Die Zukunftsstadt Neom existiert bislang nur in fantastisch anmutenden Illustrationen. Mit den Plänen haben sie wenig gemein.
Von Heimo Fischer
Die Stadt der Zukunft zieht sich wie eine Linie durch Sand und Schotter – 170 Kilometer lang und nur wenige Hundert Meter breit. Ohne Autos, ohne Lärm. Futuristische Gebäude prägen das Stadtbild. Es gibt so viele Geschäfte, Schulen und Arztpraxen, dass sie stets zu Fuß erreichbar sind. Eine selbstlernende Infrastruktur macht das Leben jeden Tag ein bisschen angenehmer.
So sieht das Bild aus, dass die Planer von Neom zeichnen. Doch die Stadt am Roten Meer existiert bislang erst auf dem Reißbrett. Die Herrscher Saudi-Arabiens wollen sie mit internationaler Hilfe in den kommenden Jahren bauen. Rund 500 Milliarden Dollar soll sie kosten.
Erneuerbare Energien sind ein zentraler Pfeiler des Projekts, der entscheidend für die Zukunft des ganzen Landes werden soll. Geplant ist, Wind- und Sonnenstrom in grünen Wasserstoff umzuwandeln. Mit dem klimafreundlichen Energieträger sollen sich Länder eindecken, die bislang Öl und Gas von Saudi-Arabien kaufen. Eine Wasserstofffabrik mit 2000 Megawatt Leistung für fünf Milliarden Euro ist in Neom vorgesehen. Der saudische Energiekonzern ACWA Power und der US-Konzern Air Products sind an dem Bau beteiligt, genauso wie eine Tochter von Thyssenkrupp.
In vielen Industrieländern gilt grüner Wasserstoff als wichtiger Baustein, um ehrgeizige Klimaziele zu erreichen. Das Gas wird per Elektrolyse aus Strom gewonnen und als Energieträger oder Rohstoff verwendet. Vor allem Chemie- und Stahlindustrie setzen auf Wasserstoff, um sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden und ihren CO2-Ausstoß auf null zu senken.
Der Wasserstoffbedarf ist enorm. Saudi-Arabien will größter Exporteur werden
Die Bundesregierung rechnet allein bis 2030 in Deutschland mit einem Wasserstoffbedarf von bis zu 110 Terrawattstunden. Das entspricht ungefähr einem Fünftel des deutschen Bruttostromverbrauchs. In fernerer Zukunft könnte es noch mehr werden.
Aus diesem Grund sucht Deutschland Partnerländer, die günstig grünen Wasserstoff erzeugen können. Dazu zählt etwa Marokko, aber auch Ölstaaten wie Algerien oder eben Saudi-Arabien. Im März 2021 schloss Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein Abkommen mit Energieminister Abdulaziz bin Salman Al Saud. Das Papier soll den Grundstein für eine Zusammenarbeit in Sachen Wasserstoff legen. Die Saudis machen kein Geheimnis daraus, dass sie auf lange Sicht der größte Exporteuer des grünen Gases werden wollen – auch dank Projekten wie in Neom.