Von Jasmin Lörchner
Drei zentrale Fragen begleiten die Atmosphärenforscherin Jennifer Francis seit Beginn ihrer Karriere: Wie verändert sich die Arktis? Wie beeinflusst die schnelle Erwärmung der Polregion das globale Klimasystem? Und welche Rolle spielt dabei die Eisschmelze? Das Interesse für die Arktis hat vor mehr als 30 Jahren eine andere große Leidenschaft der Amerikanerin geweckt, das Segeln. 1984 fuhr sie mit ihrem heutigen Ehemann während einer fünfjährigen Weltumsegelung weit in den Nordatlantik, der Nordpol war nur noch 800 Kilometer entfernt. Nach der Reise entschied sich Francis, ihr Studienfach zu wechseln: Von Zahnmedizin sattelte sie auf Meteorologie mit einem Fokus auf arktisches Wetter um. „Ich hatte das Gefühl, die Region könnte Hilfe gebrauchen“, sagt Francis.
Aktuell leben die Wissenschaftlerin und ihr Ehemann auf einem Segelboot. Sie waren gerade im Begriff, in See zu stechen, als unsere Interviewanfrage in ihrem Posteingang landete. Ihre Antworten schickte Francis deshalb per E-Mail.
Ms. Francis, sehen Sie auf Ihren Segelreisen die Folgen des Klimawandels?
Jennifer Francis: Absolut. Die auffallendste Veränderung ist der Verfall der Korallenriffe in der Karibik und auf den Bahamas in nur einem Jahrzehnt, seit wir zuletzt dort waren. Dort leben viel weniger Meerestiere. Auf den San-Blas-Inseln an der Nordküste Panamas konnten wir auch schon deutliche Beweise für den Anstieg des Meeresspiegels sehen: Mehrere der kleinen Inseln sind mittlerweile Sandbänke, und die Erosion entlang der Küsten hat Palmen ins Meer stürzen lassen. Einige der einst so schönen Sandstrände sind zu felsigen Küsten erodiert.
Ihr Interesse für die Arktis wurde auf einem Segeltrip geweckt. Wie oft waren Sie seitdem dort?
Francis: Im Frühjahr 1992 war ich für ein wissenschaftliches Projekt dort und habe seitdem mehrere Konferenzen an arktischen Standorten besucht. Meine eigene Forschung erfordert keine Feldarbeit, ich bin also nicht regelmäßig vor Ort. Aber ich war auch zweimal in meiner Freizeit dort, unter anderem zum Segeln.
Nach ihrem Abschluss in Meteorologie 1988 promovierte Francis in Atmosphärenwissenschaften. 2018 war sie Co-Autorin einer Studie, die eine Verbindung zwischen der sich erwärmenden Arktis und extremem Winterwetter in den USA zog. Erst im Februar dieses Jahres bekam Texas ein solches Wetterextrem zu spüren: Eine arktische Kaltfront legte den Bundesstaat lahm und führte zu einem unerwartet hohen Energieverbrauch, der das Stromnetz zusammenbrechen ließ. Tagelang froren Millionen Texanerinnen und Texaner ohne Heizung und Licht in der Kälte; mehr als 200 Menschen starben.