Die Wetterextreme nehmen zu. Landwirte spüren das in der Trockenheit ihrer Äcker – und im Ausschlag der Agrarpreise.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf seinen 1250-Hektar-Betrieb nahe Rostock sind für Hubertus Paetow bisher noch handhabbar. Dürresommer wechseln sich mit Normalwetterlagen und starken Regenfällen in einem Maße ab, mit dem der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) durchaus wirtschaften kann. Aber mit Blick auf die dramatischen Entwicklungen in anderen Regionen der Welt fordert Paetow (54), der als Mitglied des Rats für nachhaltige Entwicklung (RNE) die Bundesregierung berät, mehr Entschiedenheit beim Klimaschutz. Das gelte für die Politik, vor allem aber auch für die Gesellschaft.
Herr Paetow, die Bundesregierung hat ihre Nachhaltigkeitsstrategie jüngst überarbeitet. Ist die Arbeit von Ihnen und Ihren 14 Kollegen im Nachhaltigkeitsrat damit getan?
Hubertus Paetow: Auf keinen Fall. Jetzt müssen wir endlich die Frage beantworten, wie wir zu Klimaneutralität und Nachhaltigkeit kommen. Was heißt nachhaltige Stromproduktion, wie entwickeln wir eine Wasserstoffinfrastruktur? Und schaffen wir Klimaschutz über ein Steuersystem oder einen Zertifikatehandel? Das sind die Fragen, die beantwortet werden müssen. Dafür werden wir gemeinsam mit Wissenschaftlern der Leopoldina im Juni eine Studie vorlegen, in der zahlreiche konkrete Klimaschutzmaßnahmen analysiert und bewertet werden.
Die Bundesregierung hat ihre Klimaschutzpläne zumindest schon mal nachgebessert. Was muss weiter passieren?
Paetow: Vor zehn Jahren wurden die Trassen zum Stromtransport beschlossen, heute ist noch keine einzige gebaut. Wir brauchen jetzt keine Ziele mehr, wir brauchen konkretes Handeln. Da hilft auch kein Gerichtsurteil vom Bundesverfassungsgericht oder ein politisches Vorhaben, sondern es muss ein richtiger Ruck durch die Gesellschaft gehen. Alle müssen sagen: Ja, der Klimawandel steht vornan, den müssen wir mit allen Mitteln verhindern und dies sind die konkreten Dinge, die wir als Gesellschaft jetzt tun. Es muss übergeordnet, vor allen anderen Vorhaben, um grünen Strom, Wasserstoff und entsprechende Infrastrukturen gehen.