Globale Energiewende

  • Search18.06.2024

Weitere Länder nehmen Kurs auf Offshore-Wind

Bislang setzen vor allem Europa und China auf Windkraft im Meer. Doch schon bald dürften neue Regionen hinzukommen, in Asien, Australien, Südamerika und womöglich auch in Afrika.

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    Offshore-Wind auf Taiwan: In den Gewässern der Insel drehen sich mehr und mehr Windräder.

    Windrad-Fundamente auf Taiwan: Die Insel ist einer der wichtigsten Standorte der Offshore-Windenergie in Asien.

     

    Von Volker Kühn

    Den ersten Offshore-Windpark der Welt, der 1991 vor dem dänischen Vindeby ans Netz ging, würden heute wohl viele als Nearshore-Park bezeichnen. Die nächstgelegene Turbine drehte sich kaum einen Kilometer von der Küste entfernt – kein Vergleich zu den mehrere Hundert Kilometer weit draußen liegenden Parks, die in den kommenden Jahrzehnten im deutschen Entenschnabel gebaut werden sollen. Dennoch markierte der Park einen Meilenstein in der Entwicklung Dänemarks zur Windkraftnation.

    Auf der anderen Seite der Erde schickt sich ein Land an, einen ähnlichen Weg zu gehen. Seit 2016 speisen 62 Windräder im Mekong-Delta Strom ins Netz von Vietnam ein. Von einem Offshore-Windpark kann man auch hier nicht sprechen, die Turbinen stehen dicht am Ufer im seichten Wasser. Doch wie Vindeby soll auch der Park Bac Lieu nur ein Auftakt sein. Schon bis 2030 will Vietnam eine Offshore-Wind-Kapazität von sechs Gigawatt aufgebaut haben. Zum Vergleich: Dänemark kommt heute auf knapp drei Gigawatt.

    Offshore-Wind ist für das energiehungrige Vietnam, das zu den wirtschaftlich dynamischsten Ländern Asiens zählt, eine wichtige Säule beim Aufbau einer sauberen und stabilen Stromversorgung. Die Regierung in Hanoi steht mit ihren ambitionierten Plänen im asiatischen Raum aber nicht allein. Dass China seit Jahren massiv in die Technologie investiert, ist bekannt. Inzwischen dreht sich gut jedes zweite Offshore-Windrad in chinesischen Gewässern. Aber auch Länder wie Taiwan, Japan und Südkorea haben längst mit dem Aufbau einer Offshore-Windindustrie begonnen.

    Bis Ende 2023 weltweit installierte Offshore-Wind-Kapazität nach Ländern: China liegt klar vor Großbritannien und Deutschland.  Infografik: Benedikt Grotjahn

    Ihnen dürften schon bald weitere Länder folgen. Für viel Aufmerksamkeit in der Branche sorgen etwa die Pläne der Philippinen. Das südostasiatische Land mit seinen gut 110 Millionen Einwohnern und mehr als 7000 Inseln im Westpazifik will 2030 etwa ein Drittel seines Stroms aus erneuerbaren Quellen decken. Offshore-Wind spielt eine zentrale Rolle dabei.

    Branchenbeobachter gehen davon aus, dass es die Philippinen ernst meinen mit den Plänen. Das Global Wind Energy Council (GWEC) lobte die Regierung in Manila jüngst für ihre „fortschrittliche Politik“ in der Gesetzgebung und beim Aufbau einer entsprechenden Industrie. Ausländische Investitionen in den Sektor würden ausdrücklich ermutigt.

    Noch größer sind naturgemäß die Ambitionen im bevölkerungsreichsten Land der Welt: in Indien. Das Land steht mit einer Kapazität von 45 Gigawatt hinter China, den USA und Deutschland auf Rang vier in der globalen Windenergie. Die indischen Turbinen stehen bislang allerdings ausschließlich an Land. Auf See schätzt das indische Energieministerium das Potenzial auf rund 70 Gigawatt. Eine erste Ausschreibung über vier Gigawatt fand im Februar dieses Jahres statt.

    Offshore-Wind-Ausbau bis 2033: Die Prognose des GWEC zeigt, welche Weltregionen wie stark in die Windenergie vom Meer investieren. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Aber auch außerhalb von Asien und Europa kommt die Offshore-Windenergie in Schwung. In den USA stehen zahlreiche Windparks in den Startlöchern, sowohl im Atlantik als auch im Pazifik und im Golf von Mexiko. Zum Einsatz sollen dabei sowohl fest im Meeresboden installierte Windräder kommen als auch schwimmende Windparks (Floating Wind).

    In Südamerika verfolgen vor allem zwei Länder Offshore-Wind-Pläne: Brasilien und Kolumbien. Brasilien verfügt bereits über eine starke Onshore-Industrie; Teile der Lieferkette wären auch offshore nutzbar. Außerdem hat das Land mehrere geeignete Atlantikhäfen, von denen aus Windparks installiert werden könnten. Eine zentrale Rolle dürfte dabei der Hafen von Açu nördlich von Rio de Janeiro spielen. Auf der Klimakonferenz in Dubai trat Brasilien im vergangenen Jahr der Global Offshore Wind Alliance (GOWA) bei. Wann die ersten brasilianischen Offshore-Windparks in Betrieb gehen könnten, ist allerdings noch offen. Ähnliches gilt für Kolumbien, wo derzeit Vorbereitungen für eine erste Ausschreibung laufen.

    Ein ganzes Stück weiter ist man bereits in Australien. Dort hat die Regierung im Mai sechs Machbarkeitslizenzen an Windparkprojektierer vergeben. Alle Projekte liegen vor der Küste von Gippsland in Victoria. Voraussichtlich gehen die ersten Turbinen dort Anfang der Dreißigerjahre ans Netz.

    Und auch in Südafrika beschäftigt sich die Regierung mit Offshore-Wind. Einer Studie der Weltbank von 2023 zufolge ist vor allem das Potenzial für schwimmende Parks im Atlantik und im Indischen Ozean gewaltig. Wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Ausschreibung aussehen könnten, ist einem Bericht des GEWC zufolge derzeit allerdings schwer abzuschätzen.

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