Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Staat bei einem der vier deutschen Netzbetreiber engagiert. Bereits 2018 hatte der Bund 20 Prozent am Betreiber 50Hertz erworben, um den Einstieg eines chinesischen Investors zu verhindern. Dass es sich bei dem neuerlichen Bemühen um eine allgemeine Strategie handelt, die Stromnetze wieder in die staatliche Hand zu bekommen, bezweifelt Dierk Bauknecht, Senior Researcher am Öko-Institut in Freiburg.
„Tennet ist ein Einzelfall“, sagt Bauknecht gegenüber EnergieWinde. „Die niederländische Seite hat den Wunsch geäußert, dass sich Deutschland mit Kapital beteiligt, um den erheblichen Netzausbau stemmen zu können.“ Als das Unternehmen in Deutschland startete, habe bereits festgestanden, dass die Netze ausgebaut werden müssten. „Trotzdem kann es Sinn ergeben, für eine Kapitalerhöhung zu sorgen, die vom deutschen Staat kommt.“
Für Bauknecht geht es nicht darum, dass der deutsche Staat zum Hauptakteur wird und künftig die Unternehmensgeschicke bestimmt. Der Energie- und Klimaschutzforscher sieht in dem Einstieg vielmehr „eine Neuinterpretation der staatlichen Rolle“ und nicht „den ersten Schritt in die Verstaatlichung“.
Im Mai haben die Grünen einen Antrag in den Bundestag eingebracht, eine Netz AG zu gründen, in die alle staatlichen Anteile an den Betreibern fließen sollen, die als unverkäuflich gelten sollten. Auch dieser Vorstoß befördert die alte Diskussion, aus den vier „privaten“ Betreibern (50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW) einen staatlichen Netzbetreiber zu formen. Man sollte darauf „nicht zu viel Energie verwenden“, meint hingegen Bauknecht. „Die Einführung eines solchen möglichen Modells hat nicht die oberste Priorität in der Energiewendepolitik.“