Die Gesamtlänge der Verbindungen mit jeweils mehr als 1000 Megawatt Transportkapazität beträgt stolze 218 beziehungsweise 298 Kilometer. Die Inbetriebnahme ist für 2028 und 2030 geplant. Die Bundesnetzagentur hat den Vorhaben grünes Licht gegeben. Eine formale Bestätigung durch die für den Offshore-Bereich zuständige Genehmigungsbehörde BSH Mitte 2019 gilt als Formsache.
Die Konsequenz wäre, dass der westdeutsche Übertragungsnetzbetreiber Amprion aus Dortmund plötzlich zum Offshore-Netzbetreiber würde. Denn Hanekenfähr fällt in seine sogenannte Regelzone. Für Seekabel, die an der Küste enden, sind bislang die dortigen Netzbetreiber Tennet (Nordsee) und 50 Hertz (Ostsee) zuständig.
Amprion bereitet sich schon auf das Abenteuer Offshore vor und hat dafür eine eigene Abteilung gegründet. Die Suche nach Mitarbeitern läuft. Nähere Infos hat der Netzbetreiber für Anfang 2019 angekündigt.
Hanekenfähr bietet sich als Endpunkt an, weil dort derzeit noch das Kernkraftwerk Emsland einspeist, das aber 2022 vom Netz geht. Dann ist viel Platz für den Offshore-Windstrom. Die Verlängerung der Leitung ist die netztechnisch und volkswirtschaftlich sinnvollere Lösung, meint auch die Bundesnetzagentur.
Dadurch reduziert sich der Ausbau des Verteilnetzes im Norden. Man vermeidet Abschaltungen von Windrädern und andere teure Ausgleichsmaßnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes. Zum Beispiel müsste im Raum Conneforde ein sogenannter Phasenschieber errichtet werden, der den Strom bei Engpässen umleitet.
Bei Tennet ist man über das neue Modell wenig begeistert
Den Ausschlag für Hanekenfähr dürfte auch gegeben haben, dass die Leitung voraussichtlich als Erdkabel realisiert wird. So wie es bei anderen Nord-Süd-Trassen wie Suedlink ebenfalls geplant ist. Die Erdverkabelung anstelle von Freileitungen soll dafür sorgen, dass der Bau nicht an den Protesten betroffener Anwohner scheitert.
Doch nicht jeder ist von den Plänen vollends überzeugt. Vorbehalte äußert insbesondere der Netzbetreiber Tennet, der einen Teil seines Geschäfts an Amprion verlieren würde. „Beides hat Vor- und Nachteile, wir müssen jetzt mit der Bundesnetzagentur eine Konzeptentscheidung treffen“, sagt Tennet-Vorstand Wilfried Breuer im Gespräch mit EnergieWinde. „Als Elektroingenieur würde ich mich eher für die Küstensammelschiene entscheiden“, erklärt er.
In dem Fall stünde ab dem Netzverknüpfungspunkt ein redundantes Netz zur Verfügung. Viele Wege würden zum Verbraucher führen. Bei Ausfall einer Leitung könne der Strom über eine andere fließen. Freileitungen hält er für die wirtschaftlicher als „Erdkabel bis ins Ruhrgebiet“.
Sie seien kostengünstiger und leistungsfähiger, weil sie an der Luft gekühlt werden und so der elektrische Widerstand sinkt. „Was das Thema Akzeptanz angeht, kann ich natürlich verstehen, dass die Bevölkerung im nördlichen Niedersachsen irgendwann sagt, jetzt reicht`s aber“, so Breuer.
Weil der Netzausbau an Grenzen stößt, entwickeln die Übertragungsnetzbetreiber längst Alternativen. Eine Option ist, den Windstrom per Elektrolyse in Wasserstoff oder synthetisches Methan umzuwandeln und über das Gasnetz in den Süden zu transportieren. Eine solche Power-to-Gas-Anlage im Multi-Megawatt-Maßstab will Amprion mit dem Gasnetzbetreiber OGE in Niedersachsen oder im nördlichen NRW bauen. Den gleichen Plan verfolgt auch Tennet mit Gasunie und Thyssengas. Nur liegt deren bevorzugter Standort für eine Pilotanlage weiter nördlich, entweder in Diele oder in Conneforde.