Selfie beim Gleitflug über den Bergen: Klaus Ohlmann (unten) sieht zahlreiche Parallelen zwischen Segelflugzeugen und Windrädern.
Von Daniel Hautmann
Windkraftanlagen und Segelflugzeuge haben zahlreiche Gemeinsamkeiten. Zwar fliegen Windturbinen nicht in großen Höhen, und Segler liefern keinen Strom, doch arbeiten beide mit demselben physikalischen Phänomen: Auftrieb. Während Flugzeuge ihn nutzen, um in der Luft zu bleiben, setzen Windradflügel ihn in eine Drehbewegung um.
Segelflug und Windkraft haben aber noch viel mehr Parallelen. „Die eingesetzten Materialien kommen alle aus den modernen Segelfluganwendungen. Glasfaser, Kohlefaser und Kevlar wurden oftmals zunächst in den Werkstätten der akademischen Flugsportgruppen und anderer Tüftler verbaut“, sagt Segelflugprofi Klaus Ohlmann.
1956 hob das weltweit erste komplett aus Kunststoff gefertigte Flugzeug ab, der Segler „fs 24 Phönix“. Das Modell läutete ein neues Zeitalter im Flugzeugbau ein. Schon ein Jahr später fand die Glasfaserverbundbauweise ihren Weg in das erste Windkraft-Rotorblatt. Dahinter steckte derselbe erfahrene Segelflieger und Flugzeugkonstrukteur, der die „fs 24 Phönix“ mitentworfen hatte: der österreichisch-deutsche Ingenieur und Hochschullehrer Ulrich W. Hütter. Hütter lehrte unter anderem an der Universität Stuttgart und wendete als erster die Prinzipien der Aerodynamik auf Windkraftflügel an. Damit legte er den Grundstein für moderne Turbinen.
Segelflieger müssen leicht und aerodynamisch sein. Genauso wie Rotorblätter
Ebenfalls in Stuttgart, am Institut für Flugzeugbau der Universität, erfolgte in den Achtzigerjahren die aerodynamische Auslegung der Rotorblätter für die legendäre „Große Windkraftanlage“ Growian. Gebaut wurden sie ganz in der Nähe beim Segelflugzeugbauer Schempp-Hirth in Kirchheim-Teck. Auch hier hatte Hütter seine Finger im Spiel. „Die Synergie zwischen Segelflugzeugbau und der Windkraft wird durch Professor Hütter deutlich“, sagt Po Wen Cheng, Windkraft-Professor an der Uni Stuttgart.