Luftwärmepumpe vor einem Fachwerkhaus: In der Praxis laufen die Anlagen auch in eher schlecht gedämmten Häusern effizient.
Herr Bürger, seit Februar erleben wir einen Krieg, in dem Gas als Waffe eingesetzt wird. Trotzdem sind im ersten Halbjahr dreimal mehr Gasheizungen als Wärmepumpen eingebaut worden. War auch das eine Motivation für diese Studie?
Veit Bürger: Nicht der Krieg war der Grund für diese Studie im Auftrag der Agora Energiewende und auch nicht die Absatzzahlen, die kannten wir damals noch gar nicht. Wir wollten vielmehr einen Input geben zu einem für die Wärmewende extrem wichtigen Beschluss der Bundesregierung: Ab dem 1. Januar 2024 sollen neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien einsetzen. Das bedeutet einen absehbaren Boom für Wärmepumpen, der vorbereitet werden muss. Wir wollen mit dieser Studie daran erinnern, wie wichtig eine gesetzliche Regelung ist, um dem Heizungsmarkt, aber auch den Menschen Planungssicherheit zu geben.
Sie widersprechen darin einer Reihe verbreiteter Aussagen. Wärmepumpen, hört man oft, sind nur bei hoch effizienten Häusern mit Fußbodenheizung sinnvoll. Sie sagen, zwei Drittel der Gebäude in Deutschland sind schon jetzt für Wärmepumpen geeignet, bei weiteren 30 Prozent reichen überschaubare Sanierungen. Haben Sie neue Erkenntnisse? Oder haben die Skeptiker übertrieben?
Bürger: Wir haben lediglich komprimiert und ausgewertet, was unsere Mitautoren vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in den vergangenen Jahren an Monitoringdaten zusammengetragen haben. Diese Daten dokumentieren, wie Wärmepumpen nicht auf dem Teststand, sondern in der Realität laufen. Also in ungedämmten Altbauten, in gedämmten Häusern, mit ganz unterschiedlichen Arten von Heizkörpern. Die Auswertung zeigt: Der noch immer weitverbreitete Mythos, Wärmepumpen funktionieren nur mit einer Flächenheizung in der Wand oder im Boden, stimmt heute nicht mehr. Es ist höchste Zeit, damit aufzuräumen, denn ohne Wärmepumpen in Altbauten zu nutzen, lässt sich die 65-Prozent-Anforderung nicht umsetzen.