Blau, so weit das Auge reicht: Der Blåsjø-Stausee ist einer von insgesamt 16, die zum Ulla-Førre-Kraftwerk gehören. Ihr Wasser könnte Deutschland fünf Tage lang mit Strom versorgen – oder deutschen Ökostrom speichern.
Viel Niederschlag, steile Gefälle: Die Bedingungen in Norwegen sind ideal für die mehr als 300 Kraftwerke. Auch das Wasser des Vøringsfossen – fließt in ein Kraftwerk. Seine Höhe von 183 Metern erahnt man, wenn man das winzige Hotel oben an der Felskante sieht.
Gewaltige Staumauern wie die des Sysen-Damms auf diesem Bild halten das Wasser in den Stauseen zurück. Das Baumaterial stammt oft auf Straßentunneln, die vor allem im fjordreichen Westnorwegen zu Hunderten in den Fels gesprengt wurden.
Auch der Oddatjønn-Damm besteht aus solchen Felsen. Er begrenzt den Blåsjø, den zehntgrößten See des Landes. Im menschenleeren Hochland gibt es viel Platz für Stauseen. Im dichtbesiedelten Mitteleuropa wären so große Projekte nicht möglich.
Der Oddatjønn-Damm liegt gut 1000 Meter über dem Meeresspiegel. Das Wasser schießt von hier durch bis zu zehn Meter breite Tunnel in die Wasserkraftwerke von Ulla-Førre. Es kann von dort aber auch zurück in den See gepumpt werden.
Tief im Inneren des Bergs liegt die gewaltige Kammer des Kraftwerks Kvilldal. Die zylindrischen Aufbauten gehören zu den Turbinen. Mit den orange verkleideten Wänden und den gezackten Lichtröhren verleihen sie dem Saal einen futuristischen Eindruck.
100 Kilometer nördlich von Kvilldal liegt an den Ausläufern des Hardangerfjords das Wasserkraftwerk Sima. Es ist das zweitgrößte nach Kvilldal und gehört ebenfalls dem staatlichen Energieversorger Statkraft. Hier ist einer der Generatoren zu sehen.
Mit dem Kraftwerk Tyssedal am Sørfjord begann in Norwegen das Zeitalter der Wasserkraft. Der neoklassische Bau von 1914 steht für den Anspruch, repräsentative Architektur und Industrie zu verbinden. Heute beherbergt er ein Museum.
Reise in die Vergangenheit: Von dieser Schaltzentrale aus wurde das Wasserkraftwerk Tyssedal gesteuert. Unzählige Knöpfe, Hebel und Uhren sind in die marmorverkleideten Wände eingelassen.
Die Generatoren von Tyssedal waren von 1906 bis 1989 in Betrieb. Sie lieferten Strom für Cyanamid- Karbidfabriken im benachbarten Städtchen Odda und trugen entscheidend zum Aufschwung der Region bei.
Auch in anderen Landesteilen entstanden Wasserkraftwerke. Dieses Foto von 1918 zeigt den Bau des Kraftwerks Glomfjord am Polarkreis. Jahrzehnte bevor Norwegen seine Öl- und Gasvorräte entdeckte, war die Wasserkraft das Rückgrat seiner Industrie.
Heute deckt das Land seinen Strombedarf fast vollständig aus Wasserkraft. Gegen den weiteren Ausbau regt sich allerdings Protest. Umweltschützer wie Synnøve Kvamme aus Bergen sorgen sich, dass die letzten Flecken unberührter Natur verschwinden.
Denn um den Strom zum Verbraucher zu transportieren, sind Hochspannungsleitungen notwendig. Statt die Trassen durch die Wildnis zu führen – wie hier am Hardangerfjord – kämpfen Umweltschützer dafür, Unterseekabel durch den Fjord zu verlegen.
Nahe dem Wasserkraftwerk Kvilldal entsteht derzeit eine neue Umspannstation. In mehreren Regionen des Landes muss das Netz ausgebaut werden, um Norwegen über geplante Unterseekabel mit Deutschland und Großbritannien zu verbinden.
Norwegische Wasserkraft kann Ökostrom-Schwankungen in Zentraleuropa ausgleichen. Umgekehrt können Stromüberschüsse von dort genutzt werden, um die Wasservorräte in Norwegens Stauseen zu schonen. Im Foto: der verschneite Storglomvass-Damm.