Gebt mir ein E! In China, dem größten Automarkt der Welt, dürften bald dauerhaft mehr Elektroautos als Verbrenner verkauft werden.
Von Volker Kühn
Das menschliche Gehirn ist ein unübertroffenes Wunderwerk. Keine andere Spezies verfügt über ein so hochentwickeltes Organ; es befähigt uns zur Sprache und zu komplexem Denken, es hat uns Musik, Malerei, Medizin und die Mondfahrt geschenkt. Doch leider schleppt unser Gehirn bis heute eine Altlast aus der Steinzeit mit sich: lineares Denken.
Menschen sind es gewohnt, die Welt in direkten Ursache-Wirkung-Beziehungen wahrzunehmen. Unser Gehirn vereinfacht Informationen, um sie schneller verarbeiten zu können. Deshalb denken wir linear: zwei, vier, sechs, acht, zehn. Evolutionär war dieses Denken ein Vorteil. Sprang der sprichwörtliche Säbelzahntiger aus dem Busch, ging es um rasche Entscheidungen, nicht um das Durchspielen komplexer Szenarien.
Die Realität hält sich allerdings nicht immer an unser lineares Drehbuch, Pandemien und der Klimawandel sind Beispiele dafür. Sie verlaufen exponentiell: zwei, vier, acht, sechzehn, zweiunddreißig.
Wir wissen das, und doch fällt es uns schwer, uns vorzustellen, dass nächste Woche schon die halbe Stadt infiziert sein könnte, wenn es heute nur zwei Dutzend Erkrankte gibt. Mit der Erderwärmung sieht es ähnlich aus, es gibt Kipppunkte und Rückkopplungseffekte, die den Temperaturanstieg befeuern. Die Kurve steigt immer steiler an.
Wir stecken mitten im Umbruch. Auch wenn es nicht alle mitbekommen haben
Dies vorweggeschickt, lässt sich womöglich besser verstehen, was gerade im Cleantech-Sektor passiert, also bei der Entwicklung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen, die darauf abzielen, die Umweltbelastung zu reduzieren und die Ressourceneffizienz zu verbessern. Viele dieser Technologien fristeten lange Zeit ein Nischendasein, die Wind- und Solarenergie etwa. Dass sie sich zum Rückgrat der Stromversorgung entwickeln könnten, erschien vielen kaum vorstellbar. (Oder wünschenswert: Unvergessen ist die Kampagne deutscher Energieversorger, die in Zeitungsanzeigen behaupteten, die Erneuerbaren könnten „auch langfristig nicht mehr als vier Prozent unseres Strombedarfs decken“.)
Doch viele saubere Technologien haben die Nische inzwischen verlassen – mit einer Geschwindigkeit, die auch Experten verblüfft. Das Rocky Mountain Institute (RMI), eine Nonprofit-Organisation aus den USA, spricht von einer echten „Cleantech-Revolution“. Der Treiber dabei ist der rasante Preisverfall für Technologien wie Solarmodule, Batterien und Elektroautos. Er heizt einen globalen Boom an, und die gestiegene Nachfrage wiederum drückt die Preise zusätzlich.