Contracts for Difference

  • Search06.03.2019

Offshore-Wind will Strompreis deckeln

Die Offshore-Windbranche fordert, das britische Fördersystem der „Contracts for Difference“ (CfD) in Deutschland zu übernehmen. EnergieWinde erklärt, was sich hinter diesem Modell verbirgt.

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    Fundamente von Offshore-Windrädern stehen an der Küste im Nordosten Englands für den Abtransport bereit.

    Fundamente von Offshore-Windrädern auf einem Transportschiff vor der englischen Küste: Das britische Fördermodell könnte als Blaupause für die nächste EEG-Reform dienen.

    Von Steven Hanke

    2017 markiert einen Bruch in der deutschen Offshore-Windenergie. In diesem Jahre wurde der Bau neuer Windräder auf See zum ersten Mal über ein Ausschreibungsverfahren vergeben. Den Zuschlag bekommt seither derjenige, der die geringsten staatlichen Zuschüsse für seinen Windpark aufruft. Bis dahin konnten die Projektentwickler mit einer staatlich festgelegten garantierten Mindestvergütung ihres Stroms kalkulieren, die in der Regel weit über dem Börsenpreis lag. Die Differenz zahlten die Stromverbraucher – über die EEG-Umlage. Für den bislang seltenen Fall, dass der Börsenpreis die Mindestvergütung übersteigt, dürfen die Betreiber die Mehrerlöse behalten.

    Mit der Einführung von Ausschreibungen 2017 wollte der Staat die Kosten für die EEG-Umlage begrenzen. Die Hoffnung war, dass die Windparkbetreiber deutlich niedrigere Preise aufrufen würden, als sie im alten Modell bekommen hätten.

    Und die Rechnung schien aufzugehen: In den Auktionen verzichteten mehrere Projektentwickler sogar komplett auf eine Mindestvergütung. Sie planen, die milliardenteuren Offshore-Windparks allein über steigende Preise an der Strombörse zu refinanzieren. Der Jubel war groß. Sollten diese sogenannten Null-Cent-Gebote zum Regelfall werden, wäre die EEG-Umlage irgendwann hinfällig.

    Doch ob der Strom aus subventionsfreien Offshore-Windparks wirklich billiger ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn der Börsenstrompreis wird in Deutschland vom Staat nicht gedeckelt. Er könnte durchaus über die im alten Modell garantierten Summen steigen – ein Szenario, das immer häufiger auftreten dürfte angesichts des geplanten Kohleausstiegs und der zunehmenden Bedeutung der stark schwankenden erneuerbaren Energien.

    Deswegen könnte ein anderes Vergütungsmodell für die Stromkunden am Ende das günstigere sein. Ein Modell, das in mehreren Ländern bereits erprobt wird, allen voran in Großbritannien: sogenannte Contracts for Difference (CfD).

    Im britischen System ist die Mindestvergütung zugleich die Preisobergrenze

    Das Königreich hat schon 2015 mit diesem System einen Preisdeckel bei der Förderung erneuerbarer Energien eingezogen. Andere Länder sind dem Beispiel gefolgt: Frankreich in der Windenergie an Land, Polen und einige US-Bundesstaaten gleich bei allen Arten der Ökostromerzeugung. Und auch in Deutschland wird die Idee immer populärer. Deshalb lohnt sich ein näherer Blick auf diese CfDs.

    Auch das CfD-Modell basiert auf Ausschreibungen, in denen die Bieter Zuschläge erhalten, die die geringste Mindestvergütung für ihren Strom aufrufen. Das ist der sogenannte Strike Price. Liegt er höher als der Börsenpreis, gleicht der Staat die Differenz durch Zahlung einer Marktprämie aus. Bis hierhin funktioniert das System also wie in Deutschland. Der entscheidende Unterschied: Bei den Briten markiert die Mindestvergütung zugleich die Obergrenze. Bei Börsenpreisen oberhalb des Strike Prices ist die Differenz (die „negative Marktprämie“) an den Staat zurückzuzahlen. Fachleute sprechen von einem beidseitigen oder symmetrischen Marktprämienmodell.

    In Deutschland hingegen können die Unternehmen sämtliche Einnahmen aus Strompreisen oberhalb der Mindestvergütung behalten. Das dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Null-Cent-Gebote für subventionsfreie Projekte überhaupt zustande gekommen sind. Denn sie basieren auf zwei Annahmen. Erstens: Künftige Windradgenerationen liefern mehr Strom als die heute verfügbare Technologie, sodass die Stromerzeugungskosten sinken. Und zweitens: Die Strompreise steigen.

    Im CfD-Regime dagegen spiegeln die Gebote weniger die Preiserwartungen wieder, sondern vielmehr die tatsächlichen Projektkosten, die sogenannten Stromgestehungskosten. In der britischen Auktion 2017 erhielten drei Offshore-Windparks mit zusammen 3300 Megawatt Leistung einen Zuschlag zu Gebotspreisen von 7,2 bis 9,4 Cent je Kilowattstunde. Das klingt im Vergleich zu deutschen Null-Cent-Geboten sehr hoch. Allerdings hat der Kunde die Sicherheit, dass der Preis über die Laufzeit von 20 Jahren nicht noch weiter steigt. In Deutschland kann er sich dessen nicht sicher sein.

    Contracts for Difference bieten mehr Planungssicherheit

    Ein entscheidender Vorteil von CfDs ist, dass sie die Finanzierungskosten von Offshore-Windparks niedrig halten. Denn sie bieten Planungssicherheit. Das gefällt vor allem den Banken und senkt somit die Zinsen. Kreditgeber verlangen stabile Cashflows und tun sich äußerst schwer damit, Projekte allein auf Basis riskanter Preisprognosen zu finanzieren.

    Bau des Offshore-Windparks Kentish Flats vor der Südostküste Englands: Contracts for Difference tragen dazu bei, die Finanzierungskosten gering zu halten.

    Bau des Offshore-Windparks Kentish Flats vor der Südostküste Englands: Contracts for Difference tragen dazu bei, die Finanzierungskosten gering zu halten.

    Das CfD-Modell könnte die Blaupause sein für die nächste Gesetzesnovelle in Deutschland. Denn nach dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich auch der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) für Contracts for Difference ausgesprochen. Die Realisierungswahrscheinlichkeit der Projekte sowie die Akteursvielfalt in der Offshore-Windenergie stiegen dadurch, hieß es. Der BWO verweist auf zudem auf das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschungsinstitut (DIW), demzufolge die Gesamtkosten der Ökostromversorgung dank CfD ab 2030 um jährlich 800 Millionen Euro sinken könnten

    Branchenvertreter werben für die Einführung von CfD in Deutschland

    Neben den Verbänden machen sich auch die Energiekonzerne selbst seit geraumer Zeit für das Modell stark. „CfD wäre uns grundsätzlich lieber“, sagte die Vattenfall-Managerin Catrin Jung, die seit Januar den BWO-Vorstand führt, bereits im Juni. Und Hans Bünting, scheidender Vorstand von RWEs Ökostromtochter Innogy, erklärte auf der Messe Wind Energy im September: „CfD ist die optimale Lösung für große Infrastrukturprojekte.“ Sein Unternehmen werde weitere Milliarden in die Energiewende investieren und sich dabei auf Märkte mit CfD konzentrieren, also Großbritannien, Frankreich und Irland. Im Mai dieses Jahres beteiligt sich Innogy mit seinem britischen Nordsee-Windpark Sofia an der aktuellen britischen CfD-Auktion.

    Volker Malmen, Deutschlandchef bei Ørsted, erklärte dazu: „Mit einem CfD-System haben alle Seiten vor allen Dingen Sicherheit. Denn der Investor kennt seine maximale Vergütung und kann den Bau des Windparks ohne zusätzliche Risikoaufschläge planen. Auf der anderen Seite können sich die Stromkunden sicher sein, dass der Preis für Offshore-Windkraft nicht steigt und es im besten Fall sogar Geld vom Kraftwerksbetreiber zurückgibt.“

    Unterstützung kommt auch vom Bundesverband Windenergie (BWE). Dessen Präsident Hermann Albers erkennt in CfD ein „marktwirtschaftliches Instrument mit Stoßdämpfern“. Eher skeptisch ist man hingegen beim Herstellerverband VDMA. „Ich habe mit dem CfD-Modell ein bisschen ein Problem“, sagt Geschäftsführer Matthias Zelinger. Schließlich wolle die Politik die Erneuerbaren näher an den Markt heranführen. Unter diesem Gesichtspunkt seien CfD-Modelle mit staatlich garantierter Mindestvergütung kontraproduktiv. Für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh.

    CfD könnten verhindern, dass alle auf Vergütung verzichten müssen

    Der Betreiberverband BWO sieht in CfD auch die Lösung für ein weiteres Problem. Seit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2017 bestimmt das niedrigste Gebot der letzten Ausschreibung den Höchstwert für die nächsten. Das bedeutet, dass bei der Versteigerung 2021 alle Teilnehmer null Cent bieten und damit auf eine Festvergütung verzichten müssen. Was wiederum die Frage aufwirft, wer dann den Zuschlag erhalten soll. Bei einem CfD wären gleiche Gebote nahezu ausgeschlossen, weil sie sich an den Projektkosten orientieren und nicht an den Preiserwartungen.

    Ein Segelboot fährt durch einen Offshore-Windpark in den Niederlanden.

    Segelboot in niederländischem Offshore-Windpark: Welches Projekt soll den Zuschlag bekommen, wenn alle null Cent bieten?

    Alternative Optionen zur Differenzierung der Gebote habe der Verband zwar diskutiert, dann aber verworfen. Eine Möglichkeit wäre, weiche Entscheidungskriterien heranzuziehen, zum Beispiel die Expertise und Erfahrung der Bieter oder ihre finanzielle Potenz. Auch die Beteiligung lokaler Unternehmen am Windparkbau könnte den Ausschlag geben. Einen solchen „Schönheitswettbewerb“ gibt es unter anderem in den Niederlanden. Aus Sicht des BWO ist das aber intransparent und rechtlich fragwürdig. Negative Gebote als weitere Option würden zudem das Risiko der Spekulation steigern und die Realisierungswahrscheinlichkeit reduzieren.

    Das Bundeswirtschaftsministerium lässt den CfD-Vorschlag prüfen

    Die Bundesregierung zeigt eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber dem CFD-Modell. Das Wirtschaftsministerium gab im September eine Studie in Auftrag, in deren Rahmen auch die Weiterentwicklung der Marktprämie in Richtung solcher Differenzverträge als Option geprüft werden soll. Mit Ergebnissen ist allerdings erst im Herbst 2021 zu rechnen – zu spät für die nächsten Ausschreibung von Offshore-Windparks im selben Jahr.

    Das gilt erst recht, falls die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigten Sonderausschreibungen doch noch kurzfristig umsetzen sollte. Die Branche drängt auf zusätzliche 1500 Megawatt in den kommenden Jahren. Die Regierungsfraktionen in Berlin haben eine „AG Akzeptanz“ eingesetzt, die unter anderem die Frage der Sonderausschreibungen diskutieren soll. Mögliche Gesetzesänderungen wären dann für das Jahresende zu erwarten. Dann könnte auch das Thema CfD in den Brennpunkt rücken.

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