Selbst wenn es gelingt, die Akzeptanz der Menschen vor Ort zu gewinnen: Kann Deutschland wirklich eines Tages seinen kompletten Energiebedarf erneuerbar erzeugen?
Maatsch: Nein. Aber das muss es auch gar nicht. Hinter Ihrer Frage steht der Gedanke, dass Deutschland autark sein müsse, aber das ist Unsinn. Im Übrigen funktioniert das auch in einer fossilen Welt nicht: Die Kohle und das Gas in den deutschen Kraftwerken stammen zum größten Teil aus dem Ausland. Und auch in der erneuerbaren Welt der Zukunft werden wir einen Großteil der Energie importieren – schon deshalb, weil manche Regionen viel besser für die Erzeugung geeignet sind. Im Sonnengürtel der Erde gehen die sogenannten Gestehungskosten der Solarenergie schon heute gegen Null.
Sie haben es selbst schon angesprochen: Sonne und Wind stehen nicht immer zur Verfügung. Wie wollen Sie sicherstellen, dass in Zukunft nicht das Licht ausgeht?
Maatsch: Durch eine überregionale und europaweite Vernetzung unserer stark national geprägten Stromsysteme, durch den Ausbau von Speichern und durch sogenannte Back-up-Kraftwerke, die die schwankende Versorgung aus Erneuerbaren ideal ergänzen und zu jeder Zeit die konstant im Netz benötigte Energiemenge liefern können. Das werden unter anderem Gasturbinen sein. Darin wird dann allerdings kein konventionelles Erdgas verfeuert, sondern Gas, das mithilfe von Ökostrom per Elektrolyse aus Wasserstoff hergestellt wird.
Wir haben bislang viel über das Große und Ganze der Energiewende gesprochen. Aber was kann jeder Einzelne von uns tun, um dem Klima zu helfen?
Maatsch: Ich glaube, die gängigsten Maßnahmen sind allgemein bekannt. Wer nach Gran Canaria fliegt, sollte sich bewusst sein, dass er genauso viel CO2 in die Luft bläst wie durch ein ganzes Jahr Autofahren. Wir sollten weniger tierische Lebensmittel essen und uns über den ökologischen Fußabdruck unserer Produkte informieren. Aber für noch viel wichtiger halte ich etwas anderes.
Nämlich?
Maatsch: Wir müssen unsere Rechte und Pflichten als Bürger wahrnehmen, uns über das informieren, was die politischen Parteien planen und dies aktiv mitgestalten. Was bringt es, wenn ich auf meinen Gran-Canaria-Urlaub verzichte, aber mein Kreuz bei einer Partei mache, die sich seit Jahren gegen jede Form der CO2-Bepreisung stemmt? Die politischen Rahmenbedingungen sind der stärkste Hebel beim Übergang in eine umweltfreundliche Zukunft.
Die Fragen stellte Volker Kühn.