIKE schreckt dabei auch nicht vor Verschwörungserzählungen zurück. Auf der Homepage findet sich ein Zitat: „Nicht das Klima ist bedroht, sondern unsere Freiheit.“  So verstanden, ist Klimaschutz ein Unterdrückungsinstrument, das die Menschen ihre Freiheit nehme. Die Menschen, so heißt es bei EIKE, lebten in einer „Klimadiktatur“.

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    Wer generell dazu neigt, Verschwörungen hinter gesellschaftlichen Ereignissen zu vermuten, stimmt Falschinformationen zu Windrädern eher zu

    Kevin Winter, Psychologe an der Universität Hohenheim

    Bei einem Teil der Menschen verfangen solche Erzählungen. „Wer generell dazu neigt, Verschwörungen hinter gesellschaftlichen Ereignissen zu vermuten, stimmt Falschinformationen zu Windrädern eher zu“, sagt Kevin Winter, Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften an der Universität Hohenheim, im Gespräch mit EnergieWinde. „Uns hat überrascht, dass die Zustimmung zu inhaltlich sehr unterschiedlichen Falschbehauptungen zur Windenergie stark mit den Weltanschauugen der Befragten zusammenhängt – zum Beispiel, dass sie unwirtschaftlich sei oder dass sie gravierende Gesundheitsrisiken mit sich bringe. Es scheint sich hierbei also um ein geschlossenes Weltbild zu handeln“, sagt Winter im Gespräch mit EnergieWinde.

    Mit seinem Team hat er in repräsentativen Umfragen, die in Australien, Großbritannien und den USA durchgeführt wurden, herausgefunden, dass über ein Viertel der Befragten einer Vielzahl von falschen oder irreführenden Behauptungen über Windräder zustimmt. „Etwa 40 Prozent gehen sogar von geheimen Machenschaften und manipulierten Informationen beim Ausbau der Windenergie aus.“ In Deutschland zeigten sich etwas niedrigere Werte.

    Es gibt ein Gegengift gegen Anti-Windkraft-Demos: Transparenz

    Denkt man zurück an die Erlebnisse des Windenergie-Projektierers oder an die Ereignisse in Sulzbach, wird klar: Wenn es Skeptikern gelingt, diese Gruppe vor Ort zu mobilisieren, kann es eng werden mit der Zustimmung zur Windenergie und zu konkreten Planungen. Allerdings hat Kevin Winter auch Hinweise, was helfen kann gegen Falschbehauptungen: Man müsse Bedenken gegen die Windenergie ernst nehmen und die Menschen so früh und so umfassend wie möglich über Projekte informieren.

    „Sind falsche Behauptungen erst einmal im Umlauf, wird es schwer“, sagt Winter, der außerdem dazu rät, Bürger an der Planung und auch an den Erlösen aus der Windenergie zu beteiligen. „Wenn Menschen das Gefühl haben, dass Kosten und Nutzen der Windenergie fair verteilt sind und sie sich in die Projekte einbringen können, steigt die Akzeptanz. Das könnte auch Menschen überzeugen, die man nicht allein mit dem Argument Klimaschutz ansprechen kann.“

    Die Windenergie kann die Gemeinschaft in Regionen und Dörfern auf eine echte Probe stellen. Dann können groß anlegte Mediationen helfen, Frieden unter den Bewohnern zu stiften. Emanuela Boretzki und Wiebke Heider betreiben gemeinsam ein Unternehmen namens Energiewende Mediation. „Es gibt keine Veranstaltung, die ohne Emotionen auskommt“, sagt Boretzki, „und die Gefühle müssen ihren Platz bekommen.“

    Der Dialog muss konstruktiv bleiben. Mediationen können dabei helfen

    Mit Empathie und Verständnis für unterschiedliche Positionen könne es gelingen, dass sich Nachbarn immerhin wieder auf der Straße grüßten, wenn über ein Windenergieprojekt entschieden worden sei, berichten die Frauen. „Wir sehen es als Friedensarbeit, die den sozialen Zusammenhalt stärkt. Dabei ist es uns wichtig, dass unsere persönliche Meinung zur Energiewende außen vor bleibt“, erklärt Wiebke Heider. „Wir machen den Teilnehmenden deutlich, dass wir kein Interesse daran haben, ob Windenergieanlagen gebaut werden oder nicht. Als externe Mediatorinnen sind wir unserer Allparteilichkeit verpflichtet und verfolgen kein persönliches Ziel – außer, den Beteiligten eine gelingende Kommunikation zu ermöglichen.“

    Windpark an einer Autobahn in Thüringen: Es ist eine Sache, Windräder hässlich zu finden – aber eine andere, Fake News darüber zu verbreiten.

    Windpark an einer Autobahn in Thüringen: Es ist eine Sache, Windräder hässlich zu finden – aber eine andere, Fake News darüber zu verbreiten.

    Doch wie kann ein konstruktiver Dialog gelingen, wenn verschiedene Beteiligte meinen, ihre Informationen seien die einzig richtigen? Selbst in Mediationen, so berichten Boretzki und Heider, würden sie vermeintliche Fakten grundsätzlich nicht bewerten oder beurteilen. „Wir sorgen stattdessen dafür, dass beispielsweise bei der nächsten Veranstaltung eine sachkundige Person objektiv zu dem gewünschten Thema informiert und offene Fragen diskutiert werden können“, erklären sie.

    Ein weiterer wichtiger Grundsatz ihrer Arbeit sei: Für jede Information – ob belegte Tatsache oder zweifelhafte Behauptung – müsse eine Quelle genannt werden. Bei Aussagen zur Windenergie – egal, ob sie von Befürwortern oder Gegner kommen – fordern sie gleichermaßen konsequent: „Bitte nennen Sie uns die Quelle, damit wir die Informationen für alle dokumentieren können.“ Häufig passiere es jedoch, dass diese Quellenangaben ausbleiben oder nicht nachgereicht werden. Auch das sei eine wichtige Erkenntnis für alle Beteiligten – denn wer eine Behauptung nicht belege, zeige, dass kein Interesse an einem Dialog bestehe.

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    Ich befürchte, dass wir eine Renaissance des Klimaleugnertums sehen werden, wenn Zuspruch zu Parteien wie der AfD in Deutschland zunimmt

    Dieter Plehwe, Politikwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

    Auch Beteiligungsverfahren können Fake News also etwas entgegensetzen – doch wie der Kampf um die Deutungshoheit ausgeht, ist nicht ausgemacht. Dieter Plehwe ist Politikwissenschaftler, am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung beschäftigt er sich unter anderem mit Klimapolitik und den Netzwerken von Think Tanks, also Denkfabriken. Funktioniert die schlichte Leugnung des menschengemachten Klimawandels wirklich noch, obwohl die Beweislast erdrückend ist und die Folgen der Klimakrise bereits allgegenwärtig sind? „Ich befürchte, dass wir eine Renaissance des Klimaleugnertums sehen werden, wenn Zuspruch zu Parteien wie der AfD in Deutschland zunimmt“, sagt Plehwe im Gespräch mit EnergieWinde.

    Dieter Plehwe beobachtet die internationalen Netzwerke der Leugner. Im Dezember eröffnete das Heartland Institute eine Dependance in London und kündigte an, sich auch in anderen europäischen Ländern niederlassen zu wollen; dies könne auf eine Ausweitung der Aktivitäten in Europa hindeuten. Und noch etwas beobachtet der Forscher: „Die neuen Attacken gegen die Windenergie richten sich neuerdings sehr stark gegen Offshore-Projekte, in Australien ist das bereits deutlich zu sehen. Bei Windenergie an Land waren es die Vögel, die angeblich zu Tode kommen – nun sollen es die Wale sein, die durch Offshore-Anlagen angeblich Schaden nehmen.“ Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde in den USA hat dies für den Windpark Block Island bereits widerlegen können.

    „Aber“, so Plehwe, „es geht darum, Bilder von leidenden Walen in die Köpfe der Menschen zu bekommen, um sagen zu können: ‚Öl und Gas sind doch viel besser.‘“

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