Akzeptanz für Windkraft

  • Search27.02.2025

Geld ist nicht alles

Der Ausbau der Windkraft wird nur dann im nötigen Umfang gelingen, wenn die Bevölkerung dahintersteht. Die finanzielle Beteiligung von Anwohnern ist ein Baustein dazu. Mindestens ebenso wichtig sind zwei weitere.

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    Der Ausbau der Windkraft wird nur dann im nötigen Umfang gelingen, wenn die Bevölkerung dahintersteht. Die finanzielle Beteiligung von Anwohnern ist ein Baustein dazu. Mindestens ebenso wichtig sind zwei weitere.

    Windpark am Rande des Harzes: Je früher und transparenter Anwohner in geplante Projekte eingebunden werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie auch umgesetzt werden.

     

    Von Kathinka Burkhardt

    Windräder haben etwas vom Scheinriesen Tur Tur aus „Jim Knopf“. Zwar bleiben sie im Gegensatz zur berühmten Romanfigur auch dann noch groß, wenn man sich ihnen nähert. Allerdings schrumpfen die Berührungsängste. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Akzeptanz von Windrädern Umfragen zufolge bei Anwohnern höher ausfällt als bei Menschen in windkraftfernen Gegenden.

    Und dennoch kommt es immer wieder vor, dass Windparkprojekte scheitern, weil sich vor Ort erbitterter Widerstand regt. Nicht selten stehen dahinter bundesweit operierende Windkraftgegner. Sie unterstützen gezielt lokale Initiativen, um Projekte zu verhindern, teils auch mit Fake News über die Energiewende. Umso wichtiger ist es für Klimaschützer und Windparkbetreiber, für eine möglichst breite Akzeptanz zu werben. Andernfalls wird die Windenergie die ihr zugedachte Rolle als Rückgrat der Energieversorgung in einer klimaneutralen Welt nicht erfüllen können.

    Die gute Nachricht: Mittel und Wege dazu gibt es durchaus.

    Windräder sind weithin sichtbar – und oft emotional aufgeladen

    Dass sich gerade an der Windkraft Proteste entzünden, ist für Matthias Diermeier keine Überraschung. „Windräder sind die emotional aufgeladene Infrastruktur der Energiewende“, sagt der Leiter des Bereichs Gesellschaftsforschung am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Gespräch mit EnergieWinde. Sie seien geradezu ein Marker für die Präferenz einer bestimmten Partei; wer mit ihr nicht einverstanden sei, lehne auch die Windkraft ab.

    Diermeier und seine Kollegen haben gerade eine Kurzstudie zur Akzeptanz der Windenergie in Deutschland veröffentlicht. Von den 2400 befragten Personen, unter denen weniger gebildete Bürger unterrepräsentiert waren, unterstützen 54,7 Prozent neue Anlagen „eher“, oder „voll und ganz“, 23,2 Prozent „teils/teils“ und 22 Prozent lehnen diese ab. Gleichzeitig schlüsselte die Umfrage auf, wie die Unterstützung je nach Parteipräferenz ausfällt. Wenig überraschend: die größte Zustimmung findet sich unter den Wählern der Grünen, die geringste bei denen von AfD und BSW.

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    Die Ergebnisse zeigen, dass unabhängig von der Parteizugehörigkeit eine höhere Akzeptanz dort erkennbar ist, wo Menschen bereits Erfahrungen mit Windkraftanlagen in ihrem direkten Wohnumfeld gemacht haben

    Matthias Diermeier, Gesellschaftsforscher am IW

    Ein Aspekt sticht dabei allerdings ins Auge: Wenn ein Windrad also bereits steht, arrangieren sich damit auch Anhänger einer Partei, die den Ausbau eigentlich ablehnt. „Die Ergebnisse zeigen, dass unabhängig von der Parteizugehörigkeit eine höhere Akzeptanz dort erkennbar ist, wo Menschen bereits Erfahrungen mit Windkraftanlagen in ihrem direkten Wohnumfeld gemacht haben“, sagt Diermeier.

    In den neuen Bundesländern läuft der Trend anders: Hier wächst die Ablehnung

    Das gilt allerdings nicht überall. In Ostdeutschland hat die Ablehnung zuletzt zugenommen, obwohl in einigen Bundesländern bereits viele Windparks stehen. In diesen Regionen spielt aus Sicht von Experten ein besonderes Narrativ eine Rolle: Die Windkraft gelte hier oft als Projekt einer abgehobenen Elite in den Großstädten. Sie pflastere die Heimat anderer mit einer Technologie zu, ohne selbst betroffen davon zu sein.

    Diese Argumentationslinie spielt Parteien wie der AfD und BSW in die Karten und ist eines der vielen Puzzleteile, die dazu führen, dass sie in Ostdeutschland mehr Menschen gewinnen als etwa in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, wo ebenfalls viele Windparks stehen.

    Windkraftleistung an Land nach Bundesländern 2024: Beim Ausbau der Windenergie herrscht ein krasses Nord-Süd-Gefälle. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Die gewachsene Ablehnung in Ostdeutschland ist ein Problem: Denn auch hier sollen laut dem Wind-an-Land-Gesetz zwei Prozent der Landesfläche für Windparks ausgewiesen werden. Ziel ist es, das Gefälle zwischen den Bundesländern zu senken, um den Stromproduktion gleichmäßiger zu verteilen. „Wenn künftig zwei Prozent der gesamten deutschen Fläche für Windkraft vorgesehen wird, kann das zu einer deutlichen Verschiebung der aktuellen Konzentration in einzelnen Bundesländern führen“, sagt Diermeier.

    Akzeptanz ist für die Energiewende auf zwei Ebenen besonders wichtig: Die grundsätzliche Unterstützung der Gesellschaft ist notwendig, um auf politischer Ebene Regulierungen zu erlassen, die den Ausbau vorantreiben. Das ist in den vergangenen Jahren gelungen und schlägt sich in den Genehmigungszahlen nieder: 2405 Windkraftanlagen an Land wurden 2024 deutschlandweit genehmigt – 86 Prozent mehr als 2023.

    Nachdem jahrelang Flaute in der deutschen Windinstrie herrschte, zeichnet sich 2024 eine echte Trendwende in den Ausschreibungen ab. Infografik: Andreas Mohrmann

    Doch Genehmigungszahlen sind nur die eine Seite. Auf der anderen stehen die Menschen, die vom Ausbau in ihrer Heimat betroffen sind. „Es ist keine Frage, dass vor allem die Bürger vor Ort in diesen Projekten mitgenommen werden müssen und deshalb auch von der Windkraft profitieren sollen“, sagt Frank Sondershaus, Referent für Akzeptanz und Beteiligung der Fachagentur Wind und Solar. Das Zauberwort dafür heißt Teilhabe. Die Anwohner sollen konkret von den Windparks profitieren.

    Die Voraussetzungen dafür unterscheiden sich allerdings oft von Gemeinde zu Gemeinde. „Ob und wie stark Menschen vor Ort von einem Windrad profitieren, hängt davon ab, wo sie leben, wem die Flächen gehören und ob die Kommune frühzeitig und erfolgreich die Initiative ergreift“, sagt Sondershaus im EnergieWinde-Gespräch.

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    Wenn nur anonyme Investoren oder wenige Grundbesitzer von einem Windpark profitieren, dann fördert dies schnell Missgunst und Neid

    Frank Sondershaus, Fachagentur Wind und Solar

    Akzeptanzforschern zufolge sind drei Dinge maßgeblich dafür, ob ein Projekt Unterstützung findet: der erkennbare finanzielle Vorteil, frühzeitige Transparenz und Gestaltungsmöglichkeiten. „Wenn nur anonyme Investoren oder wenige Grundbesitzer von einem Windpark profitieren, dann fördert dies schnell Missgunst und Neid“, sagt Sondershaus.

    Im Idealfall profitiere die gesamte Gemeinde. Denn dann fänden sich genügend Unterstützer, die potenziellen Windkraftgegnern widersprächen. Die Möglichkeiten zur Beteiligung sind dabei vielfältig. Dazu zählen etwa Bürgerwindparks, vergünstigte Strompreise für Anwohner und Zahlungen an die Gemeindekasse.

    Geld allein hilft selten: „Die Menschen lassen sich nicht kaufen“

    Wenn bereits Gerüchte kursieren und Windkraftgegner Fakten schaffen, bevor konkrete Planungen stehen, wird die Umsetzung schwierig. Die Gemeinden müssten so früh wie möglich aktiv werden, sagt Sondershaus. Flächeneigentümer oder Projektentwickler müssten Entscheidungen im Sinne des Gemeinwohls treffen, um den Anwohnern von Beginn an reale Vorteile aufzuzeigen, etwa durch gut gewählte Instrumente für eine aktive oder passive finanzielle Beteiligung.

    Geld allein hilft allerdings selten, wenn die Gegnerschaft schon groß ist. Sei das Thema bereits hochgejazzt, spielten monetäre Punkte eine untergeordnete Rolle, sagt IW-Experte Diermeier. Menschen ließen sich nicht einfach kaufen.

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