Warum sind diese Diskurse problematisch?
Lamb: Weil sie alle ein Körnchen Wahrheit enthalten. Es stimmt, dass Technologie eine wichtige Rolle dabei spielt, die Klimakrise zu bewältigen. Es stimmt ebenfalls, dass Klimapolitik negative soziale Konsequenzen haben kann, und dass auch andere Länder und Industrien Maßnahmen ergreifen müssen. Aber solche Punkte dienen lediglich als Ausrede, um selbst nicht handeln zu müssen. Noch schlimmer: Jetzt, wo das Leugnen des Klimawandels öffentlich nicht mehr akzeptiert wird, werden diese Diskurse in einflussreichen öffentlichen Sphären geführt, etwa in Leitartikeln, TV-Shows oder bei Parlamentsdebatten.
Wenn Konzerne, die ihr Geld mit fossiler Energie verdienen, Kampagne starten, mit der man seine CO2-Bilanz berechnen kann, dann ist das doch offenkundig ein Ablenkungsmanöver. Warum kommen die damit durch?
Lamb: Weil es uns ein Gefühl der Handlungsfähigkeit gibt. Das entfaltet große Wirkung bei Menschen, die über den Klimawandel besorgt sind. Und es ist ja auch richtig, dass wir entsprechende Schritte unternehmen müssen: nicht fliegen, weniger Fleisch zu essen, weniger Auto fahren.
So gesehen sind diese Kampagnen doch etwas Gutes.
Lamb: Allerdings werden wir nicht in der Lage sein, jeden Einzelnen davon zu überzeugen, dass er so handeln muss. Und für viele Menschen sind diese Schritte auch schwierig umzusetzen. Das liegt daran, wie unsere Gesellschaft und unsere Infrastruktur organisiert sind – man denke nur an billige Flüge und teure Bahnfahrten. Der Verweis auf die individuelle Verantwortung sollte uns nicht davon ablenken, welche Arbeit wir außerdem zu tun haben: Wir müssen für die politische Mobilisierung einer stringenten Klimapolitik eintreten.
Eine weiteres Argument von Klimaschutzgegnern ist laut Ihrer Studie der Verweis auf technologische Fortschritte. Was ist daran falsch? Technologie hilft doch tatsächlich gegen die Klimakrise.
Lamb: Natürlich. Aber es ist egal, wie fortschrittlich Elektroautos sind, wenn alle SUVs fahren. Die Gefahr ist, dass wir uns auf diese großartigen technologischen Entwicklungen konzentrieren und dabei die wenig nachhaltigen Trends außer Acht lassen. Es sind Ablenkungsstrategien.