Beteiligungsmöglichkeiten

  • Search03.03.2025

Wie Kommunen von Windparks profitieren

Es gibt eine ganze Reihe von Modellen, um Gemeinden und Anwohner an Windparks zu beteiligen. Doch nicht jedes fördert die Akzeptanz vor Ort in gleichem Maße. Die wichtigsten Formen im Überblick.

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    Bürgerwindpark in NRW: Entscheidend für die Akzeptanz ist, dass ein möglichst großer Teil der Wertschöpfung vor Ort bleibt.

    Bürgerwindpark in NRW: Je deutlicher die Anwohner spüren, dass sie von Windrädern profitieren, desto höher ist die Zustimmung.

     

    Von Kathinka Burkhardt

    Finanzielle Beteiligungsmodelle fördern die Akzeptanz von Windrädern, indem sie den Menschen in ihrer Umgebung Vorteile bieten. Je transparenter diese Vorteile sind und mehr Anwohner profitieren, desto positiver wird die Windkraft wahrgenommen. Forschende unterscheiden zwischen aktiver Teilhabe, bei der Menschen direkt in einen Windpark investieren und eine Rendite erwirtschaften, und passiver Teilhabe, bei der sie indirekt profitieren, etwa durch Zahlungen an ihre Gemeinde, mit denen diese Einrichtungen wie Kindergärten oder Sportplätze unterhält. Auch vergünstigte Stromtarife zählen zur passiven Teilhabe.

    Es gibt keine bundeseinheitlichen Regeln oder Vorschriften, wie Anwohner zu beteiligen sind. Welche Form gewählt wird, hängt von wirtschaftlichen Faktoren und den Planern des jeweiligen Windparks ab. Ist eine Gemeinde selbst der Bauherr, profitieren unterschiedliche regionale Akteure wie die Projektgesellschaft, das Wartungspersonal, Grundstückseigentümer und Anwohner. Entscheidend für die Akzeptanz ist, dass ein möglichst großer Teil der Wertschöpfung vor Ort bleibt.

    Dies sind die neun wichtigsten Beteiligungsmöglichkeiten:

    Beteiligungsregelungen im EEG

    Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat der Gesetzgeber eine finanzielle Beteiligung von Gemeinden an Windparks in Höhe von 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunde pro Jahr vorgesehen. Die Regelung ist nicht verpflichtend, es handelt sich vielmehr um eine „Soll-Vorschrift“. Das Geld kann an Gemeinden in einem Umkreis von 2,5 Kilometern fließen. Die 2021 eingeführte Regelung galt zunächst nur für neue Anlagen, wurde mit der EEG-Novelle von 2023 aber auf Bestandsanlagen erweitert. Wie genau die Beteiligung jeweils aussieht, hängt vom Investor und allen beteiligten Unternehmen ab. Da ein Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums 2023 zu dem Schluss kam, dass die Regelung nicht verpflichtend für alle Bundesländer gelten kann, haben viele Landesregierungen eigene Gesetze auf den Weg gebracht. Dadurch können zwar deutliche finanzielle Anreize geschaffen werden, doch die unterschiedlichen Gesetzeslagen führen dazu, dass diese Anreize regional variieren.

    Länderregelungen

    Mecklenburg-Vorpommern hat 2016 als erstes Bundesland mit seinem Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz eine Regelung zur finanziellen Teilhabe von Kommunen eingeführt. Es sieht Investitionsangebote an Anwohner und Kommunen in einem Umkreis von fünf Kilometern vor. 2019 folgte Brandenburg mit einem eigenen Teilhabegesetz, das für jedes neue Windrad eine anteilige Zahlung von 10.000 Euro im Jahr für Kommunen im Umkreis von drei Kilometern festlegt. Einen gewissen Bekanntheitsgrad hat dadurch Mühlenfließ erlangt, das allein im vergangenen Jahr nur damit mehr als 300.000 Euro einnahm – abseits der Gewerbesteuer. Die Akzeptanz ist dem Bürgermeister zufolge allerdings nicht uneingeschränkt gestiegen. Vielmehr seien die Bürger trotz finanzieller Teilhabe gespaltener Meinung.

    2024 zogen Nordrhein-Westfalen, Niedersachen, Thüringen, Sachsen und das Saarland mit eigenen Gesetzen nach; aktuell sind sechs ähnliche Regelungen etwa in Sachsen-Anhalt und Bayern in Planung. In NRW sieht das Gesetz etwa eine obligatorische Beteiligung der Anwohner in Form von Nachrangdarlehen vor. Niedersachsen fordert eine zusätzliche Beteiligung in Höhe von 0,1 Cent je Kilowattstunde und Jahr. In manchen Ländern ermöglichen die Regelungen auch Formate wie eine Beteiligung an der jeweiligen Betreibergesellschaft, günstigere Stromtarife oder Bonuszahlungen für Anwohner.

    Bürgerenergiegenossenschaften

    In Schleswig-Holstein haben viele Bürger zu Beginn der Energiewende Kommanditgesellschaften oder Genossenschaften gegründet, um einen Bürgerwindpark zu bauen und zu betreiben. Sowohl die Kosten als auch die Gewinne werden dabei geteilt und über eine Bank finanziert. Ob der gewonnene Strom selbst genutzt oder verkauft wird, darauf müssen sich die Mitglieder einigen. In Sachen Akzeptanz besteht in diesem Modell ein Nachteil, da nur eine begrenzte Zahl an Bürgern profitiert. Denn nicht alle verfügen über ausreichende finanzielle Mittel, um sich zu beteiligen. Schließlich müssen sie nicht nur investieren, sondern auch in der Lage sein, gegebenenfalls Kosten oder Verluste zu schultern. Wer keinen Vorteil durch einen solchen Bürgerwindpark hat, kann eine sehr ablehnende Haltung entwickeln.

    Nachrangdarlehen

    Dieses Instrument dient Investoren dazu, das nötige Geld aufzubringen, um den Bau eines Windparks zu finanzieren. Zugleich bietet es sowohl Anwohnern als auch ortsfernen (Klein-)Anlegern die Möglichkeit, ihr Erspartes in saubere Energien zu investieren und eine Rendite zu erwirtschaften. Oft werden dazu Crowdfunding-Modelle gewählt. Doch Nachrangdarlehen sind nicht ohne Risiko: Geht eine Betreibergesellschaft pleite, bekommen zuerst alle anderen Gläubiger ihr Geld zurück, in der Regel also Fremdkapitalgeber wie Banken. Da bleibt mitunter kein Geld mehr für Nachrangdarlehensgeber übrig, sodass die erwarteten Zinszahlungen und das einmal geliehene Geld verloren sind. Windparkbetreiber können Nachrangdarlehen nutzen, um die Akzeptanz ihres Projekt zu fördern, indem sie vorrangig Anwohnern die Möglichkeit bieten, sich darüber zu beteiligen.

    Genussschein, Inhaberschuldverschreibung oder Sparbrief

    Auch diese Anlageprodukte richten sich grundsätzlich sowohl an Anwohner als auch andere Interessierte. Verkauft werden die Produkte entweder über eine Bank oder direkt über einen Windparkbauer oder -betreiber. Dafür gibt es in der Regel ein von der Banken- und Finanzaufsicht (Bafin) geprüftes Prospekt mit allen Risiken und Regelungen. Wer über einen Genussschein oder Sparbrief in einen Windpark investiert, sollte sich vor allem mit der Anlageklasse auskennen und die Risiken bei einem Ausfall des Windparks oder der anhängigen Unternehmen kennen. Genau wie Nachrangdarlehen kann auch diese Form der finanziellen Teilhabe auf Anwohner beschränkt werden. Der erhoffte akzeptanzsteigernde Effekt beschränkt sich allerdings auf Menschen, die 1000 Euro und mehr für solche Investments übrighaben.

    Flächenpachtmodell

    Bei einem Flächenpachtmodell schließt der Projektentwickler individuelle Pachtverträge mit den Eigentümern der Grundstücke ab, auf denen die Windräder stehen sollen oder die für Bau und Betrieb genutzt werden. Jeder Eigentümer erhält eine Pacht, deren Höhe meist davon abhängt, in welcher Form die jeweilige Fläche genutzt wird. In der Praxis sorgt das vor Ort oft für Ärger, denn die Verhandlungsposition der Flächenbesitzer ist naturgemäß unterschiedlich. Manche können einen besseren Preis für ihre Felder heraushanden als andere.

    Deshalb empfehlen Bundesländer und Experten das Modell des Flächenpoolings. Dabei schließen sich Landbesitzer zusammen, um gemeinsam eine Pacht auszuhandeln, die hinterher gerecht verteilt wird. Doch auch dieses Vorgehen kann Nachteile haben: Einzelne Grundeigentümer erzielen womöglich geringere Einnahmen, als sie bei einem Alleingang herausschlagen könnten. Für die Betreiber wiederum kann das Flächenpooling zu so hohen Pachtzahlungen führen, dass die Rendite signifikant sinkt und ihnen wenig Möglichkeiten für andere Beteiligungsmöglichkeiten bleiben.

    Anwohnerbonus und vergünstigte Strompreise

    Einen direkten Effekt kann die Windenergie vor Ort haben, wenn die Bürger von dem vor ihren Augen gewonnenen Strom unmittelbar profitieren. Aus diesem Grund hat sich vielerorts ein Anwohnerbonus als hilfreich erwiesen, der die Stromkosten der Bürger senkt. Dabei können Kommunen oder Windparkbetreiber Bürgern mit Wohnsitz vor Ort für ihre Stromrechnung einen Zuschuss von zum Beispiel 120 Euro im Jahr gewähren. Voraussetzung ist allerdings in der Regel ein Ökostromtarif bei einem Stromversorger, mit dem der Windpark zusammenarbeitet.

    Direktinvestitionen vor Ort

    Eine weitere Möglichkeit zur Förderung der Akzeptanz besteht darin, dass Windparkprojektträger direkt in die Infrastruktur einer Gemeinde investieren, beispielsweise in den Ausbau der Internetversorgung. Auch kulturelle Einrichtungen oder gezielte Landschaftsmaßnahmen können langfristig durch Patenschaften oder Bürgerstiftungen gefördert werden. Bei dieser Form der finanziellen Beteiligung fließt zwar kein Geld unmittelbar an die Kommune oder die Bürger; es handelt sich folglich um eine passive Teilhabe. Doch das Gemeindeleben wird für alle sichtbar gefördert, sodass der Windpark in den Augen der Menschen vor Ort sinnvoll erscheinen kann.

    Kommunale finanzielle Teilhabe

    Wenn Kommunen selbst Flächen besitzen und für Windparks freigeben, haben sie in der Regel den größten Hebel in der Hand, um einen möglichst großen Vorteil vor Ort zu schaffen. Manche Kommunen nutzen die Windkraft dann für ein eigenes Wärme- und Stromnetz. Dadurch erzielen sie Einnahmen, die für Projekte wie Spielplätze, Kitas oder ein neues Feuerwehrhaus genutzt werden können. Zudem entsteht die Möglichkeit, in der Energieversorgung unabhängig zu werden. Viele Experten halten diese Form der Teilhabe für besonders sinnvoll. Denn wenn die Gemeinde für alle sichtbar über die Verwendung der Mittel diskutiert und die Bürger in diesen Prozesse eingebunden sind, ist für jeden transparent, worin genau der Vorteil des Projekts vor Ort liegt. Das unterscheidet kommunale Windparkprojekte oft von Investorenprojekten. Als vorbildliches Beispiel gilt der Windpark der Gemeinde Fuchstal in Bayern.

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