Geschichte der Klimakonferenzen

  • Search17.11.2025

Kopenhagen als Warnung, Paris als Hoffnung

Mal Meilensteine, mal Trippelschritte: Seit 30 Jahren ringt die Welt auf Klimakonferenzen um die Zukunft. Ein Blick zurück zeigt, warum die COP30 trotz widriger Umstände noch Fortschritte bringen könnte.

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    Von Lisbeth Schröder

    Es sind Tage, die Bilder für die Geschichtsbücher liefern: Wenn einmal im Jahr Staats- und Regierungschefs aus fast 200 Ländern zusammenkommen, um mit Wissenschaftlern, indigenen Gruppen, Umweltschützern und Lobbyisten über das Klima zu sprechen, geht es um die Zukunft des Planeten. Derzeit ist das brasilianische Belém Gastgeber der „Conference of the Parties“ (COP), wie die Weltklimakonferenz offiziell heißt. Die Stadt am Rande des Amazonas wurde bewusst gewählt, denn kaum ein Ort zeigt deutlicher, wie eng Klimaschutz und der Erhalt der Wälder miteinander verbunden sind. Es ist die COP30, die dreißigste Konferenz seit Beginn der Klimaverhandlungen im Jahr 1995.

    Ein Blick zurück zeigt, wie mühsam Fortschritte auf diesen Treffen oft waren – und welche Kräfte dennoch immer wieder Bewegung brachten. Einige Treffen endeten in Ernüchterung, andere erreichten Historisches: ein Streifzug durch die Geschichte der Klimakonferenzen.

    Die Vorgeschichte: Stockholm und Rio de Janeiro

    In den Sechzigerjahren werden die Umweltprobleme der wachsenden Weltbevölkerung unübersehbar. In den Metropolen leiden die Menschen unter dem Smog von Autos und Kohlekraftwerken, saurer Regen fällt, die Medien warnen vor dem Waldsterben. Auch der menschengemachte Klimawandel ist zu diesem Zeitpunkt längst bekannt.

    Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Schweden 1972 die Weltumweltkonferenz ins Leben ruft, die erste große UN-Zusammenkunft zu internationalen Umweltfragen. Es ist die Zeit des Kalten Krieges, und im Umweltschutz erkennen die Schweden ein Ziel, hinter dem sich die ganze Welt über Blockgrenzen hinweg vereinen soll. Laut einem Bericht des Stockholm International Peace Research Institute wollte Schweden mit der Konferenz vor allem die internationale Zusammenarbeit stärken. Die Länder sollten sich gegen einen neuen Feind zusammentun: die Zerstörung der Umwelt.

    Die Stockholmer Konferenz stieß einen Prozess an, der Umweltfragen zu einem Thema der Weltgemeinschaft machte, das langsam an Bedeutung gewann. Bis zum nächsten Meilenstein sollten aber noch zwei Jahrzehnte ins Land gehen: 1992 unterzeichneten 178 Staaten auf dem sogenannten Erdgipfel in Rio de Janeiro die Agenda 21. Damit wurde der Klimawandel offiziell zu einem „gemeinsamen Problem der Menschheit“ erklärt. Ab nun war man sich also sicher: Wir müssen etwas tun. Nur was genau?

    Helmut Kohl reist zur UN-Konferenz 1992 in Rio an. Der „Erdgipfel“ war wegweisend für nachhaltige Entwicklung: Er legte die Grundlage globaler Klima- und Umweltpolitik.

    Helmut Kohl reist zur UN-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro an. Der „Erdgipfel“ legte die Grundlage für die globale Klima- und Umweltpolitik der folgenden Jahrzehnte.

    Der Auftakt: Merkel eröffnet die COP-Ära

    Drei Jahre später folgte die erste offizielle Weltklimakonferenz. Gastgeber war Deutschland. Die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel leitet die Konferenz mit den Worten ein: „Wie wir hier in Berlin miteinander reden, wie wir fähig sind, Probleme zu lösen – das wird ein Symbol dafür sein, ob es gelingen kann, globale Probleme gemeinsam in Angriff zu nehmen oder nicht.“

    So wolkig wie diese Worte, so nebulös war auch das Ergebnis des Treffens. Konkrete Handlungsanweisungen beschlossen die Delegierten nicht. Und dennoch: Die Konferenz legt viele der Grundsteine für die Verhandlungen – insbesondere auch für das Kyoto-Protokoll.

    Angela Merkel eröffnet 1995 in Berlin die erste Klimakonferenz. Das Treffen bringt zwar wenig Konkretes, markiert aber dennoch den Auftakt ernsthafter Bemühungen der Weltgemeinschaft um Klimaschutz.

    Angela Merkel eröffnet 1995 in Berlin die erste Klimakonferenz. Das Treffen bringt zwar wenig Konkretes, markiert aber dennoch einen Meilenstein in der Geschichte des Klimaschutzes: Von nun an verhandeln die Staaten der Welt einmal jährlich, wie das Antlitz des Planeten in Zukunft aussehen soll.

    Die ersten konkreten Ziele: Das Kyoto-Protokoll

    Bisher waren sich die Staaten nur einig, dass sie das Klima schützen wollen. Aber sie hatten noch nicht festgelegt, wie genau. Dafür diente das Kyoto-Protokoll, das bei der dritten Weltklimakonferenz 1997 in Japan beschlossen wurde. Es war der weltweit erste verbindliche Vertrag zur Verringerung der Emissionen.

    Zwar galt die Reduktion zunächst nur für 37 Industrienationen und die EU, die ihre Emissionen um durchschnittlich fünf Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 senken sollen. Und tatsächlich zeigt sich unter anderem durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Modernisierung der Industrie in den Industrieländern eine Verbesserung.

    Schaut man jedoch auf die gesamte Welt, so sind die CO2-Emissionen von 1990 bis 2018 aus der Verbrennung fossiler Energien um knapp 60 Prozent gestiegen. Das zeigt: Eine effiziente Klimapolitik gelingt nur, wenn alle Länder mitziehen.

    Zwei Jahre nach dem Auftakt der Klimakonferenzen wird es 1997 konkret: Im japanischen Kyoto beschließt die Weltgemeinschaft ein Protokoll mit Zielen zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes.

    Der Rückschlag: Die Konferenz von Kopenhagen scheitert

    Die COP15 2009 in Kopenhagen hätte zum nächsten Meilenstein der globalen Klimapolitik werden sollen. Sie galt als entscheidender Moment für ein verbindliches globales Klimaabkommen nach dem Kyoto-Protokoll. Die Konferenz sollte ambitionierte Ziele für Emissionsreduktionen und Finanzhilfen für Entwicklungsländer festlegen.

    Sie scheiterte jedoch an tiefen Konflikten zwischen Industrie- und Schwellenländern, fehlender Transparenz und mangelnder Kompromissbereitschaft. Sie endet mit hohlen Bekundungen, wie etwa, dass sich alle Länder den Anpassungen des Klimawandels stellen müssten.

    Die Klimakonferenz von Kopenhagen markiert einen Rückschlag in den globalen Verhandlungen zum Schutz des Klimas. Daran ändert auch der Einsatz des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore nichts.

    Die Klimakonferenz von Kopenhagen markiert einen Rückschlag in den globalen Verhandlungen zum Schutz des Klimas. Daran ändert auch der Einsatz des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore nichts.

    Der Durchbruch: das Pariser Klimaabkommen von 2015

    Sechs Jahre später kamen 196 Länder zur Konferenz von Paris zusammen, um einen Weltklimavertrag auszuarbeiten, der ab 2020 gelten sollte. Weil es in der Vergangenheit nicht gelungen war, die Welt als Ganzes auf ein einheitliches Ziel zu verpflichten, sollten die Staaten nun eigene Ziele vorlegen. Das Abkommen setzte damit auf Flexibilität und Eigenverantwortung, um alle Länder einzubinden, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage oder ihrem Emissionsniveau.

    Seit 2020 müssen die Länder nun laut dem Pariser Abkommen alle fünf Jahre neue Pläne für ihren nationalen Klimaschutz vorlegen. Das Ziel: die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, besser noch auf 1,5 Grad.

    Laut dem Klimaforscher Niklas Höhne von der Universität Wageningen hat das Pariser Klimaschutzabkommen „etwas ins Rollen gebracht“, das nicht mehr aufzuhalten ist: die Revolution erneuerbarer Energien, den Kohleausstieg oder das Ende des Verbrennungsmotors zum Beispiel.

    Doch der Prozess ist kein Selbstläufer. Viele Länder der Welt werden derzeit von Regierungen geführt, die Klimaschutz wenig Bedeutung einräumen oder ihn gar ablehnen. Zehn Jahre nach Paris steht der globale Klimaschutz aus Sicht vieler Beobachter damit erneut an einem Scheidepunkt.

    Jubel zum Abschluss der Pariser Klimakonferenz 2015: Delegierte aus fast 200 Staaten haben sich auf ein historisches Abkommen zum Schutz des Klimas geeinigt.

    Als das Abkommen von Paris steht, bricht Jubel im Sitzungssaal aus. Im Bild (von links): UN-Klimachefin Christiana Figueres, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, COP21-Präsident Laurent Fabius und Frankreichs Präsident François Hollande.

    Wie geht es weiter in Belém?

    Corona, Kriege und eine schwierige Wirtschaftslage haben das Thema Klima in vielen Teilen der Welt in den Hintergrund gerückt. Die USA haben keine hochrangige Delegation nach Belém gesendet, und die Europäische Union hat erst kurz vor der Konferenz Klimaschutzmaßnahmen beschlossen. Allerdings solche, die laut Höhne ein „klarer Rückschritt in der Klimapolitik“ sind.

    Wie soll die Konferenz vor diesem Hintergrund ein Erfolg werden? Die Herausforderung in Belém wird zum einen sein, dass sich Staaten in solchen Zeiten individuell für mehr Klimaschutz einsetzen. Sie müssen sich aber auch einig werden. Denn das Problem, an dem auch schon frühere Konferenzen wie in Kopenhagen gescheitert sind: Beschlüsse müssen einstimmig und nicht nur mit einer Mehrheit beschlossen werden. Bei fast 200 Staaten ist das mehr als heikel.

    Klimakonferenzen können Meilensteine oder Trippelschritte bringen, im schlimmsten Fall auch Stillstand. Doch dürfen sie nicht isoliert betrachtet werden. Jede Konferenz hat die Grundsteine dafür gelegt, was auf der nächsten passiert ist. Das wird auch in Belém so sein, ob im Guten oder im Schlechten.

    Die Konferenzen sind aber nicht die einzigen Orte, auf denen das Weltklima verhandelt wird. Daneben gibt es viele weitere, die sich oft nur mit Teilaspekten beschäftigen, etwa mit der CO2-Bepreisung, der Methanreduktion oder CO2-freien-Autos. Wenn auf diesen Treffen einzelne Gruppen von Ländern ambitionierter voranschritten als auf den großen COPs, könne auch das viel bewirken, so Höhne.

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