Windräder (hier in Baden-Württemberg) und Solaranlagen tragen die Hauptlast im künftigen Energiesystem.
Von Volker Kühn
Gelegentlich tritt in Deutschland eine Wetterlage auf, die Skeptikern der Energiewende als Totschlagargument dient: eine tagelange Dunkelflaute. Dann verschwindet die Sonne hinter grauen Wolken oder Nebel und es weht kaum ein Windhauch; meist ist das im Januar oder Februar der Fall. Solaranlagen und Windräder liefern dann kaum Strom. Stattdessen laufen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke auf Hochtouren – also genau die Anlagen, von denen sich Deutschland bis 2045 schrittweise verabschiedet.
Funktioniert die Energiewende folglich nur an Schönwettertagen?
„Nein“, sagt Carsten Agert, Direktor des DLR-Instituts für Vernetzte Energiesysteme in Oldenburg. „Technisch gesehen ist eine stabile Energieversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien verlässlich möglich.“ Allerdings müsse sich dazu die Art, wie Deutschland seinen Strom erzeugt, speichert und verbraucht, grundlegend ändern.
Elektrogeräte laufen im Idealfall erst dann, wenn viel Ökostrom im Netz ist
Die Herausforderung dabei ist eine doppelte: Zum einen muss das schwankende Stromangebot aus Wind und Sonne möglichst gut mit der ebenfalls schwankenden Stromnachfrage in Einklang gebracht werden. Haushaltsgeräte und Fabrikmaschinen etwa, die nicht pausenlos gebraucht werden, springen im Idealfall genau dann an, wenn besonders viel Ökostrom in die Netze flutet.
Zum anderen müssen für Zeiten, in denen die Strommenge nicht reicht, Reservekapazitäten auf Basis von Speichern geschaffen werden. Sie müssen kurzfristig einspringen können und zur Not tagelang reichen. Die Energieversorgung muss also sehr viel flexibler als in der alten Welt werden, in der große, aber träge Braunkohle- und Atomkraftwerke einfach durchliefen.
„Das Gute ist: Wir kennen alle technologischen Lösungen, die dazu nötig sind“, sagt Energiewissenschaftler Agert.