Offshore-Wind und Biodiversität
- 27.06.2023
Rückenwind für Artenvielfalt
Neue Hummerheimat
Um Offshore-Windräder vor der Strömung zu schützen, werden an den Fundamenten Steine aufgeschüttet. So entsteht ein Biotop, das dem felsigen Untergrund rund um Helgoland ähnelt – ideal für Hummer. Im Windpark Riffgat hat die Biologische Anstalt Helgoland 3000 junge Großkrebse ausgesetzt. Nach einigen Jahren erreichte der Bestand eine Dichte wie im natürlichen Lebensraum. Der Unterschied: Im Windpark sind die Hummer schneller gewachsen als in der Zucht. Taschenkrebse siedeln sich von allein an.
Schutzzone für Kabeljau und Co.
Windparks sind für Fischkutter tabu. Deshalb finden Arten wie Kabeljau und Wittling zwischen den Fundamenten geschützte Laichgründe. Auch das Nahrungsangebot ist an den künstlichen Riffen vielfältiger, wie eine Studie des Thünen-Instituts für Seefischerei gezeigt hat. Nach dem Bau wandern außerdem bislang nicht im Gebiet vorkommende Arten ein: Im Windpark Alpha Ventus dokumentierten Forscher etwa die Ansiedlung von Seebull, Makrele und Leierfisch.
Riffe aus dem 3-D-Drucker
In der Meerenge Kattegat zwischen Dänemark und Schweden ist der Kabeljaubestand auf einen Tiefstand gesunken. In der Folge ist das gesamte Ökosystem verarmt. Um seine Widerstandsfähigkeit zu stärken, wurden im Offshore-Windpark Anholt zwölf künstliche Riffe aus dem 3-D-Drucker ausgebracht. Die bis zu einer halben Tonne schweren Elemente dienen Jungfischen als sicherer Rückzugsraum. So kann sich der Bestand der Art erholen.
Rückkehr der Austernbänke
Die Pazifische Auster hat sich in der Nordsee rasant verbreitet, die Europäische Auster gilt dagegen als nahezu ausgestorben. Dabei hat die heimische Art den Meeresboden früher großflächig bedeckt. Im niederländischen Gemini-Windpark soll auf acht Hektar wieder eine Austernbank entstehen. Forscher haben Hunderttausende Baby-Austern ausgesetzt. Vor Grundnetzschleppnetzen geschützt, soll sich ein Riff bilden, das Tiere wie Krebse, Tintenfische, Anemonen und Haie anzieht.
Muscheln, Algen und Seelilien
Wie bei einem Wrack heften sich Muscheln, Kleinkrebse und Pflanzen an die unter Wasser liegenden Bauteile von Windrädern. Diese künstlichen Riffe bieten einen Lebensraum für viele weitere Arten. Sowohl Biodiversität als auch Biomasse steigen, haben Forscher im Windpark Alpha Ventus festgestellt. Die Anlagen bieten sich auch für die Aquakultur von Lebensmitteln an: Im Projekt Kriegers Flak werden Miesmuscheln, Zuckertang, Seesalat und Lappentang auf Leinen kultiviert.
Starthilfe für Korallenriffe
Die immer wärmeren Ozeane gefährden Korallen und die Lebensgemeinschaften ihrer Riffe. Forscher des Penghu Marine Biology Research Center wollen Turbinen zum Refugium für die Nesseltiere machen. Dazu wird angeschwemmter Korallenlaich gesammelt (Foto) und im Labor kultiviert. Die Larven werden in Netzkäfigen an Unterwasserstrukturen eines taiwanesischen Windparks platziert. Dort bekommen die Korallen genug Licht, zugleich schützt sie das kühlere Wasser aus der Tiefe vor Wärme.