Laufzeit von Offshore-Windparks

  • Search23.09.2025

Lebensverlängernde Maßnahmen

Offshore-Windräder müssen nach bisheriger Rechtslage nach 25 Jahren wieder abgebaut werden. Dabei hätte ein Weiterbetrieb volkswirtschaftlich und ökologisch Vorteile, wie eine Studie zeigt.

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    Offshore-Windpark Middelgrunden vor Kopenhagen: Der Bürgerwindpark hätte eigentlich 2026 zurückgebaut werden müssen. Doch seine Laufzeit wurde auf 50 Jahre verlängert.

    Der Offshore-Windpark Middelgrunden vor Kopenhagen läuft seit 2001. Kürzlich wurde die Lizenz verlängert.

     

    Von Volker Kühn

    Vor einem Vierteljahrhundert beschritten 8600 Kopenhagener Neuland in ihrer Energieversorgung. Im flachen Ostseewasser vor der Stadt planten sie einen Offshore-Windpark in Bürgerhand. 2001 ging er in Betrieb. Noch immer liefern die 20 Zwei-Megawatt-Turbinen vier Prozent des Stroms der dänischen Hauptstadt, auch wenn der Hersteller Bonus längst in Siemens Gamesa aufgegangen ist.

    Doch eigentlich hätte im kommenden Jahr Schluss sein müssen. Nicht weil die Anlagen des Middelgrunden getauften Parks inzwischen zu störanfällig wären – das lässt sich mit Wartungen und Modernisierungen in den Griff bekommen. Sondern weil die Betriebsgenehmigung nach 25 Jahren auslief.

    Allerdings verlängerte die Dänische Energieagentur kürzlich die Lizenz um weitere 25 Jahre, und die der ebenfalls betagten Offshore-Windparks Nysted und Samsø gleich mit.

    Viele Anlagen sind noch in Schuss, wenn die Genehmigung ausläuft. Und dann?

    Die Dänen sind damit Pioniere. Es ist eine Rolle, die ihnen naturgemäß zufällt, schließlich waren sie 1991 weltweit die ersten, die mit dem kleinen Windpark Vindeby den Schritt in die Offshore-Windenergie wagten. Folglich stehen sie auch als Erste vor der Frage, was passiert, wenn die Lizenz der Parks abläuft, aber die Turbinen noch gut in Schuss sind. Und das dürfte bei einem Großteil der Fall sein, auch wenn es noch nicht viele Erfahrungswerte gibt. Jahr für Jahr kommen mehr Windparks an diesen Punkt, wie die Infografik zeigt.

    Alter der Offshore-Windparks weltweit: Die ältesten Anlagen sind bereits seit gut drei Jahrzehnten in Betrieb. Die Branche fordert, die Genehmigungsdauer zu verlängern. Infografik: Benedikt Grotjahn

    In Deutschland laufen die ersten Genehmigungen für Offshore-Windparks 2040 aus. Lediglich das 2010 in Betrieb genommene Testfeld Alpha Ventus wird schon vorher vom Netz gehen; dort wird derzeit ein Konzept für den Rückbau erarbeitet. Aber was ist mit den übrigen Parks?

    Rückbau oder Verlängerung? Eine BDEW-Studie spielt Szenarien durch

    Damit hat sich kürzlich eine Studie des Fraunhofer IWES im Auftrag des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) befasst. Im Zentrum stand die Frage, ob sich die Parks unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten auch über die bislang vorgesehenen 25 Jahre hinaus weiterbetreiben lassen.

    Die Forschenden haben das beispielhaft anhand des sogenannten DolWin-Clusters untersucht. Das ist eine Gruppe von Windparks in der Nordsee, die zu den ersten gehören werden, die das Rentenalter erreichen. Sie spielten dabei fünf verschiedene Szenarien durch, von einem direkten Rückbau entsprechend der geltenden Rechtslage bis hin zu einem gestaffelten Weiterbetrieb mit anschließendem Rück- und Neubau.

    Liste der deutschen Offshore-Windparks: Die Grafik zeigt Name, Leistung und Inbetriebnahme aller 31 Windparks in deutschen Gewässern bis 2024. Infografik: Beneditk Grotjahn
    Windgeschwindigkeiten in der deutschen Nordsee und erwartbare Volllaststunden von Offshore-Windrädern: Je geringer die Abschattungseffekte, desto höher die Stromproduktion. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Nirgendwo stehen Offshore-Windräder so dicht nebeneinander wie in der deutschen Nordsee. Hier liegt die Leistungsdichte in Megawatt pro Quadratkilometer im Schnitt besonders hoch. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Der Offshore-Wind-Ausbau ist eine Herkulesaufgabe: Die Infografik zeigt, in welchen Bereichen die Lieferkette um welche Größenordnung erweitert werden muss. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Die Karte zeigt, wo derzeit in Europa Produktionskapazitäten und Fabriken für den Ausbau der Offshore-Windenergie aufgebaut werden. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Geplanter Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland von 2026 bis 2034. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Liste der deutschen Offshore-Windparks: Die Grafik zeigt Name, Leistung und Inbetriebnahme aller 31 Windparks in deutschen Gewässern bis 2024. Infografik: Beneditk Grotjahn
    Windgeschwindigkeiten in der deutschen Nordsee und erwartbare Volllaststunden von Offshore-Windrädern: Je geringer die Abschattungseffekte, desto höher die Stromproduktion. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Nirgendwo stehen Offshore-Windräder so dicht nebeneinander wie in der deutschen Nordsee. Hier liegt die Leistungsdichte in Megawatt pro Quadratkilometer im Schnitt besonders hoch. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Der Offshore-Wind-Ausbau ist eine Herkulesaufgabe: Die Infografik zeigt, in welchen Bereichen die Lieferkette um welche Größenordnung erweitert werden muss. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Die Karte zeigt, wo derzeit in Europa Produktionskapazitäten und Fabriken für den Ausbau der Offshore-Windenergie aufgebaut werden. Infografik: Benedikt Grotjahn
    Geplanter Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland von 2026 bis 2034. Infografik: Benedikt Grotjahn

    In die Analyse floss eine Reihe von Faktoren ein, etwa die zu erwartenden Stromerträge bei einem Weiterbetrieb, mögliche Ausfallraten, Investitions- und Betriebskosten sowie die Kosten für einen Rückbau und den Bau neuer Parks.

    Auch die Lieferkette wurde berücksichtigt. Zulieferer und Häfen sind bereits heute stark ausgelastet, und mit dem geplanten Hochlauf der Offshore-Windenergie in den kommenden Jahren wird sich die Situation verschärfen. Wenn zeitgleich Schiffe, Crews und Hafenflächen gebraucht werden, um Altanlagen zurückzubauen, wird es nicht einfacher. Würde man die Stilllegungen zeitlich strecken, könnte das Entlastung schaffen.

    Längere Laufzeiten hätten Vorteile – wirtschaftlich und ökologisch

    Auf Basis der fünf untersuchten Szenarien kommt die Studie für das DolWin-Cluster zu klaren Ergebnissen:

    • In allen Szenarien sinken die volkswirtschaftlichen Kosten, wenn die Windparks bis zu 35 Jahre lang betrieben werden.
    • Die Stromerträge steigen mit längeren Laufzeiten, und zwar umso mehr, je besser der Rückbau zusammenliegender Flächen koordiniert wird.
    • Die Belastung der Lieferkette sinkt.
    • Es kommt zu niedrigeren Belastungen des Ökosystems im Vergleich zum frühzeitigeren Rückbau der Bestandswindparks.

    Die Studie stellt dabei klar, dass sich diese Ergebnisse zunächst nur auf das DolWin-Cluster beziehen. Inwieweit sie auch für andere Gebiete gelten, müsse noch untersucht werden.

    Der BDEW als Auftraggeber der Studie spricht sich vor diesem Hintergrund dafür aus, ein Konzept für den Weiterbetrieb zu erstellen. „Die Studie verdeutlicht, dass ein koordinierter Weiterbetrieb von Offshore-Windparks und -Netzanbindungssystemen erhebliche Vorteile für Kosteneffizienz und Umweltbilanz beim Offshore-Wind-Ausbau haben kann,“ sagt BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae. „Entscheidend ist, dass Betreiber dafür möglichst frühzeitig Planungssicherheit erhalten, um Betriebs- und Wartungsstrategien entsprechend anzupassen und die mit dem Alter zunehmende Störanfälligkeit der Anlagen gezielt zu adressieren.“

    „Laufzeitverlängerungen können eine sinnvolle Ergänzung zur Ausbaupolitik sein“

    Ähnlich äußert sich der Bundesverband Windenergie Offshore (BWO). Dort verweist man auf Anfrage von EnergieWinde auf das Vorgehen in Dänemark: „Die Erfahrungen aus Dänemark zeigen, dass Laufzeitverlängerungen eine sinnvolle Ergänzung zur regulären Ausbaupolitik sein können, sofern sie klar geregelt und umweltverträglich ausgestaltet sind.“ Grundlage seien gezielte Prüfungen zu Sicherheit, Wartung und Umweltschutz, die teilweise mit angepassten Auflagen wie häufigeren Wartungsintervallen verbunden seien.

    Nicht nur der Business-Case verbessert sich – sondern auch die CO2-Bilanz

    Auch aufseiten der Hersteller hält man einen längeren Betrieb grundsätzlich für möglich. Zwar seien die meisten Offshore-Windturbinen auf Basis von Umweltfaktoren wie Windgeschwindigkeit und Wellenhöhe für eine Lebensdauer von 25 Jahren ausgelegt. „Sollten bei einem spezifischen Projekt die äußeren Bedingungen vorteilhaft sein, können im Einzelfall projektspezifisch auch längere Lebensdauern möglich sein“, erklärte ein Sprecher von Siemens Gamesa auf EnergieWinde-Anfrage. Dies könne entweder schon in der Planungsphase entschieden werden oder aber auch nach einigen Betriebsjahren, wenn man die realen äußeren Bedingungen eines Windparks besser kenne.

    „Eine möglichst lange Lebensdauer unserer Anlagen verbessert den Business-Case unserer Kunden und hilft somit, den Wind Offshore-Markt für Investoren noch attraktiver zu machen“, so der Sprecher. Zusatzeffekt: Eine Verlängerung verbessere auch die ohnehin schon gute CO2-Bilanz der Turbinen.

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