Olaf Lies (rechts) mit Robert Habeck am Rande des Baustarts für ein schwimmendes LNG-Terminal in Wilhelmshaven.
Als Anfang Mai in Wilhelmshaven der Bau für ein Terminal zum Import von Flüssigerdgas (LNG) begann, musste sich Olaf Lies die Anfahrt nicht erst erklären lassen: Der niedersächsische Energie- und Umweltminister wurde in der Stadt geboren. Schon im Winter sollen hier die ersten Tankschiffe anlegen und im ersten Schritt ein Fünftel des russischen Erdgases ersetzen. Neben schwimmenden Anlagen sind auch stationäre LNG-Terminals geplant. Kritiker warnen, dass sich Deutschland damit zu lang an fossiles Erdgas binde. Lies dagegen sieht die Terminals als Baustein im Klimaschutz. Im Interview erklärt der SPD-Politiker, wie sich darüber grüne Energie importieren lässt, warum er die Energiewende als Standortvorteil für Norddeutschland sieht und wie er Artenschutz und Windenergie in Einklang bringen will.
Herr Lies, Wilhelmshaven will zur Drehscheibe für grüne Energie werden. Aber derzeit entsteht dort ein Terminal für fossiles Flüssigerdgas (LNG). Wie passt das zusammen?
Olaf Lies: Das klingt nach einem Widerspruch, ergibt aber durchaus Sinn. Im ersten Schritt helfen uns die schwimmenden Terminals – die FSRUs –, so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas zu werden. Im zweiten Schritt bringen sie aber auch die Energiewende voran. Denn diese und die feste Terminal-Infrastruktur, die wir parallel an Land planen und bauen, ist so angelegt, dass sie schrittweise für grüne Energie genutzt werden kann.
Ist das wirklich so? Beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fürchtet man, dass über deutsche LNG-Terminals jahrzehntelang fossiles Gas importiert wird, weil sich deren Bau andernfalls gar nicht rentiere.
Lies: Das sehe ich anders, weil wir die Terminals eins zu eins auch für grüne Energie nutzen können. Es gibt verschiedene Wege, grüne Energie zu erzeugen. Einer davon ist, grünen Wasserstoff, der per Elektrolyse aus Ökostrom erzeugt wurde, mit Kohlendioxid zusammenzubringen. Dabei entsteht synthetisches Methan, das dieselbe chemische Zusammensetzung wie LNG hat. Die Terminals, die jetzt in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel entstehen, müssen also nicht erst umgerüstet werden, um grüne Energie zu importieren. Sie haben sogar den Vorteil, dass der Anteil der grünen Energie in den Importen praktisch stufenlos gesteigert werden kann. Zu Anfang haben Sie 100 Prozent fossiles Erdgas, am Ende so schnell wie möglich 100 Prozent grünes Gas.