Für diplomatische Zurückhaltung sind die Beamten des Umweltbundesamts (UBA) in Dessau nicht bekannt. Eher für deutliche Worte. Harry Lehmann beschäftigt sich dort als Fachbereichsleiter mit Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Energie und Verkehr. Wir trafen ihn in Berlin auf dem Panoramapunkt des 115 Meter hohen Kollhoff-Towers am Potsdamer Platz zum Fototermin. Angesichts eisigen Windes führten wir das Gespräch aber eine Etage tiefer – im beheizten Café.
Herr Lehmann, das UBA versteht sich als wissenschaftliches Frühwarnsystem, das Beeinträchtigungen des Menschen und der Umwelt rechtzeitig erkennt. Wie schätzen Sie die Lage unseres Planeten angesichts des Klimawandels ein?
Harry Lehmann: Sehr ernst. Ausrufezeichen. Ausrufezeichen. Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawandel zu begrenzen, dann wird das negative Folgen für den überwiegenden Teil der Menschheit haben. Schon heute werden wir nicht mehr ohne Blechschaden aus diesem Spiel herauskommen. Es kann glimpflich ausgehen, wenn es uns gelingt, die sogenannten Kippelemente des Erdsystems stabil zu halten. Kommt es jedoch zu Schäden an polaren Eisschilden, Meeresströmungen und Permafrostböden, wären die Folgen für das Weltklima besonders gravierend. Dann wird es nicht bei einem Blechschaden bleiben.
Was ist wahrscheinlicher?
Lehmann: Wenn wir das im Klimavertragertrag von Paris beschlossene Ziel erreichen, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, dann ist es voraussichtlich nur ein Blechschaden. Aber auch dafür müssen die Länder mehr als jetzt unternehmen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.