Reena Skribbe ist Analystin beim deutschen Thinktank New Climate Institute. Die gemeinnützige Organisation hat 24 Weltkonzerne untersucht, die sich selbst als Klimaschutzvorreiter präsentieren. Bei einem Großteil davon klafft demnach eine große Lücke zwischen dem, was die Unternehmen nach eigener Darstellung bereits erreicht haben, und ihren tatsächlichen Treibhausgaseinsparungen. Die Verbraucher werden in die Irre geführt, sagt Skribbe.
Frau Skribbe, greifen Sie im Supermarkt bevorzugt zu Produkten, die mit dem Label „klimaneutral“ werben?
Reena Skribbe: Bis vor einem Jahr habe ich das getan. Aber seit ich mich intensiv mit dem Thema befasse, sehe ich solche Label kritisch, weil man sich nie sicher sein kann, wie ernsthaft die Hersteller der Produkte an ihrer Klimabilanz arbeiten und was sich tatsächlich hinter dem Label verbirgt.
Kann man den Herstellern denn zumindest unterstellen, dass sie sich der Problematik stärker bewusst sind als Konkurrenten, die keine Angaben zur Klimabilanz machen?
Skribbe: Nein, nicht mal das. Es ist für Konsumentinnen und Konsumenten schlicht nicht möglich, zu erkennen, ob es sich um Klimavorreiter handelt oder ob die Unternehmen sich nur dafür ausgeben. Das zumindest ist meine Erfahrung durch die Arbeit an unserem Corporate Climate Responsibility Monitor. Wir haben uns dafür 24 internationale Konzerne angesehen, die sich ehrgeizige Ziele gesetzt haben und als besonders fortschrittlich darstellen. Die meisten davon werden ihrem Anspruch allerdings nicht mal ansatzweise gerecht.
Was genau meint der Begriff „klimaneutral“ eigentlich?
Skribbe: Gute Frage, da fängt das Problem nämlich schon an! Manche Unternehmen sagen, sie seien „klimaneutral“, andere sprechen von „CO2-neutral“, von „klimapositiv“, „klimanegativ“, „treibhausgasneutral“ oder einer Vielzahl ähnlicher Begriffe. Wenn ein Unternehmen ein Produkt als „klimaneutral“ bewirbt, meint es damit in der Regel, dass damit keine negativen Auswirkungen auf das Klima verbunden sind, weil alle damit verbundenen Treibhausgasemissionen „neutralisiert“ werden. Wer zum Beispiel von „kohlenstoffneutral“ spricht, meint meist nur das CO2 und nicht die anderen Emissionen wie etwa Methan.