Internationale Energieagentur (IEA)

  • Search08.12.2022

Erneuerbare starten durch

Schon 2025 werden erneuerbare Energien laut der IEA die wichtigste Stromquelle weltweit sein. Die Energiekrise durch Russlands Krieg gegen die Ukraine gibt dem Ausbau einen nie dagewesenen Schub.

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    Solarthermie-Kraftwerk in Chile: Die Solarenergie wird bis 2027 zur größten einzelnen Stromerzeugungsquelle weltweit wachsen und damit die Kohle ablösen.

    Solarthermie-Kraftwerk in Chile: Sonnenstrom löst Kohlestrom als größte einzelne Energiequelle ab.

     

    Von Volker Kühn

    Mehr als 90 Prozent aller Investitionen in Kraftwerke fließen bis 2027 in erneuerbare Energieträger. Das geht aus dem Jahresbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor. Schon 2025 werden Erneuerbare dadurch zur wichtigsten Stromquelle überhaupt. Vor allem die Kapazität der Solarenergie wächst demnach rasant. Sie löst die Kohle als größten Energieträger im globalen Strommix ab. Auch die Windenergie legt kräftig zu, während die Erzeugung von fossilem Strom auf hohem Niveau verharrt.

    Den Grund für die Zeitenwende im Stromsektor sieht die IEA im russischen Überfall auf die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise. Aus Angst um ihre Versorgungssicherheit investieren die Staaten weltweit in Energieträger, die sie unabhängiger von teuren fossilen Importen machen. Das sind vor allem Sonne und Wind.

    „Zwischen 2022 und 2027 werden die Erneuerbaren um 2400 Gigawatt wachsen. Das entspricht der gesamten derzeit installierten Stromerzeugungskapazität in China“, schreiben die IEA-Autoren in ihrem Bericht „Renewables 2022“ . „Das ist eine 85-prozentige Beschleunigung gegenüber den letzten fünf Jahren und die bisher größte Aufwärtskorrektur.“

    Die Grafik zeigt die Entwicklung der weltweiten Stromerzeugungskapazität nach Quellen bis 2027 auf Basis einer Prognose der IEA. Infografik: Andreas Mohrmann

    Als Treiber im globalen Ökostrom-Boom sieht die Internationale Energieagentur vier Regionen: China, die EU, die USA und Indien. Peking habe mit dem 14. Fünfjahresplan die Weichen für einen schnelleren Ausbau gestellt, Indien mit entsprechenden Marktreformen. In den USA soll der Inflation Reduction Act von Präsident Joe Biden den Wandel beflügeln, in Europa der „REPowerEU“-Plan. „Russlands Invasion in der Ukraine war ein Wendepunkt für Europa“, so die IEA.

    Die Kapazität der globalen Solarenergie wird sich im Zeitraum bis 2027 laut der Prognose fast verdreifachen. Die Windkapazität verdoppelt sich demnach in etwa, wobei ein Fünftel auf Offshore-Projekte entfällt. Zusammen mit Energiequellen wie Wasserkraft, Biomasse und Geothermie erwarten die Autoren 2027 einen Ökostromanteil im globalen Strommix von 38 Prozent. Das wäre ein Anstieg um zehn Prozentpunkte gegenüber heute.

    Die Grafik zeigt die Entwicklung des Anteils der Energiequellen an der weltweiten Stromerzeugung bis 2027 auf Basis einer Prognose der IEA. Infografik: Andreas Mohrmann

    Die IEA betrachtet in ihrem Jahresbericht allerdings ausschließlich den Stromsektor, nicht den Energiebedarf insgesamt. In Sektoren wie dem Verkehr und der Industrie sind nach wie vor Öl, Gas und Kohle entscheidende Energieträger. Der Schritt von einem globalen Ökostromanteil von 38 Prozent bis zu einer vollständigen Dekarbonisierung ist entsprechend noch weit.

    Das gilt auch für Vorreiter in der Energiewende wie Europa. In Deutschland etwa ist derzeit noch Erdöl die wichtigste Energiequelle. Ihr Anteil liegt bei rund einem Drittel. Lediglich in Nordeuropa dominieren bereits saubere Quellen – in Schweden und Norwegen die Wasserkraft, in Dänemark Wind und Sonne.

    In Deutschland ist der Kohleanteil in der Stromversorgung zuletzt sogar wieder gestiegen. Im dritten Quartal von Juli bis September lag er laut jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts bei 36,3 Prozent. Im Vorjahresquartal waren es noch 31,9 Prozent. Auch das ist eine Folge des Kriegs in der Ukraine: Um fehlendes Erdgas in der Stromversorgung zu ersetzen, wurden bereits stillgelegte Kohlekraftwerke reaktiviert.

    Noch stärker gewachsen ist allerdings die Ökostrommenge. Von Januar bis November lieferten Wind und Sonne nach Daten der europäischen Netzbetreiber in Deutschland 14 Prozent mehr Strom als in den ersten elf Monaten 2021. Auch das ist ein Anzeichen der Zeitenwende im Stromsektor.

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