Windräder in Brandenburg: Manche Ökostromtarife bringen für den Ausbau erneuerbarer Energien wenig.
Von Denis Dilba
Die gute Nachricht: Ökostrom wird immer beliebter. Laut Check24 wählten 68,2 Prozent der Kunden des Vergleichsportals, die im vergangenen Jahr einen Stromvertrag abgeschlossen haben, einen Ökotarif. Das ist ein Rekord, 2018 lag der Anteil noch bei 55,5 Prozent. Doch die Sache hat einen Haken. Denn knapp zwei Drittel der Kunden entschieden sich 2020 für sogenannten Basis-Ökostrom, nur 3,8 Prozent für nachhaltigen Ökostrom. Dass darin ein Unterschied besteht, dürfte vielen nicht klar sein.
„Als nachhaltig werden Stromtarife bezeichnet, deren Anbieter nachweisen, dass sie in signifikantem Umfang die lokale Ökostromproduktion fördern und damit den Anteil an konventionell erzeugtem Strom auf dem Markt verringern“, erklärte Check24-Geschäftsführer Lasse Schmid in einer Mitteilung. Anbieter von Basis-Ökostromtarifen hingegen kaufen ihren Strom etwa von Wasserkraftwerken in Norwegen oder Österreich. Das Problem: Damit schaffen sie keinen Anreiz zum Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland.
Das allein wäre zu verschmerzen, wenn dafür wenigstens im Ausland neue Anlagen entstünden. Doch auch das geschieht meist nicht. Denn das Angebot von grünem Strom aus Wasserkraftwerken, vor allem in Skandinavien, übersteigt die Nachfrage aus Deutschland noch bei Weitem. Das liegt allerdings nicht nur an den großen Ökostrommengen im Ausland, sondern auch an einer Besonderheit der Stromkennzeichnung in Deutschland. Die deutschen Stromversorger kaufen nämlich weit weniger Ökostrom ein, als man mit Blick auf die wachsende Zahl der Kunden annehmen würde.
Die EEG-Kennzeichnungspflicht verschleiert, woher der Strom stammt
„Der Grund dafür ist ein staatlich verordnetes Greenwashing“, sagt Ralf Schmidt-Pleschka, Koordinator für Klima- und Energiepolitik beim Ökostromanbieter Lichtblick. Denn der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geförderte Ökostromanteil im deutschen Energiemix muss unabhängig von der Einkaufspolitik eines Stromanbieters auf der Rechnung ausgewiesen werden. Im vergangenen Jahr lag dieser EEG-Stromanteil erstmals bei über 50 Prozent. Dieser Wert steht auch dann auf der Rechnung von Anbietern, wenn sie in der Realität 100 Prozent ihres Stroms aus Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken beziehen. Von dort ist es nicht mehr weit bis zu einem vermeintlich reinen Ökostromtarif: „Stromanbieter müssen also nur noch knapp die Hälfte Ökostrom über billige Zertifikate aus dem Ausland kaufen – und fertig ist das Ökostromprodukt“, sagt der Lichtblick-Experte im Gespräch mit EnergieWinde.