Gesetzesvorschläge wandern von der Kommission weiter zum EU-Parlament. „Bis jetzt gab es dort in den meisten Fällen Mehrheiten für eine ambitioniertere Klimapolitik, als die Kommission sie vorgeschlagen hat“, sagt Schenuit. So engagierte sich das Parlament für ein strikteres Klimaziel. Und auch wenn es mit dem Vorschlag von 60 Prozent Emissionsminderung scheiterte, hatte es Anteil daran, dass ein ambitionierteres Ziel von 55 Prozent beschlossen wurde.
Einzelstaaten können den Betrieb ausbremsen. Sie haben teils Vetorechte
In der Vergangenheit zeigte sich wiederholt, dass einzelne Mitgliedsstaaten Beschlüsse blockieren konnten, die eine einstimmige Annahme erfordern. Je enger der Rest der EU zusammensteht, desto größer ist allerdings die Chance, solche Vetos auszuräumen. Doch die derzeit stärker werdenden rechten Kräfte in Europa könnten diesen wichtigen Zusammenhalt schwächen. „Je zerstrittener das EU-Parlament ist, desto weniger Einfluss hat es“, sagt Schenuit.
Schon bei den Wahlen 2014 und 2019 zeigten sich Aufwärtstrends für Rechtspopulisten. 2019 bekamen sie in Frankreich, Italien, Ungarn und Polen die meisten Stimmen, auch in Schweden wurden die Rechtsnationalen zweitstärkste Kraft. In Deutschland legte die AfD um 3,9 Prozentpunkte auf elf Prozent zu. Die Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg warnt nun, die anstehende Europawahl könnte ein „politisches Erdbeben auslösen“.
Die AfD wird nicht trotz ihres Störpotenzials gewählt. Sondern gerade deswegen
Für die AfD stimmten viele gerade deshalb, weil sie im EU-Parlament als Bremsklotz auftritt – mit womöglich schwerwiegenden Folgen. „Rechte Kräfte und insbesondere die AfD haben absolut kein Interesse daran, die Klimaziele einzuhalten“, sagt Volt-Kandidatin Müller. Sie fürchtet um Errungenschaften wie die Emissionsziele, die CO2-Bepreisung und die Energiewende.
In ihrem Wahlprogramm beschreibt die AfD de facto den „Dexit“, einen Austritt Deutschlands aus der EU. „Wenn das passiert, würde das Milliarden von Euro kosten und wir alle würden es auf unseren Konten spüren“, sagt Knodt. Ein veränderter Binnenmarkt, die Rückkehr von Grenzkontrollen, negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Die Folgen für die deutsche Wirtschaft wären enorm. Die gewaltigen Probleme Großbritanniens durch den Brexit sind ein mahnendes Beispiel dafür.
Ein Grund mehr, sagt Knodt, weshalb Wählerinnen und Wähler die Europawahl ernst nehmen sollten. „Wenn wir nicht wählen gehen, riskieren wir alles, was wir in Europa bisher erreicht haben – inklusive Frieden.“