Blaue Stunde in Oslo: Robert Habeck spricht vor Unternehmern über den Import von Wasserstoff aus Norwegen.
Von Volker Kühn
Norwegen ist Deutschlands wichtigster Gaslieferant, Deutschland ist Norwegens größter Kunde. Die Energiepartnerschaft beider Länder ist eng und der Krieg in der Ukraine hat sie weiter gefestigt. Bislang liefert Norwegen fossiles Gas, künftig jedoch soll Wasserstoff aus der Pipeline kommen. Doch auch der wird auf unbestimmte Zeit vor allem aus Erdgas stammen. Das bei der Umwandlung freiwerdende CO2 soll unterirdisch deponiert werden; nach gängiger Farbenlehre ist dann von „blauem Wasserstoff“ die Rede.
Das Problem: Klimaneutral ist blauer Wasserstoff nicht. Je nachdem, wie das nötige Erdgas gewonnen wird, ist er im besten Fall emissionsarm, im schlimmsten ist der Treibhausgasausstoß beträchtlich. Eine US-Studie von 2021 kommt sogar zu dem Schluss, dass blauer Wasserstoff kaum Klimavorteile gegenüber herkömmlichem „grauen“ Wasserstoff hat. Der wird aus Erdgas erzeugt, ohne dabei das CO2 aufzufangen.
Es ist besser, Erdgas zu verfeuern als blauen Wasserstoff, sagt eine Studie
Die Forscher Mark Z. Jacobson von der Universität Stanford und Robert Howarth von der Cornell-Universität machen dafür vor allem zwei Gründe verantwortlich. Zum einen entweiche bei der Förderung und dem Transport von Erdgas immer eine gewisse Menge von Methan, einem Klimagas, das die Erderhitzung noch um ein Vielfaches stärker anfacht als CO2. Zum anderen sei es nicht möglich, 100 Prozent des bei der Wasserstofferzeugung aus Erdgas freiwerdenden CO2 aufzufangen. Das dabei angewandte Verfahren, „Carbon Capture and Storage“ oder kurz CCS genannt, könne dies nicht leisten.
Jacobson und Howarth zufolge ist es für das Klima sogar weniger schädlich, Erdgas, Kohle oder Öl direkt zu verfeuern, als blauen Wasserstoff einzusetzen. Dabei berücksichtigen sie in ihrer Studie nicht einmal eine zumindest theoretische Gefahr für die Klimabilanz von blauem Wasserstoff: Das unterirdisch entsorgte CO2 könnte wieder entweichen. In Norwegen, wo CCS bereits seit 1996 eingesetzt wird, war dies bislang allerdings auch nicht der Fall.