Von Julia Graven
Mit Sturm haben sie in der südostbayerischen Kleinstadt Hauzenberg Erfahrung. Franz Grillhösl, Geschäftsführer der dortigen Waldbesitzervereinigung Wegscheid, erinnert sich mit Schrecken an „Kolle“, einen Gewittersturm, der 2017 innerhalb weniger Minuten verheerende Schäden in den gut 9000 Hektar Wald seines Vereins angerichtet hat. Ein Viertel der Flächen, schätzt Grillhösl, ist durch den Jahrhundertsturm, die Dürrejahre 2018 und 2019 sowie durch den Borkenkäfer geschädigt. Große Teile des Fichtenbestands sind nicht mehr zu retten. Die Stimmung bei den Waldbesitzern: ratlos.
Da könnte man meinen, dass der Plan des Windkraftentwicklers BayWa r.e. wie gerufen kommt: Die Tochterfirma des Agrarhändlers BayWa will im Osten Hauzenbergs vier Windräder auf einer Anhöhe im Wald bauen, die Strom für 10.000 Haushalte liefern sollen. Die Flächen gehören unter anderem dem Vorsitzenden der Waldbesitzervereinigung. „Natürlich würde er mit dem Windrad mehr verdienen als mit dem Wald“, sagt Grillhösl, der dem Windprojekt skeptisch gegenübersteht. Mit seiner Skepsis ist er nicht allein im Ort.
Als der Plan bekannt wird, findet die Bürgermeisterin tote Mäuse im Briefkasten
Denn auch das Windkraftprojekt sorgte in Hauzenberg für einen Sturm – einen Sturm der Entrüstung. Im Sommer 2019 eskalierte der Streit: Windkraftgegner schickten ihre Kinder mit großen Protestschildern vor die Kameras der Presse, die Bürgermeisterin erhielt Protestbriefe mit toten Mäusen und einem roten Pulver, die Kripo ermittelte. Eineinhalb Jahre später berichtet Projektentwickler Karsten Biennek von BayWa r.e. am Telefon, dass in Hauzenberg gerade erst die Windmessungen begonnen haben. Eine Entscheidung über die Windräder liegt in weiter Ferne.