Trump-Dekret

  • Search10.02.2025

Amerikas Windindustrie im Sturm

Donald Trump hat den Windkraftausbau in den USA bis auf Weiteres gestoppt. Zwar hängen auch republikanische Bundesstaaten von Windstrom ab. Doch selbst auf lokaler Ebene organisiert die Anti-Windkraft-Lobby Widerstand.

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    Irgendwo in Iowa zieht ein Sturm über diesem Windrad herauf. Der traditionell republikanisch wählende Bundesstaat erzeugt gut 60 Prozent seines Stroms in Windparks.

    Irgendwo in Iowa ziehen dunkle Wolken über diesem Windrad auf. Der traditionell republikanisch wählende Bundesstaat erzeugt gut 60 Prozent seines Stroms in Windparks.

     

    Von Jasmin Lörchner

    Geht es nach Donald Trump, ist bald Schluss mit Windprojekten in den USA. Nur Stunden nach seiner Amtseinführung erließ der Präsident ein Dekret, das den Ausbau der Windenergie in den USA fast unmöglich macht. „Wir werden die Sache mit dem Wind nicht machen. Große, hässliche Windmühlen“, kommentierte er seine Unterschrift unter dem Dokument.

    Es setzt Genehmigungen für neue Windkraftprojekte auf staatlichem Land und in staatlichen Gewässern bis auf Weiteres aus – genauer gesagt, so lang, bis das Dekret zurückgezogen oder eine neue Regelung erlassen wird. In der Zwischenzeit, so heißt es darin, sollen umfassende Untersuchungen erfolgen, um Umweltauswirkungen, wirtschaftliche Kosten und „die Auswirkungen von Subventionen auf die Rentabilität der Windindustrie“ zu ermitteln.

    Der Stopp bezieht sich auf neue Projekte, doch auch bereits genehmigte sind nicht vollkommen sicher: Sie dürfen zwar weitergebaut werden. Aber der Präsident wies die zuständigen Ministerien an, Möglichkeiten für Vertragsänderungen und sogar Kündigungen zu prüfen.

    Windräder und Ölförderpumpen in Texas: Obwohl auch republikanische US-Staaten auf Windstrom angewiesen sind, stoppt Donald Trump den Ausbau.

    Eine der Energiequellen auf diesem Foto aus Texas bezeichnet Donald Trump als hässlich. Tipp: Die Ölförderpumpen sind es nicht.

    Unterstützung bei der Ausarbeitung der Direktive erhielt die neue Regierung von Jefferson Van Drew, einem Kongressabgeordneten aus New Jersey. Van Drew ist schon lange ein Kritiker der Windkraft. Er wirft ihr vor, ökologischen Schaden anzurichten, die Existenz lokaler Fischereiindustrien zu bedrohen und die Energiekosten für die Bevölkerung in die Höhe zu treiben. Amerikas Windkraftgegnern stößt zudem auf, dass Windparks meist von internationalen Konzernen errichtet werden, statt von US-Unternehmen. Van Drew feierte Trumps Dekret entsprechend: „Diese Projekte waren von Anfang an fürchterlich, und dieser Kampf war jede Mühe wert – für Amerika!“

    Biden plante 30 Gigawatt Offshore-Wind bis 2030. Trump interessiert das nicht

    Trump hatte zwar noch am Tag seiner Amtseinführung (ebenfalls per Dekret) einen „nationalen Energie-Notstand“ ausgerufen. Doch den will er mit Öl, Gas und Kohle lösen. Die grünen Energien, die sein Vorgänger Joe Biden unter anderem durch die Genehmigung für elf Offshore-Windparks förderte, sollen unter Trump keine Rolle spielen. Das von Biden erklärte Ziel, bis 2030 Offshore-Windparks mit 30 Gigawatt Kapazität zu schaffen, interessiert seine Regierung nicht.

    Börsengang des Offshore-Wind-Spezialisten Cadeler 2023 in New York: Der Industrie stehen in den USA harte Zeiten bevor.

    Ein Plakat wirbt für den Börsengang des Offshore-Wind-Spezialisten Cadeler 2023 in New York. Der Industrie stehen in den USA harte Zeiten bevor.

    Für die Windkraftindustrie ist Trumps Kurs eine Katastrophe. „Ein nationaler Energienotstand erfordert, dass wir alle notwendigen amerikanischen Energiequellen freisetzen – inklusive Offshore-Windkraft“, sagte Hillary Bright, geschäftsführende Direktorin des Windenergieverbands Turn Forward. Die American Clean Power Association (ACP), ein Branchenverband der grünen Energieindustrie, äußerte sich ähnlich. Ihr Geschäftsführer Jason Grumet erklärte: „Die ACP lehnt pauschale Maßnahmen, um die Entwicklung der heimischen Windenergie auf Bundesgebieten und in Gewässern zu stoppen oder zu behindern, entschieden ab.“

    Der Strommix in den USA hat sich seit 2000 stark verändert: Der Anteil von Kohle ist drastisch gesunken, der von Erdgas und den Erneuerbaren steigt. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Grumet wies darauf hin, dass acht Bundesstaaten, in denen Trump bei der Wahl im November Mehrheiten für sich holte (darunter Texas, Iowa, Oklahoma, Kansas, South Dakota und Indiana), „für einen erheblichen Teil ihres Stromverbrauchs auf Windenergie angewiesen sind.“

    Auch genehmigte Projekte sind gefährdet. Das zeigt ein Fall an der Ostküste

    Die Angst geht um, dass die Trump-Regierung sogar bestehende Verträge aus der Biden-Zeit auflösen könnte. Doch selbst wenn es nicht dazu kommt, ist die Blockadehaltung von ganz oben nicht das einzige Problem der Industrie. Denn national genehmigte Projekte können auch auf den letzten Metern auf lokaler Ebene sabotiert werden. Zwar können Kommunen die in Washington erteilten Lizenzen nicht zurückziehen, aber sie können ihre Macht ausspielen, wenn die Windparkbetreiber auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden angewiesen sind. Das demonstriert ein Projekt an der Küste von Delaware und Maryland.

    Dort will US Wind Inc. (Mehrheitseigner ist die italienische Toto-Holding) einen Park bauen, der bis zu zwei Gigawatt Strom für rechnerisch 700.000 Haushalte in beiden Staaten liefern könnte. Er wurde im September 2024 von der Biden-Regierung genehmigt. Aber um den Windpark installieren zu können, muss US Wind vor Ort Docks bauen, an denen die Spezialschiffe anlegen können. Auch ein neues Umspannwerk an Land ist nötig.

    Offshore-Windpark Block Island in den USA: Seit 2016 liefern die fünf Turbinen Strom. Doch ob neue Windparks unter Trump gebaut werden, ist fraglich.

    Der Offshore-Windpark Block Island an der US-Atlantikküste liefert seit 2016 Strom. Es war das erste Projekt in US-Gewässern.

    Eine Gemeinde in Delaware verweigerte dem Unternehmen Ende 2024 allerdings die Genehmigung für das Umspannwerk. Dahinter steckt eine Lobbyaktion aus dem Nachbarstaat Maryland. Dort fürchtet der Badeort Ocean City um seine Touristen. 100.000 Dollar flossen in Lobbyaktionen gegen das Projekt. Wenige Tage vor der Abstimmung in Delaware ging eine Website online, die dazu aufrief, bei Lokalpolitikern in Delaware zu protestieren. Der Plan ging offenbar auf.

    US Wind legte zwar vor Gericht Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Und auch der Bundesstaat Delaware selbst hält weiterhin an dem Projekt fest. Doch das Gerichtsverfahren mit offenem Ausgang bedeutet enorme Unsicherheit für die beteiligten Firmen.

    Die Vorgänge in Delaware sind kein Einzelfall. Eine Recherche von „USA Today“ ergab, dass in ganz Amerika schon seit 2007 in zunehmendem Tempo Projekte für Wind- oder Solarkraft sabotiert werden. „Kommunalverwaltungen verbieten neue Wind- und Solarenergieanlagen im großen Maßstab schneller, als sie sie bauen“, berichtete das Medium.

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    Spätestens seit 2019 gibt es eine wachsende landesweite Kampagne gegen Offshore-Windenergie, bei der Fehlinformationen und Behinderungen zum Einsatz kommen

    Center for American Progress

    Dahinter steckt oft die Anti-Windkraft Lobby, wie der Thinktank Center for American Progress in einem Bericht 2023 feststellte. „Spätestens seit 2019 gibt es eine wachsende landesweite Kampagne gegen Offshore-Windenergie, bei der Fehlinformationen und Behinderungen zum Einsatz kommen“, schreiben die Autorinnen Mariel Lutz und Jenny Rowland-Shea.

    Weiter heißt es in dem Report: „Lokale Gemeinden haben möglicherweise Fragen oder Bedenken hinsichtlich des Baus von Offshore-Windenergieinfrastruktur in der Nähe. Leider werden diese Bedenken – ob berechtigt oder nicht – von Netzwerken, die fossile Brennstoffe bedienen, geschürt, um die Menschen weiterhin von fossilen Brennstoffen abhängig zu machen.“ Unternehmen der Öl- und Gas-Lobby investierten in Thinktanks, die lokale Kritiker in den Gemeinden suchen oder an lokale Reizthemen wie das Engagement für sauberes Wasser oder Stadtentwicklung andocken und sie in ihrem Sinne beeinflussen.

    „Leider sind die Opfer dieser weitverbreiteten Fehlinformationen oft genau die Gemeinden, die in der Nähe von in der Entwicklung befindlichen Offshore-Windprojekten liegen“, schreiben die Autorinnen. Auch für den Fall in Delaware haben lokale Medien vor Ort Spuren recherchiert, die zu einer Öl- und Gas-Lobbyfirma in Washington D.C. führen. Der Fall in Delaware ist noch nicht entschieden – aber eines ist schon jetzt klar: Der amerikanischen Windindustrie stehen denkbar harte Jahre bevor.

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