Frau Praetorius, bis der letzte Kohlemeiler sillgelegt wird, vergehen fast 20 Jahre. Haben sich in der Kohlekommission damit die „Bremser und Blockierer“ durchgesetzt, wie der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell im Interview mit EnergieWinde gesagt hat?
Barbara Praetorius: Nein. Zum einen ist das Enddatum 2038 nur die maximale Deadline. Die Kommission empfiehlt ja, im Jahr 2032 noch mal zu prüfen, ob man nicht doch schon im Jahr 2035 aussteigen kann. Zum anderen laufen die Kohlekraftwerke bis dahin ja nicht weiter wie bisher. Wir beginnen schon bis 2022 in nennenswertem Umfang, Kraftwerke abzuschalten, und das Sektorziel 2030 heißt: Bis dahin sind von heute 43 nur noch maximal 17 Gigawatt Kohlekraftwerke am Netz. Nach Jahren des klimapolitischen Nichtstuns in Deutschland kommt damit endlich Bewegung in den Prozess.
Wie sah Ihre Rolle der Kohlekommission aus? Ihre drei Kollegen im Vorsitz galten im Gegensatz zu Ihnen als Befürworter eines späten Ausstiegs.
Praetorius: Es war ein intensiver Prozess, in dem wir viel miteinander gerungen haben, aber es war immer fair. Ich halte es für eine enorme gesellschaftspolitische Leistung, dass es uns gelungen ist, so gegensätzliche Positionen zu einem Kompromiss zu führen.
Was war die dickste Kröte, die Sie schlucken mussten?
Praetorius: Ich hätte mir einen ambitionierteren Einstieg in den Ausstieg gewünscht. Eine bezahlbare und sichere Versorgung wäre auch dann noch gewährleistet, wenn wir am Anfang mehr klimaschädigende Kraftwerke vom Netz nehmen würden als jetzt vorgeschlagen. An der Stelle konnten wir uns nicht durchsetzen. Aber auch wenn ich nicht komplett zufrieden bin, ist das Ergebnis aus meiner Sicht ein enormer Fortschritt für den Klimaschutz in Deutschland.