In Jules Vernes Roman „Die geheimnisvolle Insel“ träumen die Menschen von einer besseren Zukunft dank Wasserstoff: Briefmarke aus Monaco zum 100. Jahrestag der Veröffentlichung.
Von Volker Kühn
März 1865, Bürgerkrieg in Amerika, fünf Menschen fliehen in einem Ballon aus dem belagerten Richmond. Ein Orkan treibt sie auf den Pazifik hinaus, wo sie auf einer namenlosen Insel stranden. Ohne Aussicht auf Rettung nehmen sie das Eiland in Besitz, angeführt vom Ingenieur Cyrus Smith, der Verkörperung des fortschrittsbegeisterten amerikanischen Optimisten. Als der Winter naht, wärmen sie sich an einem provisorischen Kohleofen. Doch was, wenn die Kohlevorräte erschöpft sind, fragt Pencroff, einer der Gestrandeten. Sind sie nicht ebenso darauf angewiesen wie die Menschen auf dem fernen Festland? Überhaupt: Was wird all den Fabriken, den Zügen und Schiffen eines Tages als Brennstoff dienen, wenn die Kohlegruben nichts mehr hergeben?
„Ich denke, Wasser“, antwortet Cyrus Smith.
„Wasser!“, ruft Pencroff erstaunt. „Wasser, um Dampfschiffe und Lokomotiven anzutreiben, Wasser, um damit Wasser zu erhitzen!“
„Ja, allerdings das in seine Elementarbestandteile zerlegte Wasser“, belehrt ihn Cyrus Smith, „zerlegt durch Elektrizität. Ich bin davon überzeugt, dass Wasser einmal als Brennstoff Verwendung finden wird, dass seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zur unerschöpflichen und ganz ungeahnten Quelle von Wärme und Licht werden.“
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150 Jahre ist es her, seit der französische Schriftsteller Jules Verne seine Romanfigur Cyrus Smith in „Die geheimnisvolle Insel“ das Prinzip der Elektrolyse erklären ließ: die elektrische Spaltung von Wasser. Anderthalb Jahrhunderte, in denen die Aussicht auf eine nie versiegende Energiequelle immer wieder als Verheißung durch die Köpfe von Ingenieuren, Unternehmern und Ökonomen geisterte. Doch erst in jüngster Zeit schickt sich die Technologie an, den Sprung in den Massenmarkt zu schaffen.
Wasserstoff ist der Gegenspieler von CO2. Für die Energiewende ist er unersetzlich
Wasserstoff soll helfen, das vielleicht größte Problem der Menschheit in den Griff zu bekommen: die Klimakrise. Er soll Industrien wie die Stahl- und Zementerzeugung vom CO2-Ausstoß befreien, er soll Containerfrachtern und Zügen sauberen Treibstoff liefern, in Chemiefabriken als Rohstoff dienen und Gebäude klimafreundlich heizen. Staaten und Unternehmen weltweit investieren Milliarden in die Technologie.
Dabei könnte die Menschheit längst viel weiter sein. Wenn sie den Visionen von Forschern, Erfindern und technikbegeisterten Romanciers wie Jules Verne gefolgt wäre.