Was wäre aus Ihrer Sicht nötig, damit die Energiewende wieder Fahrt aufnimmt?
Kemfert: Vor allem müssten wir die Deckelung der Erneuerbaren beenden und den Ausbau verdoppeln oder verdreifachen. Das gilt nicht nur für die Windkraft, sondern auch für die Solarenergie. Wenn man allein die Solarenergie auf allen Dächern dezentral und vor Ort ausbauen würde, wäre ein Großteil der Energieversorgung geschafft.
Ist das überhaupt möglich? Wo immer Windräder gebaut werden sollen, gibt es Ärger.
Kemfert: Leider wird Naturschutz immer wieder als Pseudoargument von Energiewendegegnern vorgebracht. Das muss man entlarven. Aber natürlich dürfen Windanlagen weder Anwohner noch den Naturschutz beeinträchtigen. Bislang werden Windräder fast nur dort genehmigt, wo es viel Wind gibt. Aber auch aus wenig Wind kann man Energie gewinnen. Deswegen sollte man da ausbauen, wo die Energie gebraucht wird und keine Konflikte mit Natur- und Umweltschutz entstehen, also etwa nah an bereits existierender Infrastruktur. Und man kann die Menschen auch finanziell stärker beteiligen. Dann haben sie doppelten Nutzen: Energie und Geld.
Selbst wenn ihre Forderungen umgesetzt würden, kämen sie für manche Windkraftfirmen wohl zu spät.
Kemfert: Aus dieser Krise kommt die Branche nur heraus, wenn die Hemmnisse der Energiewende wieder abgebaut werden. Ansonsten wird es weitere Pleiten geben.
Welche Schulnote würden Sie der Klimapolitik in Deutschland geben?
Kemfert: Der gegenwärtigen? Eine Vier plus. Aber mit der Tendenz zur Besserung, da man endlich wieder für mehr Klimaschutz eintritt. Es scheint, als hätte „Fridays for Future“ bei den Verantwortlichen etwas ausgelöst.
Die Fragen stellte Volker Kühn.