Blinkende Windräder

  • Search29.10.2023

Wann gehen die Lichter aus?

Immer mehr Windräder blinken nachts nur noch bei Bedarf. Ist kein Flugzeug in der Nähe, bleibt es dunkel. Das soll die Akzeptanz der Windkraft steigern. Wie die Technik funktioniert und was die Verbreitung verzögert.

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    Blinkende Windräder unter nächtlichem Sternenhimmel: Künftig sollen die Anlagen nur noch dann aufleuchten, wenn sich ein Flugzeug nähert.

    Windpark bei Nacht: Viele Menschen stören sich am Dauerblinken der Anlagen.

     

    Von Peter Ringel

    Eigentlich sollten alle Windräder in Deutschland bereits bis Ende dieses Jahres mit der sogenannten bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) ausgestattet sein. Mit der Technik blinken sie nachts nicht mehr durchgehend, sondern nur noch, wenn sich ein Luftfahrzeug nähert. Doch diese Frist dürfte erneut um ein Jahr verlängert werden, zum dritten Mal bereits. Wegen der Pandemie, unterbrochenen Lieferketten und langwierigen Genehmigungen ist die Technik bislang nur auf gut jedem zweiten Windrad aktiv. „Alle Anlagen auszurüsten, ist bis Ende 2023 nicht zu schaffen“, erklärt Carlo Reeker vom Bundesverband Windenergie (BWE) gegenüber EnergieWinde. Das werde von der Politik anerkannt und soll in der laufenden Gesetzgebung im Rahmen der Verabschiedung des sogenannten Solarpakets I berücksichtigt werden.

    Um die blinkenden Lichter an den Maschinenhäusern und Türmen von Windrädern nur dann einzuschalten, wenn sich ein Luftfahrzeug nähert, setzen fast alle Anbieter auf Transponder in Helikoptern und Flugzeugen. Mit deren Signal lässt sich vom Tower aus der Luftraum überwachen – und bei Windturbinen die Befeuerung steuern. Fliegt ein Luftfahrzeug in den Bereich von vier Kilometern rund um einen Windpark und 600 Meter darüber, müssen die Warnlichter angehen. Ein anderes BNK-System arbeitet mit Radar, ist aber nur bei wenigen Windparkbetreibern im Einsatz.

    Im niedersächsischen Holle bei Oldenburg bleibt es nachts bereits duster. Die sieben Windräder zwischen der Straßensiedlung und einem geschützten Moor blinken seit mehr als einem Jahr nur noch bei Flugverkehr. Eingebaut wurde das System von der Deutschen Windtechnik. Die Installation war gedacht als weiterer Schritt, um die Zustimmung der Anwohner zu erhöhen. Von Anfang an hatte der Betreiber Jens Worreschk die Anlagen mit Messgeräten ausgestattet, die die Lichtstärke an die jeweiligen Sichtweiten anpassen. Bei klarem Himmel leuchtet es damit weniger intensiv. Dieses System hatte er bei einem älteren Windpark im Landkreis nachrüsten lassen, was von den Anwohnern als Verbesserung begrüßt worden sei.

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    Wo man nachts durch ein Lichtermeer fährt, führt die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung sicherlich zu mehr Akzeptanz

    Jens Worreschk, Windparkbetreiber

    Im Windpark Holle gab es zwar keine Proteste gegen das Blinken und entsprechend auch keine Jubelstürme über die wiedergewonnene Dunkelheit – im Dorf habe man sich eher gewundert, dass die Lichter plötzlich ausgeschaltet waren, berichtet Worreschk, im Gespräch mit EnergieWinde. Doch er ist sich sicher, dass BNK-Systeme in Regionen, in denen Windparks dicht an dicht stehen, zu höherer Zustimmung führen. „Wo man nachts noch durch ein Lichtermeer fährt, führt die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung sicherlich zu mehr Akzeptanz“, sagt der Windkraftunternehmer.

    Die Windräder im niedersächsischen Holle sind mit einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung ausgestattet: Sie blinken nachts nur dann, wenn sich ein Flugzeug oder Helikopter nähert.

    Holle ist eine Straßensiedlung im Nordwesten Niedersachsens. Die Windräder blinken seit etwas mehr als einem Jahr nur noch, wenn sich ein Luftfahrzeug nähert.

    Für den ungestörten Blick auf den Sternenhimmel hätte Worreschk die Technik gern schon vor mehr als zehn Jahren genutzt, als der Windpark gebaut wurde. Dafür nötige Änderungen in den Vorschriften für die Flugsicherung verzögerten sich jedoch jahrelang. Weil er die Nachrüstung früh beauftragt hatte, waren Worreschks Anlagen bei der Deutschen Windtechnik das erste Projekte.

    Etwa drei Viertel aller Aufträge hat der Dienstleister laut eigenen Angaben inzwischen abgearbeitet. Erste Anfragen kommen mittlerweile auch aus Frankreich und den Niederlanden. Außerhalb Deutschlands gibt es bislang keine Pflicht zur Befeuerung nach Bedarf. Hierzulande müssen die Warnleuchten nachts sowohl bei Windrädern an Land als auch auf See ausgeschaltet bleiben, wenn sie gerade nicht gebraucht werden.

    Wer nicht umrüstet, zahlt Strafe. Dabei liegt der Grund nicht immer beim Betreiber

    Betreibern, die nicht für eine fristgerechte Nachrüstung sorgen, drohen Strafzahlungen. Wäre die Technik im Windpark Holle nicht längst installiert, würden pro Monat rund 32.000 Euro fällig werden. Die Summe hängt von der Leistung des jeweiligen Windparks ab, in Holle sind es 16 Megawatt. Der Lobbyverband BWE dringt darauf, dass nur zahlen muss, wer nicht rechtzeitig Verträge für die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung abgeschlossen hat.

    Verzögerungen durch fehlende Platinen oder Bürokratie könne man nicht den Betreibern anlasten. Fast alle seien aktiv geworden. Während die Behörden etwa in Schleswig-Holstein und Niedersachsen vergleichsweise schnell sind, dauert es in Brandenburg laut Reeker deutlich länger, bis ein nachgerüstetes Windrad tatsächlich nicht mehr blinkt – dazu braucht es die Genehmigung der jeweiligen Landesluftfahrtbehörde.

    Zahl und Alter der Windräder in Deutschland: Fast 8000 Turbinen sind bereits mehr als 20 Jahre alt. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Auch künftig wird das Dauerblinken allerdings nicht überall verschwinden. Die ältesten Anlagen, bei denen der 20-jährige Vergütungsanspruch nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgelaufen ist, sind von der Pflicht zur Nachrüstung ausgenommen. Das betrifft derzeit noch mehrere Tausend von den insgesamt 28.000 Windrädern, die sich in Deutschland an Land drehen. Dort endet das Blinken in der Regel erst dann, wenn die Turbinen abgebaut werden.

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