Cleantech-Industrie

  • Search21.11.2024

Die Chance in Trumps Windschatten

Donald Trump will die fossilen Energien entfesseln. Für den Klimaschutz ist das eine Katastrophe. Doch ökonomisch könnte Europa davon profitieren – wenn es die Lücke füllt, die der Präsident aufreißt.

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    Drill, Baby, drill! Trump-Anhänger versprechen sich vom alten und künftigen Präsident einen Boom der Öl- und Gasindustrie.

    Trump-Anhänger erhoffen sich vom alten und künftigen Präsidenten einen Boom der Öl- und Gasindustrie.

     

    Von Volker Kühn

    Man tritt Donald Trump sicher nicht zu nah, wenn man seine energiepolitische Agenda auf einen Schlachtruf reduziert: „Drill, baby, drill!“ Er wiederholt ihn seit Jahren, besonders gern in Bundesstaaten, die reich an Kohle, Öl und Gas sind. Unter seiner Führung, so sein Versprechen, werde man der Erde ihre Schätze entreißen und mit billiger Energie einen Boom entfachen.

    Tatsächlich hat sich die globale Energiewirtschaft in seiner ersten Präsidentschaft von 2017 bis 2021 auf bemerkenswerte Weise verändert. Allerdings anders, als man meinen könnte.

    Es kam nämlich nicht zu einer globalen Renaissance von Kohle, Öl und Gas. Im Gegenteil, die weltweiten Investitionen in fossile Energien sanken in diesen Jahren. Deutlich mehr Geld floss dagegen erstmals in saubere Technologien. 2023 waren es weltweit 1,8 Billionen Dollar gegenüber 1,1 Billionen im fossilen Sektor. Das geht aus dem World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor.

    World Energy Outlook 2024 (IEA): Seit etwa 2018 wird weltweit mehr Geld in erneuerbare als in fossile Energiequellen Investiert. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Für den Klimaschutz auf der Welt ist das ein hoffnungsvolles Zeichen. Es zeigt, dass auch ein Klimaskeptiker im Oval Office die globale Energiewende nicht ohne Weiteres stoppen kann. Denn am Ende entscheiden Unternehmen und Privatleute weniger nach politischen Gesichtspunkten, wie sie ihr Geld anlegen, sondern nach ökonomischen.

    Der Druck, die Emissionen zu senken, sei zwar ein wichtiger Grund für die gestiegenen Investitionen in Erneuerbare, schreiben die Autoren der IEA, aber nicht der einzige. Am Ende gehe es schlicht ums Geld: „Die wirtschaftlichen Argumente für ausgereifte saubere Energietechnologien sind überzeugend“, heißt es nüchtern in dem Bericht. Bill Clinton hatte einen Schlachtruf dafür: „It’s the economy, stupid!“

    Daneben spielten auch geopolitische Gründe eine Rolle: „Die Energiesicherheit ist ein wichtiger Faktor, insbesondere in Ländern, die Brennstoffe importieren, ebenso Industriepolitik und der Wunsch, Arbeitsplätze im Bereich saubere Energie zu schaffen.“

    Trump plant einen radikalen Kurswechsel. Für Europa liegt eine Chance darin

    Für die USA, die über fossile Rohstoffe im Überfluss verfügen, gelten diese Argumente natürlich nur begrenzt. Trump hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er von der Klima- und Energiepolitik seines Vorgängers nichts hält. Die Tatsache, dass er einen Ölmanager zum Energieminister machen will, zeigt, wie radikal der Kurswechsel ausfallen soll. Er werde „den Krieg der Biden-Harris-Regierung gegen Amerikas Energieindustrie“ beenden und die fossile Industrie von Tag eins an entfesseln, kündigte Trump an, der am 20. Januar die Amtsgeschäfte übernimmt.

    Für Europa könnte allerdings genau darin eine Chance liegen. Joe Bidens Inflation Reduction Act (IRA) wirkte mit seinen gewaltigen Subventionen und Steuererleichterungen wie ein Magnet auf Unternehmen aus dem Cleantech-Sektor. Die Internationale Energieagentur erwartet, dass sich dieser Markt weltweit bis 2035 auf mehr als zwei Billionen Dollar verdreifachen wird.

    Donald Trump will die Ölförderung in den USA ausbauen. Seine Pläne für erneuerbare Energien sind weniger eindeutig.

    Mit dem IRA hat Joe Biden klimafreundliche Technologien wie die Windkraft gefördert. Trump dagegen setzt voll auf die Ölförderung.

    Europa hat sich zum Ziel gesetzt, einen deutlich größeren Teil davon zu erobern. Dazu soll der Green Deal in der zweiten Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Clean Industrial Deal weiterentwickelt werden. Die EU könnte damit in jene Lücke stoßen, die Trump in den USA aufreißt. Das zumindest hält auch die Energieökonomin Claudia Kemfert für möglich. „Trotz all dieser Hiobsbotschaften: Die Krise kann dennoch eine Chance sein. Gerade für Europa und Deutschland“, erklärte sie auf LinkedIn. Die Bedingungen für grüne Unternehmen in den USA hätten sich verschlechtert. Davon könne insbesondere Deutschland profitieren.

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