Windenergie im Kleinformat

  • Search27.05.2025

Was Windräder auf Hausdächern und Balkonen leisten

Balkonkraftwerke kennt jeder, Windräder für den Hausgebrauch sind dagegen selten. Das liegt daran, dass sich die Mini-Turbinen nur selten rentieren. Dafür aber senden sie ein deutliches Signal an die Umwelt.

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    Kleinwindkraftanlage in Düsseldorf: Wie sinnvoll sind die Anlagen? Lohnt sich der Kauf?

    Kleinwindrad in einem Düsseldorfer Schrebergarten: Wie effizient laufen die Windräder im Miniaturformat?

     

    Von Daniel Hautmann

    Gut fünf Millionen Solaranlagen gibt es in Deutschland. Sie stehen in PV-Parks und auf Dächern, sie hängen an Hausfassaden oder ernten die Sonne auf Stelzen stehend über Ackerflächen. Und auch Mieter werden dank Balkonkraftwerken immer öfter Teil der Energiewende.

    Mit dem eigenen Windrad erzeugen dagegen die Wenigsten Strom. Dabei gibt es auch Windturbinen längst im Kleinformat. Manche eigenen sich für den Balkon oder das Hausdach, andere eher für das freie Feld neben dem Haus. Mehr als 300 Hersteller weltweit bieten über 1000 verschiedene Modelle an. Nimmt man die zahlreichen Anzeigen für Kleinwindräder zum Maßstab, die zuletzt in sozialen Medien zu sehen waren, scheint es durchaus einen Markt für die Kleinwindenergie zu geben.

    Die große Frage ist: Lohnt sich das? Kann man mit einem Kleinwindrad Strom erzeugen und damit Geld verdienen oder zumindest Stromkosten sparen?

    Bei Kleinwindrädern zählt dasselbe wie bei Immobilien: Lage, Lage, Lage

    „Eine Kleinwindanlage kann auch für private Hausbesitzer sinnvoll sein. Aber nur, wenn die Lage stimmt“, sagt Patrick Jüttemann, der gerade die neunte Auflage des „Kleinwind-Marktreports“ herausgebracht hat. Laut Jüttemann benötigt man eine freie Anströmung des Windes aus der Hauptwindrichtung, bei uns in der Regel also aus Westen. Entsprechende Randlagen oder freie Lagen wie bei Resthöfen können das notwendige Windpotenzial mit sich bringen.

    Der Spezialist sieht bei den Minis vor allem einen Bonus. „Der strategische Vorteil der Kleinwindkraft: Strom in den sonnenarmen Zeiten des Jahres, wenn die Fotovoltaik nicht produktiv ist. Das kann der windstarke Winter in Europa sein, aber auch die Regenzeit in südlichen Ländern.“

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    Die Energiebereitstellung von Windkraftanlagen ist generell ausgeglichener. Mittagsspitzen wie bei der PV gibt es eben nicht

    Patrick Jüttemann, Experte für Kleinwindräder

    Zudem gibt es laut Jüttemann einen klaren Vorteil fürs Netz: „Die Energiebereitstellung von Windkraftanlagen ist generell ausgeglichener. Mittagsspitzen wie bei der PV gibt es eben nicht. Es wird am meisten Strom im Herbst und Winter erzeugt, deshalb sind kleine Windkraftanlagen eine gute Ergänzung zur PV.“

    Kunden haben die Wahl: klein, mini oder mikro?

    Doch was genau ist eine kleine Windkraftanlage eigentlich? Kleinwindenergieanlagen, vom Fachmann KWEA abgekürzt, haben einen Rotordurchmesser von bis zu fünf Metern und eine Nennleistung von wenigen bis 100 Kilowatt. Zum Vergleich: Windräder an Land kommen heute oft auf das 60-Fache, Offshore-Turbinen auf das 150-Fache.

    Die Anlagen kosten zwischen ein paar Hundert und mehreren Zehntausend Euro – je nach Leistung, Größe und Qualität. Grob lassen sie sich in drei Leistungsklassen gliedern:

    • Mikrowindkraftanlagen unter fünf Kilowatt
    • Miniwindkraftanlagen fünf bis 30 Kilowatt
    • Mittelwindkraftanlagen mit 30 bis 100 Kilowatt

    Meist kommen die kleinen Windfänger neben Forschungsstationen, netzfernen Gebäuden oder auf Jachten zum Einsatz. Mit größeren Anlagen lassen sich Firmen oder Bauernhöfe versorgen. An windreichen Standorten und in Kombination mit Solaranlagen und Batteriespeichern liefern sie rund um die Uhr Energie.

    Kleinwindrad in Niedersachsen: Auf freier Fläche erzeugen die Anlagen den meisten Strom.

    Kleinwindrad in Niedersachsen: Auf freier Fläche erzeugen die Anlagen den meisten Strom.

    Kleinwindräder sind anderen Insellösungen, also Anlagen ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz wie Dieselgeneratoren, oft überlegen: Sie sind leise und brauchen keinen Sprit, der mühsam angeschafft werden muss.

    Lohnt sich der Kauf eines Kleinwindrads? Eine Beispielrechnung

    Doch was ist mit der Installation auf dem heimischen Dach oder Balkon? Hier ist Vorsicht geboten, warnt die Verbraucherzentrale: Mini-Windräder lohnen sich im Privathaushalt meist nicht, da die erzeugte Strommenge von Mikro-Windanlagen zu gering sei.

    Laut einer Musterrechnung für eine Anlage mit einem Meter Rotordurchmesser ergibt sich eine Stromerzeugung von 96 Kilowattstunden pro Jahr. Dies entspräche einem Stromwert von 33 Euro. Es brauche also Jahre, bis sich die Anschaffung amortisiere. Letztlich würde eine Solarstromanlage mit gleicher Fläche in den meisten Fällen ähnlich viel oder sogar mehr Strom erzeugen, und das viel zuverlässiger.

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    Für private Kleinverbraucher mit Netzanbindung ist Kleinwind nicht wirklich sinnvoll, weder technisch noch wirtschaftlich

    Po Wen Cheng, Professor für Windenergie in Stuttgart

    Der Frage, ob der kleinen Windkraft ein Balkonsolar-Moment bevorstehe, erteilt Windkraft-Professor Po Wen Cheng von der Universität Stuttgart daher eine Absage: „Für private Kleinverbraucher mit Netzanbindung ist Kleinwind nicht wirklich sinnvoll, weder technisch noch wirtschaftlich. Meiner Meinung nach rechnet sich das nur, wenn man Autarkie in Gegenden sucht, in denen es keine gute Netzanbindung gibt. Oder eben bei Unternehmen und Industrieanwendungen, wo Autarkie gefragt ist, etwa Telekommunikationsmasten.“

    Die Qualität der Anlagen variiert. Manche Konzepte wirken abenteuerlich

    Die Qualität der Miniturbinen ist dabei höchst unterschiedlich. Im Internet werden Bausätze vertrieben, die als Generator eine Pkw-Lichtmaschine oder einen Fahrraddynamo nutzen und von abenteuerlichen Flügeln angetrieben werden. Da gibt es professionelle, wassergeschützte und nicht rostende Turbinen, speziell für den Einsatz auf See. Sämtliche bekannten Windradkonzepte vom klassischen Dreiflügler über die Mantelturbine bis zum Savonius-Rotor sind vertreten. Wie bei den großen Anlagen hat sich auch bei den Zwergen das horizontale Konzept mit drei Rotorblättern bewährt.

    Erste Pioniere pflanzten ihre Zwerge bereits vor Jahrzehnten in die Landschaft. 1973 eröffnete das Unternehmen Ampair aus Großbritannien mit der Ampair 100 den Serienmarkt. Der sechsflüglige Mini hat 100 Watt Nennleistung und ist zum Laden von 12- oder 24-Volt-Batterien konzipiert und daher oft auf Segeljachten zu sehen.

    Auf reges Medieninteresse stieß zuletzt das Unternehmen SkyWind aus Hannover. Es hat eine kleine Anlage mit rund 800 Watt Nennleistung entwickelt. Der Clou: Die Maschine ist komplett aus Metall, selbst die aerodynamisch profilierten Flügel sind aus Aluminium. Preis: 2949 Euro. Rund 10.000 Anlagen hat SkyWind bislang verkauft.

    Müssen Kleinwindräder genehmigt werden? Die Regelungen unterscheiden sich

    In Deutschland sind KWEA für die eigene Stromversorgung Bauwerke, die je nach Höhe der Anlage genehmigungspflichtig sind. Hier hat jedes Bundesland eigene Regeln. In den meisten Ländern sind jedoch Maschinen bis zehn Meter Gesamthöhe genehmigungsfrei. Gesamthöhe heißt: inklusive Flügel. Ausgerechnet Bayern hat seit Anfang des Jahres die liberalste Regelung. Hier können Windanlagen bis 15 Meter Gesamthöhe in allen Gebietstypen genehmigungsfrei errichtet werden.

    Kleinwindanlagen dürfen in Deutschland genau wie die großen Maschinen ins Netz einspeisen – ihre Betreiber erhalten dafür eine Festvergütung von etwa neun Cent je Kilowattstunde. Damit lohnt sich ihr Betrieb praktisch nur, wenn man den Strom selbst verbraucht, also nicht ins Netz speist.

    Um Ärger mit den Nachbarn vorzubeugen, sollte zudem die Lautstärke der Windräder beachtet werden. In Wohngebieten darf es laut Bundesimmissionsschutzgesetz (TA Lärm) nachts nicht lauter als 35 Dezibel werden. Ganz anders sieht es in Industriegebieten aus: Hier sind 70 Dezibel erlaubt.

    Mini-Windräder in Wohngebieten? Experten raten oft ab

    Private Hausbesitzer sollten aufpassen, sich nicht durch irreführende Werbung blenden zu lassen, mahnen Experten. Die Mini-Windanlage mitten im Wohngebiet sei in der Regel eine Fehlinvestition. Das gelte auch für Dachinstallationen. „Der Wind ist in solchen Lagen zu schwach, die Anlage produziert viel zu wenig Strom. Das hat mit Klimaschutz nichts zu tun“, sagt Jüttemann.

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