„Deutschland wird zum Strombettler“ – so titelte die „Bild“-Zeitung bereits 2023. Seither legt das Blatt gern nach, wenn das Land Phasen erlebt, in denen es mehr Strom importiert als exportiert. Der Tenor: Durch die Energiewende samt Atom- und Kohleausstieg gerate Deutschland zunehmend in Abhängigkeit vom Ausland; obendrein müsse Deutschland viel für den Auslandsstrom bezahlen.
Richtig ist, dass Deutschland zuletzt tatsächlich mehr Strom aus dem Ausland eingeführt als ins Ausland geliefert hat. Doch die Behauptung einer Abhängigkeit ist ebenso falsch wie das Bild vom Strombettler. Denn in Wirklichkeit importiert Deutschland den Strom nicht, weil es sich nicht selbst versorgen könnte, sondern schlicht, weil es in manchen Zeiten günstiger ist, Strom aus dänischen Windparks, österreichischen Wasserkraftwerken oder auch französischen Atommeilern zu beziehen. Denn diese Quellen sind in der Regel günstiger als deutsche Kohle- und Gaskraftwerke, die ansonsten hochgefahren werden müssten, wenn die Erneuerbaren gerade weniger Strom liefern als nachgefragt wird. Die Stromimporte sind also eine rationale ökonomische Entscheidung, durch die Verbraucher und Unternehmen hierzulande Geld sparen. Die Versorgung könnte auch mit heimischen Kraftwerken gedeckt werden. Nur wäre es dann teurer.