Klimaschutz

  • Search07.04.2024

Forschung hoch drei

Solarkraftwerke im All, künstliche Photosynthese und stromerzeugende Straßen: Klingt nach Science-Fiction, könnte eines Tages aber helfen, Energie zu gewinnen und das Klima zu schützen. Ein Blick in die Labors von Forschern weltweit.

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    Von Volker Kühn

    Die Menschheit verfügt über alles, was sie braucht, um die Erderhitzung zu stoppen. Die erneuerbaren Energien sind erprobt und werden immer effizienter, zugleich wächst die Leistungsfähigkeit von Speichern rasant. Jetzt kommt es darauf an, diese Technologien entschlossen auszubauen, um fossile Rohstoffe zu verdrängen.

    Trotzdem läuft auch die Forschung an neuen Formen der Energieerzeugung und -speicherung weiter. Manchen dient sie als Vorwand, um die Energiewende zu verschleppen: Warum Solarparks bauen, wenn eine technologische Wunderwaffe eines Tages womöglich alle Probleme löst? Lasst uns bis dahin weiter Kohle, Öl und Gas verbrennen.

    Dass das fatal wäre, ist offenkundig. Denn es bleibt nicht mehr viel Zeit, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu verhindern; gefährliche Kipppunkte rücken näher.

    Und dennoch ist faszinierend, woran Forscherinnen und -forscher weltweit arbeiten. Manches wird vielleicht nie Realität. Anderes hat durchaus Potenzial und könnte eines Tages tatsächlich helfen. Vielleicht ist sogar die Wunderwaffe darunter, die irgendwann alles viel einfacher macht.

    Hier sind drei Beispiele für erstaunliche Forschungsvorhaben, irgendwo zwischen abgedreht und (womöglich) alltagstauglich.

    Solarenergie aus dem All

    So groß die Fortschritte der Fotovoltaik auch sind, ein Problem bleibt ungelöst: Wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, liefern Solarzellen keinen Strom. Und einen Horizont gibt es nun mal überall auf der Erde.

    Aber nicht im Weltall. Hier schieben sich auch keine Wolken vor die Sonne. Kein Wunder also, dass schon Science-Fiction-Urvater Isaac Asimov 1941 davon träumte, die Kraft der Sonne im All anzuzapfen.

    Inzwischen machen sich Forschende in den USA, Europa und China daran, die Idee in die Tat umzusetzen. Das California Institut of Technology (Caltech) hat 2023 sogar bereits einen waschmaschinengroßen Testsatelliten ins All geschickt. Ob Fotovoltaik auch im All funktioniert, ist dabei nicht die Frage – schließlich arbeitet beispielsweise auch die Weltraumstation ISS damit. Entscheidend ist vielmehr, wie die gesammelte Energie zur Erde geschickt werden soll.

    Forscher der Weltraumagenturen Nasa und Esa favorisieren dafür Mikrowellenstrahlen. Im Gegensatz zu Laserstrahlen sind sie für die Umgebung ungefährlich, auch wenn sie beispielsweise das Handynetz stören könnten. Allerdings müssten im All quadratkilometergroße Sonnensegel installiert werden, um relevante Energiemengen zu sammeln. Und auf der Erde müssten großformatige Antennenfelder installiert werden, um die Mikrowellen zu empfangen.

    Die Caltech-Forscher probieren es erst einmal im Kleinformat: mit bereits installierten Antennen im kalifornischen Pasadena. Jedes Mal, wenn der Satellit sie überfliegt, soll er kleine Energiemengen zur Erde senden. Dass die drahtlose Übertragung von Energie per Mikrowellenstrahlen grundsätzlich möglich ist, haben Tests auf der Erde bereits gezeigt. Allerdings ist die Technologie bislang sehr ineffizient. Ob Solarkraftwerke im All eine Zukunft haben, steht daher in den Sternen.

    Foto: ESA

    Künstliche Photosynthese

    Hätten nicht irgendwann zwischen dem Urknall und heute Pflanzen mit dem Prozess der Photosynthese begonnen, wäre aus der Spezies Mensch nichts geworden. Denn wie viele noch vage aus dem Biologiebuch wissen dürften, liefern uns Pflanzen bei der Photosynthese quasi als Abfallprodukt den überlebenswichtigen Sauerstoff.

    Der Mensch ist allerdings nicht nur darauf angewiesen, dass Pflanzen Sauerstoff in die Atmosphäre abgeben, sondern zunehmend auch darauf, dass sie der Atmosphäre ein Gas entziehen: CO2. Sie nutzen es zusammen mit Sonnenlicht und Wasser als Rohstoff zum Wachsen.

    Diesen Vorgang machen sich Klimaschutzprojekte zunutze, bei denen es darum geht, der Atmosphäre klimaschädliches CO2 zu entziehen. Das geschieht auf natürlichem Wege, etwa durch die Aufforstung von Wäldern, und in kleinerem Maßstab bereits auch künstlich. Direct Air Capture heißt dieses Verfahren.

    Künftig wollen Forscherinnen und Forscher auch den Prozess der Photosynthese künstlich nachbauen. Genau wie Pflanzen, Algen und manche Bakterien es tun, wollen sie Sonnenlicht nutzen, um CO2 aus der Luft einzufangen und in andere Stoffe umzuwandeln. In der Idealvorstellung würden die Anlagen ohne Anbindung an das Stromnetz einzig mit dem Sonnenlicht Stoffe wie Alkohole oder Methan produzieren und dabei CO2 binden.

    Geforscht wird daran in verschiedenen Ländern weltweit, in Deutschland unter anderem am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg.

    Foto: Picture-Alliance/Zoonar

    Stromerzeugende Straßen

    Der Straßenverkehr ist ein Energiefresser. Ganz gleich ob Verbrenner über den Asphalt rollen oder Elektroautos, mit jedem Kilometer schrumpfen die Reserven in Tank und Akku.

    Straßen können allerdings auch Energie erzeugen. Das haben Forschende in verschiedenen Projekten weltweit gezeigt. In der Londoner Bird Street etwa gibt es einen kleinen Abschnitt, der die Energie aus den Schritten von Fußgängern aufnimmt und in Strom umwandelt. Um die fünf Watt sollen dabei pro Schritt zusammenkommen. Nicht viel, aber es zeigt, was möglich ist.

    Effizienter arbeiten Solarradwege in den Niederlanden. In den Provinzen Nordbrabant und Nordholland wurden zwei Radwege mit einer Fotovoltaikbeschichtung ausgestattet. Wie gut sich die Paneele im Alltag bewähren, soll nun ein längerer Test zeigen.

    Und auch herkömmlicher Asphalt könnte zur Energiegewinnung genutzt werden. Der heizt sich im Sommer nämlich besonders stark auf. Tüftler in den USA möchten die Hitze mit Hilfe eines in der oberen Asphaltschicht installierten Systems aus Rohren nutzen. Wasser oder ein Kühlmittel könnte diese Wärme aufnehmen und etwa eine Wärmepumpe versorgen. Nebeneffekt: Der Asphalt würde gekühlt, sodass er sich bei Hitze weniger stark verformen würde.

    Foto: Picture-Alliance/dpa

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