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Der Unglücksreaktor im März 1979: 140.000 Menschen haben die Kleinstadt Harrisburg panisch verlassen.
Von Jasmin Lörchner
Für Jim Cornwell und seine Frau sollte der 28. März 1979 eigentlich ein besonders schöner Tag werden: Seine Frau lag im Lankenau Hospital im US-Bundesstaat Pennsylvania mit dem ersten gemeinsamen Kind in den Wehen. Die werdenden Eltern hätten sich auf die Geburt konzentrieren sollen, doch stattdessen spähte Cornwell immer wieder ängstlich aus dem Fenster des Kreißsaals. In die Schmerzenslaute der Geburt mischte sich die Stimme eines Radiomoderators, der nervös über den Unfall im nahe gelegenen Atomkraftwerk Three Mile Island berichtete.
Dort war am Morgen die Kühlung ausgefallen, sogar radioaktive Gase waren entwichen. „Ich erwartete, dass jeden Moment ein schreckliches grünes Leuchten am Nachthimmel erscheinen würde. Wir sollten fliehen, uns in Sicherheit bringen, dachte ich. Aber wie?“, erinnerte sich Cornwell später.
Cornwell und seine Frau bekamen in dieser Nacht einen gesunden Jungen. Doch wie Hunderttausende Einwohnerinnen und Einwohner der Gegend mussten sie noch tagelang um ihre Sicherheit bangen, bis endlich die erlösende Nachricht kam: Der GAU in Three Mile Island war abgewendet worden. Aber auch wenn es schließlich Entwarnung gab: Das Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit in die Atomkraft war erschüttert.
Dabei galt Three Mile Island als moderner Reaktor. Erst 1974 war die Anlage südlich der Kleinstadt Harrisburg am Susquehanna-Fluss ans Netz gegangen. Nach dem Energiepreisschock infolge der Ölkrise erschien die Atomkraft als effiziente Alternative zur Stromerzeugung. Als „grenzenlose, vom Menschen beherrschte Energie“ pries die Industrie sie an.
Die Betreiber wollen einen Stillstand vermeiden. Denn der ist teuer
Three Mile Island verfügte über zwei Druckwasserreaktorblöcke, die 600.000 Haushalte der Region mit Strom versorgten. Der erste Block wurde 1974 angeschlossen, der zweite 1978. Doch nur wenige Monate nach der Inbetriebnahme wurde Block zwei zum Schauplatz des bisher schwersten Atomunfalls auf amerikanischem Boden.
Das Drama begann während der Nachtschicht in den frühen Morgenstunden des 28. März 1979, heute vor 45 Jahren: Gegen vier Uhr morgens fiel eine Pumpe aus, die Kühlwasser in die Reaktoren leitete. Weil dadurch eine Überhitzung drohte, griff ein Sicherheitsmechanismus, der den Reaktor automatisch herunterfahren konnte. Doch jede Minute, in der das Atomkraftwerk keinen Strom erzeugte, bedeutete einen finanziellen Verlust für die Betreiberfirma Metropolitan Edison (MetEd).