Matthias Bausenwein in seinem Büro in Taipeh. Hinter ihm hängt eine Karte von Taiwan. Die ersten Offshore-Windräder drehen sich bereits vor der Küste des Inselstaats.
Matthias Bausenwein im Porträt
- 06.12.2017
Kurs auf Taiwan
Von Volker Kühn
Seinen fränkischen Akzent hört man kaum noch. Stattdessen mischen sich immer mehr englische Brocken in seine Gespräche. Kein Wunder, Matthias Bausenwein lebt seit inzwischen fast anderthalb Jahren in Taiwan – und dort ist seine Alltagssprache Englisch. „Ich habe manchmal richtig Mühe, mich an einzelne deutsche Begriffe zu erinnern“, erzählt der 41-Jährige am Telefon, und die Verbindung ist dabei so klar, als befinde er sich irgendwo in der Nachbarschaft und nicht 9000 Kilometer entfernt in Ostasien.
Der gebürtige Unterfranke ist im Juli 2016 mit seiner Frau und den zwei Kindern nach Taiwan gegangen, wo kurze Zeit später auch sein Sohn zur Welt kam. Er entwickelt und leitet dort für den dänischen Energiekonzern Ørsted das Asiengeschäft. Denn auch dort hat inzwischen das Zeitalter der Offshore-Windkraft begonnen. Vier eigene Projekte treibt Ørsted vor der taiwanesischen Küste voran, außerdem hält der Konzern 35 Prozent an einem weiteren Windpark, dessen erste beide Anlagen bereits vor der Nordwestküste der Insel stehen. 20 weitere sollen bis 2019 folgen.
„Die Projekte sind für uns eine Art Schaufenster für die ganze Region“, sagt Bausenwein. Perspektivisch sei nämlich nicht nur der Inselstaat für die Offshore-Windkraft interessant, sondern auch Länder wie China, Japan, Südkorea oder Indien. „Jetzt geht es erst einmal darum, eine funktionierende Supply Chain aufzubauen“, erklärt er.
Supply Chain – wieder so ein englischer Begriff, der ihm viel schneller einfällt als die deutsche Lieferkette. Es zeigt, wie sehr Bausenwein bereits mit der Welt um ihn herum verschmolzen ist. Überhaupt ist es ihm nie schwergefallen, sich an neue Umgebungen zu gewöhnen. Das war schon so als er für eine Beratungsagentur weltweit Projekte begleitet hat, vor allem in der Automobilindustrie.
Bausenwein entschied sich bewusst für den Schritt in die Ökostrombranche
Dass er 2011 dann in die Offshore-Windkraft wechselte, nennt Bausenwein eine „Herzensangelegenheit“. Es hätte für den Diplom-Kaufmann durchaus auch andere Möglichkeiten gegeben – erst Recht, nachdem er 2015 eine Executive Education an der renommierten französischen Business-School Insead erwarb. Manager mit seinen Qualifikationen sind gefragt. Doch die boomenden erneuerbaren Energien boten ihm nicht nur eine gute wirtschaftliche Perspektive, sondern auch ein gutes Gefühl. „Immerhin geht es darum, eine nachhaltige Zukunft aufzubauen.“ So verschlug es ihn zunächst nach Hamburg und Dänemark, bevor er dann nach Taipeh zog.
Um die langfristigen Aussichten der noch jungen Industrie macht er sich keine Sorgen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Deckelung der Ausbauziele in Deutschland Teile der Branche heftig durchrüttelt. Doch es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Deckel wieder angehoben wird, meint Bausenwein. Dafür spreche schon die gewaltige Lernkurve, die gerade der Offshore-Wind durchlaufen habe. „Die Kosten sind so erheblich gesunken, dass kein Weg daran vorbeiführt, die Technologie weiter auszubauen, in Europa und auch anderswo.“
Taiwan dürfte daher nicht der letzte Ort sein, an den ihn die Windkraft geführt hat. Doch egal, wo er auch als nächstes sein Lager aufschlägt: Eine lange Eingewöhnungszeit wird er vermutlich wieder nicht benötigen. Das hat schon seine bisherige Reise von Unterfranken bis Taipeh gezeigt.