Wäre es am Ende also sinnvoller, Kohle noch länger zu nutzen?
Howarth: So sehr es mich schmerzt, das Verbrennen von Kohle zu befürworten, aber ich denke schon. Europa und Deutschland befinden sich in einer sehr ungewöhnlichen Situation. Man kann sich fragen, ob es so klug war, sich von fossilen Brennstofflieferungen aus Russland abhängig zu machen. Ich habe mich jedenfalls in den letzten zehn Jahren sehr darüber gewundert. Aber nichtsdestotrotz sind Sie in Europa momentan von diesen Lieferungen abhängig. In Anbetracht dessen sollte man alles tun, was man kann, um so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Es handelt sich nun einmal um eine Notsituation. Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur funktioniert zudem nicht über Nacht – und die Investitionen, die dahinterstehen, will die Industrie dann sicherlich über die nächsten 20 oder 30 Jahre refinanzieren. Man bindet sich also erneut langfristig an einen fossilen Brennstoff. Die Infrastruktur für Kohle ist immerhin vorhanden. Warum also nicht für diese paar Jahre das Undenkbare tun und statt LNG mehr Kohle verbrennen? Und sich dann so schnell wie möglich von der Kohle entwöhnen.
Deutschland hat eine Energiepartnerschaft mit Katar für die Lieferung von LNG vereinbart. Macht es einen Unterschied, ob Deutschland LNG aus Katar, Australien, Afrika oder den USA importiert?
Howarth: Je weniger Zeit es auf See ist und je kürzer man das LNG lagert, desto besser. Denn das Herunterkühlen und die anschließende Kühlhaltung verbrauchen zusätzliche Energie. Wir sollten wirklich anfangen zu messen, welche Emissionen mit der Superkühlung und dem Transport verbunden sind. Was den Ursprung des LNG anbelangt: Das hängt von den Emissionen des Ausgangsmaterials ab. Auch hier haben wir nur wenig Daten. Die besten Informationen haben wir über die Methanemissionen aus der Erdgasförderung in den USA, weil wir seit zehn bis zwölf Jahren sehr intensiv daran arbeiten. Wir haben schon 2011 vor den Methanemissionen beim Fracking gewarnt. Die besten Daten zeigen, dass die Methanemissionen aus Gas in den USA im Durchschnitt etwa dem weltweiten Durchschnitt entsprechen. Und dass einige Länder zweifellos schlechter und andere wahrscheinlich besser sind – dazu gehört Katar. Aber im Detail wissen wir es mit Blick auf die weltweite Förderung noch nicht.