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Wasserstoff: Potenzial und Grenzen
- 20.01.2022
Zauberelixier der Energiewende
Von Volker Kühn (Text) und Malte Knaack (Illustration)
Für die einen ist er das neue Öl, den anderen gilt er als Wunderwaffe im Kampf gegen die Klimakrise: Wasserstoff. Wie ein Zauberelixier soll das unsichtbare Gas unsere Fabriken, unsere Städte, unsere Flugzeuge und Straßen vom CO2 befreien – und von allen anderen giftigen Nebenwirkungen fossiler Brennstoffe.
Und tatsächlich: Wasserstoff ist unersetzlich, um wichtige Industrien wie die Stahlerzeugung grün zu machen, um Ammoniak für Kunstdünger herzustellen oder synthetische Kraftstoffe, die Containerschiffe emissionsfrei antreiben.
Die Rechnung geht aber nur dann auf, wenn dafür grüner Wasserstoff zum Einsatz kommt. Der wird mit Hilfe erneuerbarer Energien aus Wasser erzeugt: Der Ökostrom spaltet Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff. Letzterer entweicht schadlos in die Atmosphäre, Ersterer wird für weitere Prozesse genutzt. Das Verfahren nennt sich Elektrolyse.
Bislang gibt es allerdings nur sehr wenig grünen Wasserstoff. Der meiste Wasserstoff wird aus fossilem Erdgas gewonnen, man spricht dann von grauem Wasserstoff. Dabei wird Erdgas durch Wasserdampf und Wärme in Wasserstoff und CO2 umgewandelt. Als Abfallprodukt entstehen pro Tonne Wasserstoff gut zehn Tonnen CO2. Grauer Wasserstoff schadet dem Klima also, statt ihm zu helfen.
Die Erdgasindustrie macht sich deshalb für eine andere Form der Erzeugung stark. Sie setzt auf blauen Wasserstoff. Der wird genauso erzeugt wie grauer, allerdings wird das CO2 aufgefangen und unterirdisch gespeichert. Das Verfahren nennt sich CCS, Carbon Capture and Storage. Das funktioniert jedoch nur mit großem Aufwand.
Wenn die Welt klimaneutral werden will, muss sie daher vor allem auf grünen Wasserstoff setzen. Allerdings hat auch der ein Problem: Zu seiner Herstellung ist viel Ökostrom nötig. Und der ist noch immer Mangelware – auch wenn die neue Bundesregierung angekündigt hat, den Ausbau von Windparks und Solaranlagen drastisch zu beschleunigen.
Daher sollte Wasserstoff nur dann zum Einsatz kommen, wenn es keine andere Möglichkeit auf dem Weg in die Klimaneutralität gibt. Wo immer Prozesse direkt elektrifiziert werden können, ist das der effizientere Weg. Elektroautos mit Batterie etwa haben einen viel besseren Wirkungsgrad als Autos mit Brennstoffzelle, die Wasserstoff tanken. Wasserstoff in Kleinwagen auf der Autobahn verheizen? Das wäre Verschwendung. Er würde dann dort fehlen, wo man ihn wirklich braucht – vor allem in der Stahlindustrie, bei der Düngerproduktion oder in Containerschiffen und Flugzeugen. Dort kann man schließlich keine Batterien einbauen – sie müssten viel zu groß werden.
Ist Wasserstoff nun ein Zauberstoff oder nicht?
Nun, auf alle Fälle ist er unersetzlich für die Klimawende. Vom „neuen Öl“ zu sprechen, wäre aber falsch. Er ist vielmehr der „Champagner der Energiewende“, wie die Ökonomin Claudia Kemfert sagt: Er sollte sparsam und nur zu den richtigen Anlässen ausgeschenkt werden.
Und in jedem Fall brauchen wir viel, viel mehr Ökostrom – ganz gleich, ob Wasserstoff daraus erzeugt wird oder ob er direkt genutzt wird.